Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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Technische und wirtschaftliche Potenziale<br />
der Biomassenutzung in Deutschland<br />
Tabelle 3.2-5 fasst die technischen und wirtschaftlichen<br />
Potenziale von Biomasse für eine energetische<br />
Nutzung in Deutschland zusammen. Anhand der<br />
detaillierten Erhebung für Deutschland soll das Prinzip<br />
erläutert werden, nach dem die Potenziale auf<br />
europäischer und globaler Ebene erhoben wurden.<br />
Flächenverteilung<br />
Die Fläche Deutschlands von 35,7 Mio. Hektar ist<br />
aufgeteilt in landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />
(53,5%),Wald (29,4%), Siedlungen (12,3%) und sonstige<br />
Flächen (4,7%) (Statistisches Bundesamt,<br />
2002). Naturschutzgebiete (ohne Wattenmeerflächen)<br />
machen 2,6% der Landesfläche aus, Nationalparke<br />
und Biosphärenreservate weitere 6,4% (BfN,<br />
2002). Da sich ein Teil der Naturschutzgebiete mit<br />
den Kernzonen der Biosphärenreservate und Nationalparke<br />
überschneidet, beziffert die European<br />
Environment Agency den Anteil der geschützten<br />
Landbiotope an der Gesamtfläche mit 8,3% (Moss et<br />
al., 1996). Angestrebt wird durch die Novellierung<br />
des Bundesnaturschutzgesetzes die Einrichtung<br />
eines Biotopverbundsystems, das mindestens 10%<br />
der Landesfläche umfassen soll.<br />
2 Mio. ha Stilllegungsflächen (Kaltschmitt et al.,<br />
2002), d. h. vorübergehend nicht der Nahrungsmittelproduktion<br />
dienende Agrarflächen, könnten entweder<br />
als Anbauflächen für Energiepflanzen, als Naturschutzflächen<br />
oder als Aufforstungsflächen <strong>zur</strong> Kohlenstoffspeicherung<br />
gemäß Kioto-Protokoll verwendet<br />
werden. Je nach Nutzungsform ergeben sich<br />
dabei unterschiedliche technische und wirtschaftliche<br />
Potenziale der Bioenergieerzeugung bzw. der<br />
Einsparung von Kohlendioxidemissionen.<br />
Potenziale der Forstwirtschaft<br />
In Deutschland werden vom Holzzuwachs mit 40,3<br />
Mio. t Trockenmasse pro Jahr (UN-ECE und FAO,<br />
2000) nur knapp 17 Mio. t als Derbholz stofflich<br />
genutzt. Für die energetische Nutzung stünden damit<br />
9,6 Mio. t Waldrestholz, 7 Mio. t Schwachholz und 6,6<br />
Mio. t ungenutzter Zuwachs <strong>zur</strong> Verfügung (Tab. 3.2-<br />
5). Aus waldbaulichen und ökonomischen Gründen<br />
beträgt das wirtschaftlich und nachhaltig nutzbare<br />
Potenzial bei Schwach- und Waldrestholz nur ca. 10<br />
Mio. t pro Jahr. Hinzu kommen etwa 8,2 Mio. t an<br />
Industrieholz und Gebrauchtholz. Es scheint nicht<br />
profitabel zu sein, die 0,2 Mio. t Landschaftspflegeholz<br />
zu bergen. Auch die energetische Verwertung<br />
des ungenutzten Zuwachses ist aus ökologischer<br />
Sicht abzulehnen. So stehen von 31,7 Mio. t nur ca. 18<br />
Mio. t Trockenmasse pro Jahr als wirtschaftlich nutzbares<br />
Potential <strong>zur</strong> Verfügung. Das wird sich auch bis<br />
2030 kaum ändern, da ein zunehmender Bedarf für<br />
Energieträger 3.2<br />
die stoffliche Verwertung (Papier, Verpackungen<br />
usw.) zu erwarten ist. Das Energiepotenzial holzartiger<br />
Biomasse sinkt damit auf ca. 340 PJ pro Jahr,<br />
äquivalent zu ca. 6,8 Mio. t Kohlenstoff. Berücksichtigt<br />
man die Nährstoffversorgung der Wälder, dann<br />
ist es langfristig nicht nachhaltig, Reisholz und dünne<br />
Äste energetisch zu nutzen. Das ökologisch nachhaltige<br />
Potenzial liegt deshalb ca. 20% unter dem wirtschaftlichen<br />
Potenzial.<br />
Potenziale der Landwirtschaft<br />
In der Landwirtschaft kann mit einem nachhaltigen<br />
Energiepotenzial von 315 PJ pro Jahr (entsprechend<br />
6 Mio. t Kohlenstoff pro Jahr) gerechnet werden.<br />
10% des Mähguts von Dauergrünland, 20% des<br />
Strohs, Exkremente und verschiedene Abfälle könnten<br />
energetisch genutzt werden (z. B. für die Biogasproduktion;<br />
Kaltschmitt et al., 2002). Je nach Energieträger<br />
gäbe es ein zusätzliches Energiepotenzial<br />
von 100–420 PJ pro Jahr (1,8–8 Mio. t Kohlenstoff),<br />
wenn Stilllegungsflächen für Energiepflanzen genutzt<br />
würden. Die hohe Spannbreite ergibt sich aus<br />
unterschiedlichen Zuwächsen und dem Aufwand für<br />
die Kultivierung energetisch nutzbarer Pflanzen. Bei<br />
der Bewertung dieses Potenzials ist jedoch zu<br />
berücksichtigen, dass die derzeitige Praxis der Flächenstilllegung<br />
durch eine langfristige ökologische<br />
Flächenstilllegung ersetzt werden soll, die keine<br />
Möglichkeit der Förderung der Energiepflanzenerzeugung<br />
mehr bietet (EU-Kommission, 2002).<br />
Subventionen, betriebliche Flexibilität und<br />
andere Gründe führen dazu, dass die Landwirte den<br />
Anbau einjähriger Pflanzen bevorzugen, die den<br />
Einsatz von Pestiziden und Dünger erforderlich<br />
machen. Da mehrjährige Pflanzen bei geringerem<br />
Düngerverbrauch, ohne Pestizideinsatz und bei<br />
geringer Bodenbearbeitung höhere Energieerträge<br />
liefern, sind sie aber vorzuziehen (Börjesson et al.,<br />
1997). Für einjährige Arten liegt das ökologisch<br />
nachhaltige Potenzial ca. 30% unter dem wirtschaftlichen<br />
Potenzial.<br />
Bioenergie könnte in Deutschland max<strong>im</strong>al ca.<br />
11% der energiebedingten Kohlendioxidemissionen<br />
aus dem Jahr 2000 kompensieren sowie 7–9% der<br />
Energienachfrage decken (technische Potenziale;<br />
Tab. 3.2-6).<br />
Potenziale der Biomassenutzung und<br />
Kohlenstoffspeicherung in der EU<br />
Die Unsicherheit bei der Schätzung der technischen<br />
Potenziale der Biomassenutzung in der Europäischen<br />
Union (EU-15) ist selbst für eine Region mit<br />
guter statistischer Dokumentation groß. Die Potenzialabschätzungen<br />
reichen von 4.300 bis zu 10.100 PJ<br />
pro Jahr, mit einem Median bei 5.700 PJ pro Jahr und<br />
einem Mittelwert bei 6.100 ± 1.900 PJ pro Jahr. Die<br />
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