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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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54 3 Technologien und nachhaltige Potenziale<br />

Am weitesten fortgeschritten ist in der EU derzeit<br />

das Gemeinschaftsexper<strong>im</strong>ent JET. Hier konnten<br />

1997 mit 12 MW über etwa eine Sekunde bereits<br />

erhebliche Fusionsleistungen erzielt und 65% der<br />

<strong>zur</strong> Aufheizung des Plasmas verbrauchten Leistung<br />

per Fusion <strong>zur</strong>ückgewonnen werden (Keilhacker et<br />

al., 1999). Be<strong>im</strong> nächsten großen Schritt der weltweiten<br />

Fusionsforschung (IAEA, 1998, 2001), dem internationalen<br />

Exper<strong>im</strong>entalreaktor ITER, soll erstmals<br />

deutlich mehr Fusionsleistung erzeugt werden als <strong>zur</strong><br />

Erhitzung des Plasma aufgewendet werden muss.<br />

Nach Auswertung des ITER-Exper<strong>im</strong>ents könnte in<br />

rund 25 Jahren mit dem Bau eines ersten Prototyp-<br />

Fusionskraftwerks begonnen werden, mit kommerziellen<br />

Kraftwerken wäre in etwa 50 Jahren zu rechnen<br />

(Bosch und Bradshaw, 2001). Die elektrische<br />

Leistung solcher Fusionskraftwerke wird nach ersten<br />

heutigen Studien 1–2 GW betragen. Der Wirkungsgrad<br />

der Stromerzeugung könnte bei wassergekühlten<br />

Kraftwerken wahrscheinlich 33% betragen und<br />

bei Helium gekühlten Kraftwerken zwischen 38–<br />

44% liegen. Die Kosten der Fusion lassen sich, da<br />

noch keine Pilotanlagen existieren, heute nur mit<br />

extrem hohen Unsicherheiten angeben.<br />

3.2.2.3<br />

Umwelt- und Sozialfolgen<br />

2000 2020 2050<br />

Wichtigste Technologie LWR LWR, HTR auch schnelle kritische und<br />

unterkritische Anlagen<br />

Wirkungsgrad [%] 30–35 40–45 60 (mit nuklearem GuD-<br />

Zyklus)<br />

Hochaktive und langlebige<br />

mittelaktive Abfälle.<br />

[mg/kWh]<br />

Produktionskosten<br />

[€-Cent/kWh]<br />

Sicherheit und gesellschaftspolitische<br />

Akzeptanz<br />

Der <strong>WBGU</strong> hat in seinem Gutachten 1998 die Kerntechnik<br />

zu den Technologien gezählt, die bei den globalen<br />

Umweltrisiken <strong>im</strong> Grenzbereich zwischen<br />

Normal- und Verbotsbereich liegen (<strong>WBGU</strong>, 1999).<br />

Die Zahl der jährlich weltweit ans Netz gehenden<br />

Kernkraftwerke erreichte in den Jahren 1984 und<br />

1985 mit über 30 den bisherigen Höhepunkt. Schon<br />

vor dem Unfall von Chernobyl 1986 gab es Länder,<br />

die die Atomkraft aus grundsätzlichen Erwägungen<br />

als inakzeptabel erachteten. In Österreich verhinderte<br />

1978 ein Volksentscheid einen Einstieg in diese<br />

Technologie. Nach dem Unfall von Chernobyl wuchs<br />

9–11 2,4 0,5 (mit weitgehender<br />

Abtrennung und Transmutation<br />

von Actiniden)<br />

3–5 < 4 k. A.<br />

Leistungsbereich [MW el ] 1.000–1.500 150–1.500 (150–1.500)<br />

Tabelle 3.2-3<br />

Heutige und mögliche<br />

Weiterentwicklung der<br />

Kernspaltungstechnologien.<br />

„Schnell“ meint hier<br />

energiereiche „schnelle“<br />

Neutronen. „Unterkritische“<br />

Reaktoren benötigen <strong>zur</strong><br />

Aufrechterhaltung einer<br />

Kettenreaktion eine externe<br />

Neutronenzufuhr. LWR<br />

Leichtwasserreaktor. HTR<br />

Hochtemperaturreaktor.<br />

Quelle: Kröger, persönl.<br />

Mitteilung, 2002<br />

die Skepsis der Bevölkerung gegenüber der Kernkraft.<br />

Daraufhin ging die Zahl der weltweit jährlich<br />

ans Netz gehenden Reaktoren stetig <strong>zur</strong>ück, in einigen<br />

Ländern wurde der Ausstieg aus der nuklearen<br />

Energietechnologie beschlossen (z. B. Deutschland,<br />

Belgien, Schweden).<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

In liberalisierten Märkten sind es private Investoren,<br />

die die Erzeugungsseite des Stromsektors best<strong>im</strong>men.<br />

Für sie wird Kernenergie aus mehreren Gründen<br />

zunehmend unattraktiv:<br />

• Das Verhältnis von Kapital- zu Betriebskosten ist<br />

bei Kernkraft ungünstiger als bei anderen konventionellen<br />

Energieträgern (verzögerte Rendite).<br />

Analysen zeigen, dass von wenigen Ausnahmen<br />

abgesehen Strom aus Kernkraftwerken in<br />

OECD-Ländern wegen der hohen Kapitalkosten<br />

teurer ist als der aus Kohle- oder Gaskraftwerken<br />

(IEA, 1998; COM, 2000).<br />

• Die hohen absoluten Investitionskosten machen<br />

eine Vielzahl von Vertragsparteien notwendig, die<br />

zu komplexen Investitions- und Verwaltungsstrukturen<br />

führen. Die Sicherheitsbest<strong>im</strong>mungen<br />

erfordern lange Genehmigungsfristen für die<br />

Industrie.<br />

• Wenn sich die Betreiber von Kernkraftwerken<br />

ähnlich wie die Betreiber von fossilen Anlagen<br />

gegen alle auftretenden Risiken versichern müssten,<br />

könnte dies zu extrem hohen finanziellen<br />

Belastungen für die Betreiber führen.<br />

Entwicklungsländer<br />

Bisher ist die Kernkraft in Entwicklungsländern aus<br />

folgenden Gründen kaum genutzt worden:<br />

• Die häufig dezentrale Versorgungsstruktur passt<br />

nicht zu dem zentralisierten Versorgungssystem,<br />

das für die Kernenergienutzung wegen der Kraftwerksgrößen<br />

<strong>im</strong> Gigawatt-Bereich derzeit charakteristisch<br />

ist.<br />

• Bau, Wartung und Betrieb kerntechnischer Anlagen<br />

erfordern strenge sicherheitstechnische Vorgaben,<br />

gutes Management und Kontrolle. Die

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