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war. Zur Abkühlung stieg ich in unsere Tauch-Tonne, die ich im letzten Frühjahr<br />
endlich aufgestellt hatte, denn ich liebe es, in kaltes Wasser zu tauchen.<br />
Nach ein paar Prustern ging es mir schon deutlich besser und ich ging in die<br />
Küche, weil ich inzwischen einen Bärenhunger hatte. Dort traf ich auf Felix,<br />
der sich auch ausgetobt hatte und schon dabei war, eines der letzten Gerichte<br />
aus der Kühltruhe aufzuwärmen.<br />
Dankbar setzte ich mich an den Tisch und freute mich auf das lecker duftende<br />
Essen. Als es dann auf dem Tisch stand, stiegen mir wieder die Tränen in<br />
die Augen, denn sofort fielen mir CityGuy, unsere Kinder und all die anderen<br />
Menschen in Not ein. Und ich schämte mich fast, so reichlich lecker Essen vor<br />
mir zu haben. Aber es war nicht mehr so schlimm wie vor dem Umgraben.<br />
"Was kann man denn so verlorenen Städtern empfehlen? Würdest du so einen<br />
hier aufnehmen? Wohl eher nicht?" fragte ich Felix, nachdem wir das<br />
schmackhafte Essen schweigend gegessen hatten. "Ne, ganz bestimmt nicht<br />
einfach so. Wir haben äußerstenfalls Platz für unsere Kinder und Anna, und<br />
wenn die alle kommen, wird sogar das ein verdammt knappes Rennen. Wir<br />
haben ja eigentlich nur für uns genug, um locker durchzukommen. Und jemand<br />
hier rein lassen, den wir gar nicht kennen? Kommt gar nicht in Frage. Tipps<br />
kann er kriegen und in der Datenbank nachlesen." Ich nickte, denn ich hatte<br />
nichts anderes erwartet und es stimmte ja auch, vernünftig betrachtet. Aber<br />
dennoch starrte ich ihn wohl so traurig an, dass er noch sagte: "Vielleicht kann<br />
man ja mittelfristig in den Dörfern noch Häuser bauen oder umbauen, wenn es<br />
dort gut läuft. Die Dörfer werden sowieso Zulauf kriegen ohne Ende."<br />
Das tröstete mich ein wenig, aber nicht so ganz. Am liebsten würde ich die<br />
ganze Welt retten, aber wir konnten wohl bestenfalls uns oder die engste Familie<br />
retten und selbst das war nicht sicher. Am liebsten hätte ich zu diesem<br />
inneren und äußeren Konflikt gleich einen Beitrag ins allgemeine Forum gestellt,<br />
aber dann traute ich mich nicht, weil ich nicht die erste sein wollte, die<br />
anspricht, dass man niemanden aufnehmen kann und will, um die eigene Haut<br />
zu retten.<br />
Eigentlich war mir dieser Zwiespalt schon seit vielen Jahren bewusst und ich<br />
hatte mich immer davor gegraust. Aber jetzt war die Situation in greifbare Nähe<br />
gerückt. Wir wohnten zwar zu weit weg für den CityGuy, aber wer weiß, wann<br />
der nächste kommen würde, der dann zu uns fliehen wollte.<br />
Nach der verspäteten Mittagspause gab es noch viel zu tun und nach dem<br />
Versorgen des Gartens und der Tiere gesellte ich mich zum Holzhacken dazu<br />
und zusammen schafften wir noch einen ordentlichen Haufen Ofenholz. Felix<br />
warf es dann durch das Loch auf den Holzboden, weil er besser werfen konnte<br />
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