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was für einem sinnlosen Hirngespinst sie nachgejagt war.<br />
Später war sie dann auch recht froh, als alle ins Bett gingen, denn es fiel ihr<br />
schwer sich unbefangen am Gespräch zu beteiligen. Allerdings war keiner so<br />
richtig unbefangen, denn an allen nagten unterschwellig ständig die Sorgen um<br />
ihre bedrohliche Situation.<br />
Als sie endlich allein im Bett lag und Anna fest schlief, konnte Ronja nicht<br />
verhindern, dass ihr die Tränen aus den Augen strömten. Nach kurzer Zeit war<br />
ihr ganzes Gesicht und das Kopfkissen durchweicht. Nicht nur, dass das Fehlen<br />
des romantischen Nebels die Schrecken der Katastrophe wieder schonungslos<br />
auf sie einstürmen ließ, stattdessen kam auch noch der ganze Schmerz hoch,<br />
den sie seit der Trennung von Annas Vater meistens sehr erfolgreich verdrängen<br />
konnte.<br />
Wie hatte sie nur übersehen können, das Klaus schwul war? Es gab doch<br />
immer wieder Hinweise darauf. Er konnte nicht pfeifen, überließ Nanni die<br />
Kampfszenen, seine anmutigen Hände und vor allem die fehlenden gierigen<br />
Blicke. Sie hatte nur darauf geachtet, dass er liebevoll war, sich um Anna<br />
kümmerte; alle anderen Anzeichen hatte sie völlig ignoriert.<br />
Nach langer Zeit kam sie zu dem Schluss, dass sie froh sein konnte, dass es<br />
so früh ans Tageslicht gekommen war. Zumindest hatte es ihr einer superpeinliche<br />
Szene erspart, die bestimmt passiert wäre, wenn sie Klaus ihre<br />
Verliebtheit gestanden hätte.<br />
Am nächsten Morgen war die Stimmung angespannt, was wahrscheinlich<br />
daran lag, dass das Tageslicht gelblich grau war, vor lauter Rauch. Außerdem<br />
konnte man dem Geruch des Rauches nicht mehr entgehen, denn er zog durch<br />
jede Ritze. Inwieweit sie selbst mit ihrem persönlichen Kummer zu der angespannten<br />
Stimmung beitrug, war Ronja nicht klar, denn auch ohne war die Lage<br />
düster genug.<br />
Nach einer längeren Diskussion beschlossen sie, sich mal wieder auf die<br />
Straße zu wagen, um eventuell eine Alternative zum Penthouse zu finden. Denn<br />
obwohl ein Übergreifen der Flammen nicht zu befürchten war, konnte ihr Haus<br />
ja auch in Brand gesteckt werden und dann säßen sie hier in der Falle.<br />
Sie schlossen die Türen zum Penthouse wieder sorgfältig hinter sich ab und<br />
stiegen die Treppe hinab. In den Gängen des Hauses konnten sie in manchen<br />
Stockwerken laute Stimmen hören, die so sehr rumkrakelten, wie sie es bisher<br />
von ihrem Haus nicht gewohnt waren. Wahrscheinlich hatten sich Plünderer<br />
hier eingenistet. Leise schlichen sie weiter nach unten und verließen das Haus<br />
so schnell wie möglich. Auf den Straßen war es zur Zeit glücklicherweise ruhig.<br />
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