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die Zusatz-Zelte voll sein. Bestimmt gab es auch kleine Lager in Turnhallen,<br />
aber was war mit dem Rest? Hockten die alle Zuhause oder waren sie am Plündern?<br />
Ob wohl viele Leute gestorben waren? Von Toten war bei den Info-<br />
Aushängen nicht die Rede gewesen.<br />
Wie würde er sowas wohl organisieren in Hinblick auf möglichst geringe<br />
Schadenssummen? Das Durchrechnen von solchen Szenarios war schließlich<br />
sein Hobby, auch wenn er bisher immer viel kleinere Katastrophen durchgerechnet<br />
hatte. Aber die jetzige Situation war eigentlich nur deutlich grösser und<br />
komplexer; die Grundproblematik war die gleiche. Für das Optimieren der<br />
vorbeugenden Sicherheitsmaßnahmen war es natürlich zu spät, relevant war<br />
jetzt nur noch die Optimierung der Maßnahmen nach dem Eintritt des Ereignisses.<br />
Ziel der Maßnahmen müsste wohl sein, dass möglichst bald wieder jeder in<br />
seinem eigentlichen Zuhause wohnen kann und dort Wasser, Nahrung und<br />
Wärme zur Verfügung hat. Und dann müsste man sich darum kümmern, dass<br />
die Wirtschaft wieder ins Rollen kommt.<br />
Ulli stellte sich vor, was es, abgesehen von den deutlich erkennbaren Problemen<br />
wie Strom- und Wasserausfall, für praktische Folgen hatte, dass nahezu<br />
alle elektronischen Geräte kaputt waren. Ein Großteil aller Computer und deren<br />
Daten würde zerstört sein, ebenso die Maschinen in Fabriken. Das hatte wohl<br />
zur Folge, dass nur wenige Firmen überhaupt in der Lage sein würden, irgendwann<br />
wieder ihren Betrieb aufzunehmen, selbst wenn der Strom eines Tages<br />
wiederkommen würde. Die Welt würde wohl nie wieder so werden, wie zuvor.<br />
Nach dem 11. September damals hatten sie das auch gesagt, aber diesmal war<br />
es wirklich der Fall. Wie würde die neue Welt wohl aussehen und wie ist der<br />
beste Weg dorthin? Gar nicht so einfach. Ulli dröhnte der Kopf. Einerseits von<br />
seinen leichten Kopfschmerzen und andererseits, weil die Komplexität der<br />
Situation seinen Kopf fast sprengte.<br />
Also schaute er lieber ein wenig in der Gegend umher. Dabei stellte er zum<br />
ersten Mal fest, wie bunt durchmischt die Lagerbevölkerung war. Da gab es<br />
zwar recht viele Studenten, aber ansonsten gab es Leute jeden Alters und mit<br />
den unterschiedlichsten Erscheinungsbildern. Einige sahen so aus, als hätten sie<br />
schon vorher draußen gelebt und andere liefen immer noch in teuren Anzügen<br />
rum, die inzwischen aber leicht zerknittert aussahen. Fast alle Männer hatten<br />
inzwischen einen leichten Bart, der sie wie Angehöriger wilder Horden aussehen<br />
ließ. Ulli fasste sich ans Kinn und stellte auch bei sich einen leichten<br />
Bartwuchs fest, obwohl er noch recht weich und löcherig war. Er hatte noch nie<br />
einen Bart getragen, weil er noch nicht dicht genug wuchs und eigentlich passte<br />
so ein Bart auch nicht unbedingt zu einem ordentlichen Mathematikstudenten.<br />
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