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hardt. Wie kann ich Ihnen helfen?", klärte Ulli die Situation.<br />

"Ich brauch gar nicht so viel Hilfe, aber ich könnte helfen. Fünfzig Kilometer<br />

außerhalb von München habe ich eine Bettdecken-Fabrik. Weil das Geschäft in<br />

den letzten Jahren so schlecht lief, haben wir dort große Lagerbestände. Als das<br />

Unglück passierte, war ich gerade bei einem wichtigen Banktermin in der Stadt,<br />

darum bin ich überhaupt hier. Unsere Decken könnten jetzt bestimmt gut gebraucht<br />

werden, weil es ja immer kälter wird", bot der Mann an.<br />

"Das ist ja wunderbar. Sie kommen wie gerufen. Warme Decken werden<br />

dringend benötigt. Kommen Sie doch am besten morgen hier vorbei, dann<br />

werde ich sie mit jemand zusammenbringen, der sich um den Transport kümmert.<br />

Darf ich mir grad noch notieren, wie Sie heißen und in welchem Zelt Sie<br />

momentan anzutreffen sind?", freute sich Ulli über das Angebot.<br />

"Mein Name ist Schumann, Alfons Schumann. Ich bewohne zur Zeit das Zelt<br />

mit der Nummer neun. Morgen soll ich herkommen. Gut, gerne komm ich<br />

morgen. Dann können wir meine Decken holen", erklärte der Mann.<br />

Auf Ulli wirkte der Mann recht aufgeregt, aber er dachte sich, dass ein gewisses<br />

Maß an Aufregung angesichts der Katastrophe wohl normal sei.<br />

Irgendwann verliefen sich die Menschenmengen und nur noch selten hörte<br />

man vereinzelte "Jedem ein Zuhause!"-Rufe. Bei Ulli verdrängte die Erschöpfung<br />

allmählich das Hochgefühl des Tages, sodass er gern zustimmte, als<br />

Markus vorschlug, sich ins Hotel zurückzuziehen. Auch in der Hotellobby blieb<br />

er nur noch kurz, denn die Schultern taten ihm inzwischen weh, weil er soviel<br />

Schulterklopfen einfach nicht gewöhnt war.<br />

Auf dem Weg in sein Zimmer dachte er sich, dass es körperlich gar nicht so<br />

einfach war, wenn man viel Anlass zum Schulterklopfen bot, denn die Soldaten<br />

konnten wirklich kräftig auf den Rücken eindreschen, um ihre Anerkennung<br />

auszudrücken. Vorsichtig bewegte er seine Schultergelenke und fragte sich, ob<br />

sie mit der Zeit kräftiger werden würden.<br />

Endlich in Ruhe in seinem Zimmer angekommen, kam er nach einer kalten<br />

Dusche allmählich wieder zu sich. Es war wie das Aufwachen aus einem<br />

Traum. Aber er wusste genau, dass der Tag kein Traum gewesen war.<br />

Er betrachtete nachdenklich seinen Kompass, in der Hoffnung, dass dieser<br />

ihm eine klare Richtung weisen würde.<br />

So funktionierte das also mit dem Heldentum, dachte er sich. Da reißt man<br />

einmal sein Maul auf und spricht das aus, was sowieso jeder denkt. Das hört<br />

einer, der einen wie eine Gallionsfigur an den richtigen Platz stellt und plötzlich<br />

bist du der Träger der großen Hoffnung. Und später in den Legenden fragt<br />

kaum jemand nach all den vielen Leuten, die die Aufgabe zusammen bewältigt<br />

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