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allmählich an Kraft. Unter seiner Decke, die er über den Schultern trug, wurde<br />
ihm jedoch endlich richtig warm.<br />
Nach wenigen Schritten fand er sich auf der neuen Marktstraße wieder und<br />
links und rechts von ihm zogen sich endlos die Angebote hin, wie auf einem<br />
Flohmarkt. Da er reichlich Zeit hatte, besah er sich die interessanten Dinge<br />
ausgiebig. Eine der Jacken erinnerte ihn sehr stark an seine eigene, aber daneben<br />
lag der gleiche Typ Jacke in einer anderen Farben, sodass sich sein<br />
Argwohn in Grenzen hielt.<br />
Interessiert sah er den Menschen beim Handeln zu. Manche der Händler<br />
nahmen kein Geld mehr an, sondern bestanden auf Wertsachen oder Naturalien.<br />
Dabei konnte Ulli beobachten, wie vor allem die traurig aussehenden Leute<br />
meistens erheblich wertvollere Dinge gaben, als sie bekamen. An anderen<br />
Ständen galten enorme Preise, selbst für die einfachsten Waren. So war das nun<br />
mal mit dem Handel, dachte Ulli bei sich. Dennoch schienen die Händler ihm<br />
wie bessere Plünderer. Wie konnte jemand die Not der anderen so schamlos<br />
ausnutzen? Die meisten anderen schienen sich nicht daran zu stören und die<br />
Stimmung war sogar recht ausgelassen. Der Markt erinnerte ein klein wenig an<br />
die sonst üblichen Marktstände auf dem Oktoberfest und brachte dadurch einen<br />
Hauch der ausgelassenen Oktoberfest-Stimmung.<br />
An einer Ecke stand ein Junge über und über behängt mit Brezeln. Die Brezeln<br />
wirkten schon ziemlich altbacken und kosteten schamlose zehn Euro. Aber<br />
sie wurden dem Jungen schier aus der Hand gerissen und die Kunden wirkten<br />
sehr zufrieden. Als hätten sie sich zusammen mit der Brezel ein Stück der alten<br />
Welt zurückgekauft.<br />
Ulli schaute dem Jungen eine Weile beim Verkaufen zu. Alle fünf Minuten,<br />
wenn der Junge fast ausverkauft war, kam ein dicker Mann und brachte möglichst<br />
unauffällig neue Brezeln, gerade soviel, wie der Junge bewältigen konnte<br />
und nahm das Geld an sich. Da konnte man sehen, wie man mit knapp scheinendem<br />
Angebot und einem harmlos aussehenden Jungen dicke Geschäfte<br />
machen konnte.<br />
Sogar Bier wurde angeboten. Um den Bierstand herum stand eine ganze<br />
Traube von Männern, die sich fast um das Bier prügelten. Ein paar Meter weiter<br />
stand eine kleine Gruppe, deren Unterhaltung recht laut und schon leicht<br />
lallend stattfand. Um diese Gruppe machte Ulli lieber einen weiten Bogen,<br />
denn sie schien ihm potentiell gewalttätig.<br />
Dann gab es wieder endlose Stände mit diversen nützlichen Dingen. Der<br />
Anteil der professionellen Händler schien seit gestern gewachsen zu sein. Es<br />
gab fast alles, was das Herz begehrte, vorausgesetzt man hatte Geld oder Wert-<br />
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