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gehen bei der Stadtbefreiung voll in militärischer Hand lag, war völlig klar.<br />
Daher fühlte sich Ulli geschmeichelt, dass Herr Wunsmann diesbezügliche<br />
Details mit ihm vorab besprach.<br />
Die Stetten-Kaserne wirkte ähnlich auf Ulli, wie er sich eine Kaserne vorgestellt<br />
hatte. In einem schmucklosen Gebäude wurden sie in einen Speisesaal<br />
geführt. Dort stand bereits eine Gruppe von Menschen mit Sektgläsern in der<br />
Hand. Ein junger Soldat, der ein Tablett balancierte, kam eilig auf die Ankömmlinge<br />
zu, und bot jedem ein Glas Sekt an. Nachdem alle versorgt waren,<br />
wurden sie einander vorgestellt.<br />
Ulli konnte sich weder alle Namen, noch alle Funktionen der Amerikaner<br />
merken. Der Ranghöchste war jedoch ein Major gewesen, soviel hatte er sich<br />
gemerkt. Außerdem war ihm eine junge Soldatin mit funkelnden dunkelbraunen<br />
Augen aufgefallen. Sie war anscheinend auf Funktechnik spezialisiert.<br />
Wie das Glück so spielte, ergatterte Ulli beim anschließenden Essen einen<br />
Sitzplatz neben der jungen Dame. Zuerst war er etwas schüchtern und genierte<br />
sich auch wegen seines eher holprigen Englischs. Aber dann stellte er fest, dass<br />
Sarah, denn so hieß die hübsche Soldatin, hervorragend Deutsch sprach und<br />
dies auch offensichtlich gern tat. Sie war sehr interessiert an dem, was er so tat<br />
und wie er dazu gekommen war. Also erzählte Ulli ihr, wie er von der Fahrt zu<br />
einer Vorlesung in das Lager gekommen war und wie es sich ergeben hatte,<br />
dass er völlig unerwartet zum zivilen Lagerleiter geworden war.<br />
"Ziviler Lagerleiter" war nämlich sein neuer offizieller Status, wie ihm<br />
Oberleutnant Wunsmann auf der Fahrt zur Kaserne mitgeteilt hatte.<br />
Obwohl oder vielleicht auch gerade weil Ulli bei der Nennung seines Titel<br />
ziemlich rumdruckste, verstand Sarah den Witz der Geschichte auf Anhieb und<br />
fing an, herzlich zu lachen. Ulli konnte nicht anders, als in ihr Gelächter einzustimmen,<br />
bis viele Blicke sich ihnen zuwandten, um herauszufinden, was so<br />
lustig war. Nach wenigen Augenblicken jedoch wurde ihnen wohl klar, dass der<br />
Witz nur für Insider gedacht war und überließen Ulli und Sarah schmunzelnd<br />
wieder ihrem Gespräch.<br />
Durch das Lachen fühlte Ulli sich erstmals seit vielen Tagen wieder richtig<br />
gelöst. Die ganze Spannung der letzten Tage fiel von ihm ab, wobei der Sekt<br />
bestimmt das Seinige zu dieser Entspannung beitrug. In der Gegenwart von<br />
Sarah fühlte er sich auch sehr wohl, denn ohne viel Worte hatte sie genau verstanden,<br />
wie es in ihm aussah. Plötzlich sah auch Ulli seine Geschichte von<br />
einer etwas anderen Warte aus; einer Warte, die sehr viel leichter und fröhlicher<br />
war als seine bisherige Sichtweise.<br />
Sie kamen ins Gespräch über Gott und die Welt und als Sarah eine Weile<br />
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