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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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eschränkt. Die weltweit 3,2 Mio. t Uranreserven<br />

(Kilopreis unter 130 US-$; UNDP et al., 2000) werden<br />

bei gegenwärtigem Verbrauch knapp 60 Jahre<br />

reichen. Berücksichtigt man auch die vermuteten<br />

Ressourcen, so steigt das weltweite Vorkommen auf<br />

ca. 20 Mio. t, also auf etwa 360 Jahre Reichweite bei<br />

gegenwärtigem Verbrauch. Dies entspräche einer<br />

Stromproduktion von etwa 3.200 EJ. Diese Reichweite<br />

ließe sich erheblich steigern, wenn es gelänge,<br />

das in Meerwasser gelöste Uran <strong>zur</strong> Energiegewinnung<br />

zu nutzen (Urankonzentration 3 mg pro t, insgesamt<br />

ca. 4,5 Mrd. t). Die großtechnische Anwendbarkeit<br />

entsprechender Extraktionsverfahren wurde<br />

jedoch noch nicht bewiesen. Die Thoriumreserven<br />

und -ressourcen werden unter Auslassung nicht<br />

näher quantifizierter Vorkommen in China und in<br />

der GUS auf rund 4,5 Mio. t geschätzt.<br />

Plutonium kommt in der Natur praktisch nicht<br />

vor, entsteht jedoch <strong>im</strong> Uran-Kernreaktor. Durch<br />

Wiederaufarbeitung kann es z. B. in Mischoxid<br />

(MOX)-Brennelementen wieder als Reaktorbrennstoff<br />

eingesetzt werden, wodurch sich rund ein Drittel<br />

des verwendeten Natururans ersetzen lässt.<br />

Ebenso kann Plutonium aus Kernwaffen dem zivilen<br />

Brennstoffkreislauf wieder zugeführt werden, so<br />

dass sich auch hier Verlängerungen der Reichweiten<br />

ergeben.<br />

Die oben diskutierten Reichweiten ließen sich bei<br />

Einsatz von Brütertechnologien stark erhöhen.<br />

Diese werden jedoch derzeit nirgendwo beherrscht.<br />

Der zugrundeliegende Prozess ist die Bildung spaltbaren<br />

Plutoniums aus dem stabilen Uran-Isotop U-<br />

238. Auf diese Weise kann 50- bis 100-mal mehr<br />

Energie aus 1 kg Natururan gewonnen werden.<br />

Neben den ungelösten technologischen Problemen<br />

muss in diesem Zusammenhang allerdings auch das<br />

besondere Proliferationsrisiko bei der Erzeugung<br />

solch großer Mengen Plutoniums betont werden<br />

(Kap. 3.2.2.3).<br />

Kernfusion<br />

Bei der Fusion leichter Atomkerne wird Energie frei.<br />

Während der „Fusionsreaktor“ der Sonne normalen<br />

Wasserstoff verwendet, ist für entsprechende technologische<br />

Prozesse auf der Erde die Verschmelzung<br />

der Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium zu<br />

Helium vorgesehen. Für eine hypothetische künftige<br />

Nutzung der Kernfusion <strong>zur</strong> Deckung eines weltweiten<br />

Strombedarfs in Höhe des derzeitigen Gesamtbedarfs<br />

von 15 PWh pro Jahr würden pro Jahr etwa<br />

600 t Deuterium und 900 t Tritium an Fusionsbrennstoffen<br />

sowie 2.000 t Lithium zum Erbrüten von Tritium<br />

benötigt. Die Deuteriumvorräte <strong>im</strong> Meerwasser<br />

(33 g pro t) würden bei Deckung des gegenwärtigen<br />

Stromverbrauchs durch Kernfusion einige Milliarden<br />

Jahre reichen, die Lithiumvorräte in der Erd-<br />

Energieträger 3.2<br />

kruste (<strong>im</strong> Mittel 170 g pro m 3 Gestein) einige tausend<br />

Jahre, aber bei Nutzung des <strong>im</strong> Meerwasser<br />

gelösten Lithiums einige Millionen Jahre. Die theoretischen<br />

Potenziale der Kernfusion sind daher<br />

nahezu unbegrenzt. Da die Kraftwerke – wenn überhaupt<br />

– frühestens in der zweiten Hälfte unseres<br />

Jahrhunderts <strong>zur</strong> Verfügung stehen werden und<br />

zudem ein ebenfalls beträchtliches Gefährdungspotenzial<br />

absehbar ist (s. unten), ist es nach Ansicht des<br />

<strong>WBGU</strong> nicht zu verantworten, zukünftige Energiestrategien<br />

heute auch nur teilweise auf der Kernfusion<br />

basieren zu lassen.<br />

3.2.2.2<br />

Technik/Konversion<br />

Kernspaltung<br />

88% der weltweit installierten Kernkraftwerksleistung<br />

entfallen auf Leichtwasserreaktoren, wobei drei<br />

verschiedene Reaktortypen besonders hervorzuheben<br />

sind: Druckwasserreaktor, Siedewasserreaktor<br />

und der russische graphitmoderierte Siedewasser-<br />

Druckröhrenreaktor (RBMK; Tab. 3.2-3). Diese<br />

Typen erreichen heute elektrische Wirkungsgrade<br />

von 30–35% (Wärme zu Strom). Unter anderem sind<br />

folgende Steigerungen der Wirtschaftlichkeit und<br />

Sicherheit geplant:<br />

• Bei wassergekühlten Reaktoren geht es vor allem<br />

um die Einführung so genannter passiver Sicherheitssysteme.<br />

• Bei gasgekühlten Reaktoren geht es darum, die<br />

Sicherheitseigenschaften keramisch beschichteter<br />

Brennstoffpartikel auszunutzen und bei weit<br />

höheren Betriebstemperaturen höhere Wirkungsgrade<br />

sowie Prozesswärmenutzung zu realisieren.<br />

Die bis vor wenigen Jahren noch von einigen Ländern<br />

verfolgte Weiterentwicklung des Brutreaktors<br />

wurde inzwischen aus Sicherheits- und Kostengründen<br />

weitgehend eingestellt.<br />

Kernfusion<br />

Um die Energie liefernden Verschmelzungsreaktionen<br />

zwischen den beiden Wasserstoff-Isotopen<br />

Deuterium und Tritium auszulösen, müssen Temperatur<br />

und Dichte des Brennstoffs best<strong>im</strong>mte Werte<br />

überschreiten (Hamacher und Bradshaw, 2001).<br />

<strong>Welt</strong>weit werden dabei zwei Konzepte verfolgt: magnetischer<br />

Einschluss des Brennstoffs und Trägheitsfusion.<br />

Im ersteren Fall schließen starke Magnetfelder<br />

den Brennstoff als heißes Plasma ein und halten<br />

ihn von den Wänden fern. Bei der Trägheitsfusion<br />

werden kleine Brennstoffkügelchen durch Beschuss<br />

mit Teilchen oder durch elektromagnetische Wellen<br />

<strong>zur</strong> Implosion gebracht.<br />

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