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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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32 2 Energiesysteme in Gesellschaft und Wirtschaft<br />

der politischen Elite (in Form staatlicher Beteiligungen<br />

bzw. durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen<br />

an vormals staatliche Akteure des energiewirtschaftlichen<br />

Komplexes). Zugleich wurden die Möglichkeiten<br />

<strong>zur</strong> Beteiligung ausländischer Investoren<br />

eng begrenzt.<br />

Der Restrukturierungsprozess der Energiewirtschaft<br />

könnte beschleunigt werden, wenn Russland<br />

in den nächsten Jahren der <strong>Welt</strong>handelsorganisation<br />

(WTO) beitreten sollte. Die Gesetzgebung und Praktiken<br />

in den Bereichen der Industriesubventionen,<br />

der Besteuerung und der Zollpolitik entsprechen<br />

derzeit nicht deren Anforderungen. Es kann davon<br />

ausgegangen werden, dass eine Anpassung an die<br />

WTO-Bedingungen zu einer höheren Wettbewerbsintensität<br />

<strong>im</strong> Energiesektor und damit zum Abbau<br />

bestehender Ineffizienzen beitragen würde. Zugleich<br />

würde auch die Attraktivität für ausländische<br />

Direktinvestitionen erhöht (EBRD, 2001; CEFIR<br />

und Club 2015, 2001).<br />

2.6<br />

Wirtschaftliche und geopolitische<br />

Rahmenbedingungen<br />

Die zunehmenden Verflechtungen in einer globalisierten<br />

<strong>Welt</strong> sowie die weltpolitischen Umbrüche seit<br />

Anfang der 1990er Jahre haben die Rahmenbedingungen<br />

der globalen Energiepolitik fundamental<br />

verändert. Zum einen zieht die verstärkte Integration<br />

der <strong>Welt</strong>wirtschaft einen steigenden Energiebedarf<br />

für den Transport und Austausch von Waren,<br />

Dienstleistungen und Menschen nach sich. Zum<br />

anderen ermöglicht das Ende des Kalten Krieges die<br />

grenzenlose Erschließung von Energieressourcen –<br />

selbst in Regionen, die bisher für die transnationalen<br />

Unternehmen des Westens nur schwer oder überhaupt<br />

nicht zugänglich waren.<br />

2.6.1<br />

Globalisierung als neue Rahmenbedingung<br />

energiepolitischen Handelns<br />

Für den Energiesektor ist die Globalisierung nicht<br />

neu. Die Internationalisierung von Märkten und<br />

Marktakteuren fand als Erstes <strong>im</strong> Energiebereich<br />

statt und ist dort am weitesten fortgeschritten<br />

(Enquete-Kommission, 2001). Weil Gewinnung von<br />

Energieträgern, Umwandlung und Einsatz von Energie<br />

häufig geographisch weit getrennt sind, hat dieser<br />

Sektor schon <strong>im</strong>mer eine treibende Rolle bei der<br />

Vertiefung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen<br />

gespielt. Die Liberalisierung der leitungsgebundenen<br />

Energien in zahlreichen Ländern hat den<br />

internationalen Handel mit Energie weiter wachsen<br />

lassen.<br />

Im Hinblick auf die Wirkungen des <strong>Welt</strong>handels<br />

auf Energieversorgung und -nutzung ist zu berücksichtigen,<br />

dass die weltwirtschaftliche Vernetzung<br />

den Transfer von Standards für Energieeffizienz,<br />

Produkte, Technologien, Produktionsprozesse und<br />

Managementsysteme erleichtert. Für diese D<strong>im</strong>ension<br />

der Globalisierung spielen die ausländischen<br />

Direktinvestitionen der Industrieländer in den übrigen<br />

<strong>Welt</strong>regionen eine wichtige Rolle. Diese sind in<br />

den 1990er Jahren stark angewachsen: Betrugen die<br />

globalen ausländischen Direktinvestitionen (Zuund<br />

Abflüsse) <strong>im</strong> Jahr 1990 2,7% des globalen BSP,<br />

so ist die entsprechende Quote elf Jahre später auf<br />

mehr als den doppelten Wert (4,3%) geklettert<br />

(UNCTAD, 2002).<br />

Die Globalisierung des <strong>Welt</strong>handels fördert einerseits<br />

die Exportmöglichkeiten für Anlagen <strong>zur</strong><br />

Erzeugung erneuerbarer Energien. Andererseits<br />

besteht die Gefahr, dass minderwertige, energieineffiziente<br />

Technologien und Produkte, z. B. veraltete<br />

Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen, in Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern exportiert werden und<br />

so die Energieeffizienz negativ beeinflussen (Enquete-Kommission,<br />

2001).<br />

Neben den wachsenden Warenströmen haben die<br />

Transportleistungen von Personen, insbesondere <strong>im</strong><br />

Flugverkehr, einen unmittelbaren Einfluss auf den<br />

Energiesektor. Seit 1968 hat sich die Zahl der Flugtouristen<br />

von 131 Mio. auf 693 Mio. <strong>im</strong> Jahr 2001<br />

mehr als verfünffacht (World Tourism Organization,<br />

2002), bis zum Jahr 2020 werden 1,6 Mrd. Touristen<br />

erwartet. Das Nachfragewachstum <strong>im</strong> <strong>Welt</strong>luftverkehr<br />

beträgt derzeit 4–6% pro Jahr (Lee et al., 2001).<br />

Es wird erwartet, dass sich der Anteil des Flugverkehrs<br />

am gesamten Passagiertransportvolumen bis<br />

2050 <strong>im</strong> Vergleich zu 1990 von 9 auf 36% vervierfacht<br />

(<strong>WBGU</strong>, 2002).<br />

Eine weitere energierelevante Erscheinungsform<br />

der Globalisierung ist der Transfer westlicher<br />

Lebensstile in die weniger industrialisierten <strong>Welt</strong>regionen,<br />

der unter anderem durch global agierende<br />

Medienkonzerne und die Unterhaltungsindustrie<br />

vorangetrieben wird. Eine charakteristische Folge<br />

dieses Transfers ist die Veränderung von Konsumstrukturen,<br />

die sich u.a. in der Zunahme des Energieeinsatzes<br />

in Privathaushalten, vor allem be<strong>im</strong> Wohnen<br />

(Wohnfläche, Kühlung) und der Ausstattung mit<br />

elektrischen Haushalts- und Kommunikationsgeräten<br />

zeigt, sich aber auch auf Mobilität und Freizeitverhalten<br />

auswirkt.

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