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sation des Flüchtlingslagers" klang irgendwie anders als "ziviler Lagerleiter".<br />
Es klang so, als hätte Ulli sich in ein großes Abenteuer gestürzt. Aber anscheinend<br />
fühlte er sich ja wohl in seiner Situation und das war die Hauptsache.<br />
Auch von Fritz war wieder eine Nachricht eingetroffen. Er war dabei, mit den<br />
älteren Nachbarn eine Dorfwehr aufzubauen, was wir für eine gute Idee hielten.<br />
Nur Ronja ließ nichts von sich hören, aber von Berlin aus hatte sie es auch<br />
schwerer als ihre Brüder. Schon dass Ulli sich gemeldet hatte, grenzte an ein<br />
kleines Wunder.<br />
Felix wollte den Tag nutzen, um mit zweien der Männer aus dem kleinen<br />
Nachbardorf im Wald Altholz zu sammeln. Auch ein paar erste Bäume wollten<br />
sie fällen, um das Verfahren und die vorhandenen Werkzeuge auszuprobieren.<br />
Daher packte Felix mehrere Äxte, eine Bügelsäge, einige Keile und Seile zusammen.<br />
Dass Lutz Schweizer schon Erfahrung im Baumfällen hatte, war ein<br />
echter Vorteil, denn um das Fällen von Bäumen waren wir bisher herumgekommen.<br />
Zu meiner Überraschung brachten die Männer auch die schwangere Beate<br />
Schweizer mit. Das gab meinem Tag etwas Abwechslung, denn im Garten hatte<br />
ich in den letzten Tagen schon genug umgegraben. Wir setzten uns eine Weile<br />
bei einem Tee in die Küche, um uns besser kennenzulernen. Sie erzählte mir<br />
von ihrer Schwangerschaft, die von der medizinischen Seite bisher gut verlaufen<br />
war. Für das Gefühl war sie aber das reinste Desaster, denn zuerst wurde sie<br />
vom Vater des Kindes sitzen gelassen und als sie sich gerade bei ihren Brüdern<br />
etwas eingelebt hatte, kam der <strong>EMP</strong>-Schlag. Jetzt fragte sie sich außer der medizinischen<br />
Unsicherheit auch, ob es gut war, ein Kind in diese Welt zu setzen.<br />
"Nun, die Welt wird weitergehen, wenn auch etwas anders als bisher. Und<br />
die Welt wird Kinder brauchen, die heranwachsen und später an ihr mitgestalten.<br />
Als ich meine Kinder bekommen habe, wurde ich auch schon von vielen<br />
gefragt, ob ich wirklich in diese schreckliche Welt Kinder setzen wollte. Und<br />
jetzt sind sie schon erwachsen und helfen anderen Leuten, diese schwierige Zeit<br />
zu überstehen", versuchte ich Beate aufzumuntern.<br />
"Vor der Geburt habe ich auch viel Angst. Wir wollten zwar in eine anthroposophische<br />
Klinik zu einer sanften Entbindung gehen, aber da hätten sie alles<br />
für den Notfall bereit gehabt", gab Beate zu bedenken.<br />
"Das ist durchaus richtig und bei einem echten Notfall sieht es wirklich<br />
schwierig aus ohne Klinik in erreichbarer Nähe. Aber ich habe reichlich Erfahrung<br />
mit Hausgeburten, darum sehe ich der Geburt recht zuversichtlich<br />
entgegen. Bei einer Hausgeburt entstehen viele Problemsituationen gar nicht<br />
erst, die man in einem Krankenhaus dann mit Notfallmedizin bekämpfen muss.<br />
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