EMP-Roman-12.pdf
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so dringend brauch ich eigentlich keine Uhr." sagte Ulli und schickte sich zum Gehen an. Ullis Kopf dröhnte, so heftig hörte er sein Blut pulsieren. Bloß die Ruhe bewahren, sagte er sich und versuchte, gelangweilt dreinzuschauen. Er ging langsam am Stand entlang und ließ den Blick gelangweilt über die Angebote schweifen. Bei den Kompassen lies er seinen Blick verweilen, zeigte auf einen der besseren Exemplare und fragte: "Und was willst du für den da haben?" "250 Euro" "Und für den?" dabei zeigte Ulli auf den lumpigsten der Kompasse. "80" kam die kurzangebundene Antwort. Ulli merkte aber, dass der Händler durchaus ein Geschäft witterte. Ulli nahm den billigen Kompass und betrachtete ihn argwöhnisch. "Ne, der ist zu lumpig. Was ist denn mit dem da?" dabei zeigte er auf seinen Kompass und hoffte, dass seine Hand nicht zitterte. "Für dich 150, Junge". "Hm, du bist einfach zu teuer." "Tja, nix mehr wert das Geld" wiederholte der Händler. Plötzlich fühlte sich Ulli wie vom Teufel geritten und er dachte noch kurz "jetzt oder nie" bevor er sagte: "Ja, ich verkauf gar nicht mehr in Euro, was glaubst du denn? Gold oder andere Wertsachen will ich sehen für meine guten EPAs hier. Läuft wunderbar das Geschäft. Diese Dinger gehen heutzutage weg wie warme Semmeln. Aber nicht für Euros. Ne, ne nicht mit mir." Der Händler sah Ulli erstaunt an und dann schaute er auf Ullis gebündelte EPAs, die er hochhielt wie bei einer Präsentation. "Was n das für'n Zeug?" fragte er. "Das ist Notfallnahrung. Reicht locker für zwei Tage, schmeckt superlecker und habe ich direkt aus Bundeswehr-Beständen. Aber psst, gibt nicht mehr viel davon. Die Dinger werden auch schon knapp. Darum geb ich die auch nicht für Euros her. Was soll ich denn mit den Papierlappen?" Ulli kam richtig in Fahrt und es begann, ihm Spaß zu machen. "Hm, hm" machte der Händler, "hm, was willste den für so'n ein Paket haben?". Darauf hatte Ulli gehofft. "Du bist lustig, soviel Ramsch brauch ich gar nicht, wie so ein EPA wert ist." dabei fühlte Ulli innendrin so richtig, wie wertvoll so ein EPA war, denn die drei EPAs des Studienkollegen waren für ihn soviel wert wie sein ganzer Rucksack samt Inhalt und das eine übriggebliebene EPA, dass er seins nennen konnte, war sein kompletter Besitz. Daher fiel es ihm auch leicht, den immensen Wert der EPAs rüberzubringen. "Also für ein ganzes Paket müsstest du mir schon die beiden Uhren da und die drei Kompasse dort geben.". Ulli zeigte auf die teurere und die billigere Uhr und außer auf seinen Kompass noch auf einen teureren und einen mittelwertvollen. Dabei hielt er dem Händler ein Paket fast in Reichweite. Der Händler schluckte. "Das ist zu viel." stieß er hervor, berührte das EPA jedoch schon mal neugierig. "Tja" sagte Ulli leichthin, "Für den dort würdest du grad mal ne 134
Packung des Vollkornbrots aus dem angebrochenen Paket kriegen.". Er zeigte auf seinen Kompass. "Das ist zu wenig." "Also gut, woll'n wir mal nicht so sein. Nehmen wir die halbwegs brauchbare Uhr dort und diesen Kompass und den dort. Dann kannst du ne ganze Packung haben." "Zuviel. Lass den Kompass dort weg." dabei zeigte der Händler auf den teuren der Kompasse. "Ja, aber der hier ist alt. Schau mal, wie alt der ist.". Ulli hielt dem Händler die Rückseite des eigenen Kompasses anklagend entgegen, damit er die 1918 lesen konnte. "Ja, ja, schon ist der alt, der ist schon fast antik." "Aber kann ich mich in der Praxis auf den verlassen?" fragte Ulli und erschrak über sich selbst. "Also gut, lassen wir den teuren Kompass weg, nehmen wir die Uhr und als Ausgleich noch diesen Modeschmuck hier." Ulli griff sich ein hübsch aussehendes Armband mit roten unregelmäßigen Perlen. Sein Herz klopfte. Mit der anderen Hand reichte er dem Händler das EPA und nickte. Der Händler wusste wohl nicht so ganz, was er von diesem Handel halten sollte und hielt ein wenig verdutzt sein EPA in der Hand. Ulli ging so langsam wie möglich weiter und versuchte, nicht ständig an Flucht zu denken. Erst als er wieder im Zelt angekommen war und auf seiner Matte saß, traute er sich, seine gekaufte Beute aus der verkrampften Hand zu legen. Er breitete sie auf der Matte aus und bestaunte