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06.12.2012 Aufrufe

en Oberleutnant Wunsmann stand. Der Moment war gekommen; es gab kein Entrinnen mehr. Die Augen der Leute hingen erwartungsvoll an Ullis Lippen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. "Mit vereinten Kräften wollen wir zuerst dieses Lager zum reibungslos funktionieren bringen und dann wollen wir uns die Stadt zurückerobern, sodass alle Bewohner Münchens den Winter in richtigen Häusern verbringen können. Eine provisorische Wasserversorgung ist in Vorbereitung, viele junge Männer haben sich jetzt schon bereiterklärt, bei der Rückeroberung der Stadtteile mitzuwirken, eine Schar anderer Helfer hat sich schon an fast jeder Ecke des Lagers eingefunden, um die Situation hier zu verbessern. In dieser Versammlung geht es jetzt darum, jemand zu finden, der sich um das Zusammenleben in diesen provisorischen Zelten kümmert. Ab morgen finden Sie im Helferzentrum nicht nur die Möglichkeit, mitzuhelfen, sondern auch Ansprechpartner für Ihre Wünsche und Bedürfnisse. Helfen Sie alle mit, damit wir bald wieder ein Zuhause haben. Jedem ein Zuhause!" Das war's. Ob's zu kurz gewesen war? Oder zu lang? Ob sie es verstanden hatten? Bange Zehntelsekunden zogen sich hin wie Kaugummi. Als die Leute anfingen zu trampeln und laut zu rufen, begriff er erst gar nicht, was damit gemeint war. Es war, als würde sich eine Lawine der Gefühle losreißen, die lange aufgestaut gewesen waren. Nach einigen wirren Augenblicken verstand Ulli, dass die Menschen begeistert waren, dass sie ihm aus vollem Herzen zustimmten. Zumindest galt das für die, die sich laut äußerten, denn von eventuellen ruhigen Zeltbewohnern war in dem Tumult naturgemäß nichts zu hören. Erst fing es an einer Ecke an: "Jedem ein Zuhause!", dann kam es aus immer mehr Ecken: "Jedem ein Zuhause!", bis das ganze Zelt immer wieder "Jedem ein Zuhause!" ausrief, als wäre es ein Schlachtruf. Vereinzelt hörte man aus den anderen Zelten ein paar Rufe, die sehr nach "Jedem ein Zuhause!" klangen. Sobald die Menge sich wieder beruhigt hatte, verabschiedete sich die Abordnung der Lagerverwaltung samt Ulli aus dem Zelt, damit dort die sachliche Tagesordnung fortschreiten konnte. Für Ulli war jetzt das nächste Zelt dran. Obwohl er im ersten Zelt ja schon einiges erlebt hatte, war er doch nicht auf die stürmische Begrüßung im zweiten Zelt gefasst. Der Jubel im ersten Zelt hatte die Bewohner des zweiten Zeltes offensichtlich schon in freudige Erwartung und Neugier versetzt. Ulli konnte seine kurze Rede diesmal schon etwas routinierter halten und auch auf die nachfolgende Reaktion war er diesmal gefasst. Der neue Schlacht- 198

