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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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56 3 Technologien und nachhaltige Potenziale<br />

konzentrieren sich derzeit <strong>im</strong> Wesentlichen auf die<br />

möglichen Risiken und Auswirkungen der radioaktiven<br />

Inventare eines Kraftwerks, also den radioaktiven<br />

Brennstoffbestandteil Tritium sowie die Radioisotope<br />

in der Brennkammerwand, die durch nukleare<br />

Reaktionen zwischen Wandmaterialien und den<br />

bei der Fusion frei werdenden Neutronen entstehen<br />

(Cook et al., 2001; Raeder et al., 1995).<br />

Die Auswirkungen von Störfällen werden wegen<br />

des geringen Energieinventars wahrscheinlich auf<br />

das Kraftwerksinnere beschränkt bleiben. Menge<br />

und Toxizität der radioaktiven Stoffe, die in einem<br />

Fusionskraftwerk erzeugt werden, hängen stark von<br />

der zuvor gewählten Zusammensetzung der Materialien<br />

ab. In ihren Eigenschaften unterscheiden sich<br />

Kernfusions- und Kernspaltungsabfälle erheblich.<br />

Dies zeigt sich am deutlichsten <strong>im</strong> Abklingverhalten<br />

der Radiotoxizität – einem Maß für die biologische<br />

Gefährlichkeit der Stoffe. Im Fall der Kernspaltung<br />

bleibt die Radiotoxizität eines Großteils der erzeugten<br />

Abfälle über viele Jahrhunderte nahezu konstant.<br />

Dagegen fällt die Radiotoxizität der Fusionsabfälle<br />

bereits in den ersten 100 Jahren um drei bis<br />

vier Größenordnungen ab. Eine sichere Endlagerung<br />

größerer Mengen radioaktiven Abfalls über hunderte<br />

von Jahren wäre jedoch auch hier unerlässlich.<br />

3.2.2.4<br />

Bewertung<br />

Das theoretische Potenzial der Kernenergie ist zwar<br />

groß. Weil die Nutzung aber mit inakzeptablen Risiken<br />

verbunden ist, empfiehlt der <strong>WBGU</strong>, bestehende<br />

Kernkraftwerke mit dem Ende der derzeitigen<br />

Betriebsgenehmigungen auslaufen zu lassen und<br />

keine weiteren mehr zu bauen.<br />

Das Gefährdungspotenzial von Fusionskraftwerken<br />

scheint ebenfalls beträchtlich zu sein. Da diese<br />

Kraftwerke – wenn überhaupt – frühestens in der<br />

zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts <strong>zur</strong> Verfügung<br />

stehen, empfiehlt der Beirat, Fusionskraftwerke für<br />

die <strong>Energiewende</strong> nicht zu berücksichtigen.<br />

Das nachhaltige Potenzial der Kernenergie wird<br />

vom Beirat daher mit Null angenommen. Wegen der<br />

bestehenden Pfadabhängigkeiten wird ein realistisches<br />

weltweites Ausstiegsszenario diesen Wert aber<br />

kaum vor 2050 erreichen können. Dabei wird davon<br />

ausgegangen, dass die derzeit <strong>im</strong> Bau befindlichen<br />

Kernkraftwerke in Asien sowie Mittel- und Osteuropa<br />

noch ans Netz gehen. Der max<strong>im</strong>ale Beitrag der<br />

Kernenergie <strong>zur</strong> weltweiten Stromversorgung<br />

könnte <strong>im</strong> Zeitraum 2010–2020 bei 12 EJ pro Jahr liegen<br />

(Tab. 4.4-1).<br />

3.2.3<br />

Wasserkraft<br />

3.2.3.1<br />

Globale Potenziale<br />

Heute sind weltweit 45.000 große Staudämme in<br />

Betrieb, davon etwa 300 „Megastaudämme“<br />

(ICOLD, 1998). Nahezu alle großen Staudämme<br />

haben neben Hochwasserschutz,Wasserspeicherung,<br />

Bewässerungslandwirtschaft und Verbesserung der<br />

Schifffahrtswege auch Elektrizitätsgewinnung als<br />

eines der wesentlichen Ziele (WCD, 2000). Kleine<br />

Wasserkraftwerke erfordern höhere Investitionskosten<br />

pro installierter Leistung, daher werden 97% des<br />

Stroms aus Wasserkraft von großen Wasserkraftwerken<br />

mit mehr als 10 MW Leistung geliefert (UNDP<br />

et al., 2000). Das theoretische Wasserkraftpotenzial<br />

der Erde wird auf ca. 150 EJ pro Jahr geschätzt.<br />

Davon können ca. 50 EJ pro Jahr als technisches<br />

Potenzial und ca. 30 EJ pro Jahr als wirtschaftliches<br />

Potenzial eingestuft werden (Horlacher, 2002; Tab.<br />

3.2-4).Andere Autoren kommen zu ähnlichen Schätzungen<br />

(UNDP et al., 2000; IPCC, 2001c). Das globale<br />

wirtschaftliche Potenzial der Wasserkraft ist bisher<br />

zu ca. einem Drittel ausgenutzt, wobei sich der<br />

Grad der Ausnutzung zwischen den Ländern und<br />

Regionen erheblich unterscheidet. Große Wasserkraftpotenziale<br />

sind noch in Afrika, Asien und Südamerika<br />

vorhanden, während sie in Nordamerika<br />

und Mitteleuropa (auch in Deutschland) weitgehend<br />

ausgenutzt sind. Es gibt Prognosen, nach denen sich<br />

die installierte Leistung in 50 Jahren auf weltweit<br />

über 1.400 GW mehr als verdoppeln ließe (Horlacher,<br />

2002). Megaprojekte mit einer Leistung von<br />

über 10 GW werden dabei die Ausnahme sein. Die<br />

Mehrheit der neuen Projekte wird <strong>im</strong> mittleren Leistungsbereich<br />

von 0,1–1 GW liegen.<br />

3.2.3.2<br />

Technik<br />

Die bei Wasserkraftanlagen verwendete Technik ist<br />

ausgereift und gilt als äußerst zuverlässig. Entweder<br />

wird durch das Aufstauen eines Gewässers die <strong>zur</strong><br />

Wasserkraftnutzung erforderliche Fallhöhe erreicht,<br />

oder es wird bei geringem Gefälle eine hohe Abflussmenge<br />

direkt durch Turbinen geleitet (Laufwasserkraftwerke).<br />

Wasserkraftanlagen benötigen sehr<br />

hohe Investitionen für den Bau, haben jedoch dafür<br />

eine hohe Lebensdauer (≥100 Jahre), niedrige<br />

Betriebskosten, einen geringen Wartungsaufwand<br />

und einen sehr hohen Wirkungsgrad. Das Betriebs-

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