sie. Vorsichtig fuhren seine Fingerspitzen über den Kompass, der unerbittlich nach Norden zeigte. Er konnte es kaum fassen. Da lag er, sein Kompass, sein Familienglücksbringer. Er hatte ihn zurück-errungen. Er umfasste ihn ganz, um es wirklich glauben zu können. Immer wieder drehte er ihn in seinen Händen, um zu spüren, dass es nicht nur ein Traum war, was er da erlebt hatte. Bei jeder Bewegung richtete sich der Kompass wieder neu aus und zeigte immer an, wo es lang ging. Vielleicht könnte er auch Ullis innerer Richtungslosigkeit auf die Sprünge helfen. Behutsam legte Ulli den Kompass nach einer Weile wieder auf die Matte und besah sich die beiden anderen Trophäen. Die Uhr schien recht brauchbar und von dem Armband konnte er nur sagen, dass er es hübsch fand. Was war da nur in ihn gefahren? Nicht nur seinen Kompass hatte er bekommen, sondern auch noch die Uhr und dieses völlig unnötige Armband. Diesen freudigen Moment wollte sich Ulli aber nicht mit Grübeleien verderben, und außerdem hatte er inzwischen einen ordentlichen Hunger. Also aß er eine der beiden verbliebenen Hauptmahlzeiten und versuchte, sich einmal keine Sorgen um seine Zukunft zu machen, auch wenn er gerade Essen für zwei Tage verscherbelt hatte. Seine gute Stimmung hielt den Rest des Tages über an und selbst der 135
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Packung des Vollkornbrots aus dem angebrochenen Paket kriegen.". Er zeigte<br />
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sein. Nehmen wir die halbwegs brauchbare Uhr dort und diesen Kompass und<br />
den dort. Dann kannst du ne ganze Packung haben." "Zuviel. Lass den Kompass<br />
dort weg." dabei zeigte der Händler auf den teuren der Kompasse. "Ja,<br />
aber der hier ist alt. Schau mal, wie alt der ist.". Ulli hielt dem Händler die<br />
Rückseite des eigenen Kompasses anklagend entgegen, damit er die 1918 lesen<br />
konnte. "Ja, ja, schon ist der alt, der ist schon fast antik." "Aber kann ich mich<br />
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"Also gut, lassen wir den teuren Kompass weg, nehmen wir die Uhr und als<br />
Ausgleich noch diesen Modeschmuck hier." Ulli griff sich ein hübsch aussehendes<br />
Armband mit roten unregelmäßigen Perlen. Sein Herz klopfte.<br />
Mit der anderen Hand reichte er dem Händler das EPA und nickte. Der<br />
Händler wusste wohl nicht so ganz, was er von diesem Handel halten sollte und<br />
hielt ein wenig verdutzt sein EPA in der Hand.<br />
Ulli ging so langsam wie möglich weiter und versuchte, nicht ständig an<br />
Flucht zu denken. Erst als er wieder im Zelt angekommen war und auf seiner<br />
Matte saß, traute er sich, seine gekaufte Beute aus der verkrampften Hand zu<br />
legen. Er breitete sie auf der Matte aus und bestaunte sie. Vorsichtig fuhren<br />
seine Fingerspitzen über den Kompass, der unerbittlich nach Norden zeigte.<br />
Er konnte es kaum fassen. Da lag er, sein Kompass, sein Familienglücksbringer.<br />
Er hatte ihn zurück-errungen. Er umfasste ihn ganz, um es wirklich<br />
glauben zu können. Immer wieder drehte er ihn in seinen Händen, um zu spüren,<br />
dass es nicht nur ein Traum war, was er da erlebt hatte. Bei jeder<br />
Bewegung richtete sich der Kompass wieder neu aus und zeigte immer an, wo<br />
es lang ging. Vielleicht könnte er auch Ullis innerer Richtungslosigkeit auf die<br />
Sprünge helfen.<br />
Behutsam legte Ulli den Kompass nach einer Weile wieder auf die Matte und<br />
besah sich die beiden anderen Trophäen. Die Uhr schien recht brauchbar und<br />
von dem Armband konnte er nur sagen, dass er es hübsch fand. Was war da nur<br />
in ihn gefahren? Nicht nur seinen Kompass hatte er bekommen, sondern auch<br />
noch die Uhr und dieses völlig unnötige Armband.<br />
Diesen freudigen Moment wollte sich Ulli aber nicht mit Grübeleien verderben,<br />
und außerdem hatte er inzwischen einen ordentlichen Hunger. Also aß er<br />
eine der beiden verbliebenen Hauptmahlzeiten und versuchte, sich einmal keine<br />
Sorgen um seine Zukunft zu machen, auch wenn er gerade Essen für zwei Tage<br />
verscherbelt hatte.<br />
Seine gute Stimmung hielt den Rest des Tages über an und selbst der<br />
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