uf "Jedem ein Zuhause!" wurde auch hier begeistert skandiert, worauf das Echo aus anderen Zelten erfolgte. Wie im Traum zog Ulli mit der kleinen Prozession von Zelt zu Zelt, wo sie von den Bewohnern erwartetet wurden wie gefeierte Pop-Stars. Die drei Zelte mit den potentiell heiklen Bewerbern für die Zeltverantwortung besuchten sie gleich nach den ersten beiden Zelten, um dort bei der Auswahl der Kandidaten behilflich sein zu können. Oberleutnant Wunsmann beobachtete die Zeltbewohner während des Jubel-Tumults, besprach sich kurz mit den beiden diensthabenden Soldaten des Zeltes und schlug dann mehrere der Zeltbewohner offiziell als Kandidaten vor, als sich der Tumult gelegt hatte. Die ausgewählten Zeltbewohner wirkten alle so, als hätten sie das Herz auf dem rechten Fleck und könnten sich durchsetzen. Ulli bewunderte die schnelle Beobachtung und Entschlusskraft des erfahrenen Soldaten. Nachdem die Prozession jedes der Zelte einmal in Jubel versetzt hatte, setzte sich Ulli reichlich verwirrt an einen der Tische des Helferzentrums, wurde aber schnell in verschiedene Gespräche hineingezogen, sodass er erstmal gar nicht so recht zu sich finden konnte. Endlich hatten sich die vielen Gesprächspartner untereinander so gefunden, dass Ulli einen Moment unbeachtet für sich hatte. Zur Klärung seiner Gedanken nahm er sich seine Papierstapel vor und fing an, sie zu sortieren. "Herr General, hätten Sie einen Moment Zeit für mich?", fragte jemand in Ullis Nähe. Ein wenig wunderte sich Ulli darüber, denn er hatte noch gar keinen General kennengelernt. "Herr General", klang es wieder ganz in der Nähe von ihm. "Herr General!" Ulli sah von seinen Aufzeichnungen auf, um nach dem General Ausschau zu halten, konnte jedoch keinen entdecken, in dem er einen General vermutete. Daher fing er wieder an, sich Notizen für den nächsten Tag zu machen. "Herr General!" "Ähem, Herr Major?" Ulli sah sich nach der Quelle der Rufe um und entdeckte einen etwas älteren untersetzten Mann, der heftig in seine Richtung gestikulierte. "Ja, Herr Major, das ist doch richtig so, oder Herr General?", fragte der Mann und meinte ganz offensichtlich Ulli. Ulli schaute an sich herab, um eventuelle Spuren von einem General an sich zu entdecken, was jedoch erfolglos blieb. "Oh, Sie meinen mich? Nein weder General noch Major. Einfach Herr Burk- 199

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provisorische Wasserversorgung ist in Vorbereitung, viele junge Männer haben<br />

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nur die Möglichkeit, mitzuhelfen, sondern auch Ansprechpartner für Ihre Wünsche<br />

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haben. Jedem ein Zuhause!"<br />

Das war's. Ob's zu kurz gewesen war? Oder zu lang? Ob sie es verstanden<br />

hatten? Bange Zehntelsekunden zogen sich hin wie Kaugummi.<br />

Als die Leute anfingen zu trampeln und laut zu rufen, begriff er erst gar nicht,<br />

was damit gemeint war. Es war, als würde sich eine Lawine der Gefühle losreißen,<br />

die lange aufgestaut gewesen waren. Nach einigen wirren Augenblicken<br />

verstand Ulli, dass die Menschen begeistert waren, dass sie ihm aus vollem<br />

Herzen zustimmten. Zumindest galt das für die, die sich laut äußerten, denn von<br />

eventuellen ruhigen Zeltbewohnern war in dem Tumult naturgemäß nichts zu<br />

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Erst fing es an einer Ecke an: "Jedem ein Zuhause!", dann kam es aus immer<br />

mehr Ecken: "Jedem ein Zuhause!", bis das ganze Zelt immer wieder "Jedem<br />

ein Zuhause!" ausrief, als wäre es ein Schlachtruf. Vereinzelt hörte man aus den<br />

anderen Zelten ein paar Rufe, die sehr nach "Jedem ein Zuhause!" klangen.<br />

Sobald die Menge sich wieder beruhigt hatte, verabschiedete sich die Abordnung<br />

der Lagerverwaltung samt Ulli aus dem Zelt, damit dort die sachliche<br />

Tagesordnung fortschreiten konnte. Für Ulli war jetzt das nächste Zelt dran.<br />

Obwohl er im ersten Zelt ja schon einiges erlebt hatte, war er doch nicht auf<br />

die stürmische Begrüßung im zweiten Zelt gefasst. Der Jubel im ersten Zelt<br />

hatte die Bewohner des zweiten Zeltes offensichtlich schon in freudige Erwartung<br />

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Ulli konnte seine kurze Rede diesmal schon etwas routinierter halten und<br />

auch auf die nachfolgende Reaktion war er diesmal gefasst. Der neue Schlacht-<br />

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