Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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52 3 Technologien und nachhaltige Potenziale<br />
Luftverschmutzung löst eine Reihe akuter und<br />
chronischer Krankheiten aus wie z. B. Atemwegserkrankungen<br />
(Asthma, Lungenirritationen und<br />
-krebs) und Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.<br />
Nach Aussage der <strong>Welt</strong>gesundheitsorganisation<br />
(WHO, 2000, 2002b)<br />
• gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen<br />
Mortalitätsraten und der täglichen Exposition mit<br />
Aerosolteilchen. Jährlich sterben 0,8 Mio. Menschen<br />
an den Folgen städtischer Luftverschmutzung;<br />
• wird die Lebenserwartung in einer Bevölkerung,<br />
die hohen Konzentrationen von Partikeln in der<br />
Luft ausgesetzt ist, erheblich verringert;<br />
• müssen in stark belasteten Regionen 30–40% der<br />
Asthmafälle und 20–30% aller Atemwegserkrankungen<br />
der Luftverschmutzung zugerechnet werden.<br />
3.2.1.4<br />
Bewertung<br />
Die Folgen der Förderung, des Transports und vor<br />
allem der Nutzung fossiler Energieträger betreffen<br />
heute jeden Menschen auf der Erde.Viele erkranken<br />
direkt durch das Einatmen von Luftschadstoffen, alle<br />
sind dem Kl<strong>im</strong>awandel mit zunehmenden Extremwetterereignissen<br />
ausgesetzt. Auch die Ökosysteme<br />
nehmen schweren Schaden, von Ölkatastrophen aus<br />
Tankerunfällen bis hin <strong>zur</strong> Versauerung von Binnengewässern.<br />
Am schwersten wiegen die Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels,<br />
die bei ungemindert fortgesetzter Nutzung fossiler<br />
Brennstoffe zu befürchten sind (Kap. 4.3.1.2).<br />
Die vorhandenen Reserven fossiler Energieträger<br />
werden nicht annähernd ausgenutzt werden können,<br />
da die Emissionen von Kohlendioxid wegen ihrer<br />
Kl<strong>im</strong>awirksamkeit begrenzt werden müssen und<br />
einer Speicherung von Kohlendioxid aus technischen<br />
und ökonomischen Gründen enge Grenzen gesetzt<br />
sind (Kap. 3.6). Um eine Stabilisierung der Kohlendioxidkonzentration<br />
gemäß Art. 2 der UN-Kl<strong>im</strong>arahmenkonvention<br />
zu erreichen und zu erhalten,<br />
müssen die anthropogenen Emissionen langfristig –<br />
<strong>im</strong> Zeitraum von Jahrhunderten – auf ein so niedriges<br />
Niveau <strong>zur</strong>ückgehen, dass sie durch persistente<br />
natürliche Senken aufgenommen werden können.<br />
Diese werden als sehr gering eingeschätzt (weniger<br />
als 0,2 Gt C pro Jahr, <strong>im</strong> Vergleich zu 6,3 Gt C pro<br />
Jahr Emissionen aus fossilen Brennstoffen und<br />
Zement, gemittelt über die 90er Jahre; IPCC, 2001a).<br />
Daher muss aus Sicht des <strong>WBGU</strong> langfristig eine<br />
Abkehr von den fossilen Energieträgern erfolgen.<br />
Dieses Ziel bis 2100 zu erreichen, ist allerdings unre-<br />
alistisch und für eine Stabilisierung der CO 2 -Konzentration<br />
auch nicht notwendig.<br />
Kurzfristig sind bessere Umweltstandards,<br />
umweltschonendere Abbau-, Transport- und Nutzungstechniken<br />
wichtige Elemente des Umweltschutzes.<br />
Erforderlich sind das rechtzeitige Umsteuern<br />
zu zukunftsfähigen Brückentechnologien (z. B.<br />
der Substitution von Kohle und Erdöl durch Erdgas),<br />
die Investition in erhöhte Effizienz bei Energieumwandlung<br />
und Endnutzung sowie längerfristig die<br />
Substitution fossiler durch erneuerbare Energieträger<br />
(Kap. 4).<br />
3.2.2<br />
Kernenergie<br />
3.2.2.1<br />
Potenziale<br />
Kernspaltung<br />
Bei der Spaltung schwerer Atomkerne wird Energie<br />
frei. Einige der schweren chemischen Elemente<br />
eröffnen dabei die Möglichkeit einer kontrollierten<br />
Kettenreaktion, die die Freisetzung sehr großer<br />
Energiemengen aus kleinen Spaltstoffmengen<br />
erlaubt. In Kernkraftwerken wird daraus zunächst<br />
Wärme und schließlich Elektrizität gewonnen. Die<br />
heutige Kerntechnik basiert auf Uran als spaltbarem<br />
Material, wobei das nur zu 0,7% <strong>im</strong> Natururan enthaltene<br />
radioaktive Isotop U-235 als Brennstoff eingesetzt<br />
wird. Im Kernreaktor wird daraus unter Neutronenbeschuss<br />
auch das ebenfalls spaltbare Plutonium<br />
gebildet. Die in einem üblichen Kernreaktor<br />
freigesetzte Bindungsenergie der Atomkerne<br />
stammt daher aus der Spaltung von Uran und Plutonium.<br />
Um eine umfassende Abschätzung des Potenzials<br />
der Kernenergie vorzunehmen, muss neben<br />
Uran und Plutonium auch Thorium betrachtet werden,<br />
weil auch dessen spontane Spaltung eine Kettenreaktion<br />
auslösen kann, wozu allerdings andere<br />
als die derzeit verwendeten Reaktortypen benötigt<br />
würden.<br />
Derzeit werden weltweit in 440 Kernkraftwerken<br />
(hauptsächlich Leichtwasser-Reaktoren, LWR) mit<br />
einer installierten elektrischen Leistung von 354 GW<br />
bei einer mittleren Nutzungsdauer (bezogen auf<br />
Vollzeitbetrieb mit Nennleistung) von etwa 80%<br />
jährlich 2,5 PWh elektrische Energie erzeugt, das<br />
sind 17% der weltweiten Stromerzeugung. Aus 22 t<br />
(Natur)uran werden etwa 1 TWh Strom gewonnen<br />
(UNDP et al., 2000), was zu einem jährlichen Bedarf<br />
von rund 55.000 t Natururan führt. Die Nutzung der<br />
Kernspaltungsenergie ist in ihrer heutigen Form also<br />
durch die natürlichen Uranvorkommen auf der Erde