Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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Janeiro, 1992) geforderte Entwicklung nachhaltiger<br />
Konsummuster kann zu einem großen Teil durch<br />
Effizienzmaßnahmen auf der Nachfrageseite verwirklicht<br />
werden. Ergänzend ist aber auch eine veränderte<br />
Einstellung der Konsumenten und ein <strong>Wandel</strong><br />
des „westlich-industrialisierten Lebensstils“ notwendig.<br />
Hierbei geht es über Energieeffizienz hinaus<br />
um die Möglichkeit einer Senkung der Energienachfrage<br />
(Suffizienzdebatte), der jedoch erhebliche Barrieren<br />
entgegenstehen. Um sozialverträgliche Optionen<br />
zum Abbau diese Barrieren zu entwickeln, sollte<br />
am Thema „Lebensstile“ angesetzt werden, das <strong>im</strong><br />
globalen Maßstab bisher nicht systematisch untersucht<br />
wurde. Hier besteht ein großer Forschungsbedarf.<br />
Angesichts der un<strong>zur</strong>eichenden Umsetzung<br />
internationaler Beschlüsse <strong>zur</strong> konsumentenorientierten<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong>spolitik ist ebenfalls unklar,<br />
welche politischen Lösungen für die Konsummuster<br />
auf globaler Ebene weiter zu verfolgen sind. Hier<br />
sollte weiter geforscht werden, um die Richtlinien für<br />
nachhaltigen Konsum besser zu gestalten und umzusetzen<br />
(UNEP, 2002).<br />
Es besteht noch große Unklarheit, wie die Verfügbarkeit<br />
von Information, der Energiebedarf und die<br />
Wirtschaftsleistung zusammenhängen. So ist z. B. bisher<br />
die Frage unbeantwortet, ob die „New Economy“<br />
zu einer Senkung des Energiebedarfs der Privatwirtschaft<br />
geführt hat. Eine empirische Untersuchung<br />
in den USA hat einen solchen Trend Ende der<br />
1990er entdeckt, aber die Kausalität nicht eindeutig<br />
belegen können (Sanstad, 2002). Diese Debatte<br />
knüpft an die Fragen der Dematerialisierung der<br />
Ökonomie und der wachsenden Dienstleistungsgesellschaft<br />
an. Beides sind variable Größen mit widersprüchlichen<br />
Auswirkungen auf die Energienachfrage.<br />
Mehr Wissen über diese Zusammenhänge ist<br />
für zielführende Gestaltungsempfehlungen für den<br />
Übergang zu nachhaltigen Energiesystemen unerlässlich.<br />
Instrumente der direkten Förderung<br />
erneuerbarer Energien<br />
Zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien<br />
existiert eine Bandbreite möglicher Fördermechanismen.<br />
Obwohl die einzelnen Mechanismen in den<br />
Industrieländern breit diskutiert werden, besteht<br />
weiterhin Forschungsbedarf über die langfristige<br />
Wirkung dieser Instrumente und ihre Übertragbarkeit<br />
in andere Ländergruppen oder auf die globale<br />
Ebene. Zu untersuchen wären mögliche Verknüpfungen<br />
der Instrumente in einem Bündel von Politiken<br />
(etwa Abgaben und Quoten für jeweils unterschiedliche<br />
Sektoren). Dabei ist auch näher zu prüfen, in<br />
welcher Beziehung verschiedene Instrumente zueinander<br />
stehen, also ob etwa eine Kombination verschiedener<br />
Instrumente in einem Sektor, Energie-<br />
Gesellschaftswissenschaftliche Forschung 6.2<br />
oder Technologiebereich möglich bzw. sinnvoll ist,<br />
oder ob die Anwendung eines Instruments die<br />
Anwendung anderer Maßnahmen ausschließt (z. B.<br />
CO 2 - bzw. Energiesteuer und Green Energy Certificates).<br />
Gerade für den Transformationsprozess ist<br />
von Interesse, inwieweit für den Einsatz der Instrumente<br />
ein „Förderfahrplan“ allgemein gültig aufgestellt<br />
werden kann und ein Instrumentenwechsel <strong>im</strong><br />
Zeitablauf planbar erscheint (z. B. Anschubfinanzierung<br />
durch Preisinstrumente wie staatliche Subventionen<br />
oder Einspeisevergütungen, langfristig selektiver<br />
Übergang zu Mengeninstrumenten wie Quoten<br />
und Green Energy Certificates). Bei der Förderung<br />
der Elektrizitätsversorgung darf der ökonomischtechnische<br />
Aspekt der Einbindung erneuerbarer<br />
Energien in Netzverbünde nicht außer Acht gelassen<br />
werden (Eignung für dezentrale Einspeisung mit<br />
hohen Investitions- und Betriebskosten, ungleichmäßig<br />
schwankende Leistungsabgabe; Kap. 3.4.3). Hier<br />
sind noch erhebliche Forschungsanstrengungen,<br />
etwa <strong>zur</strong> Ausgestaltung verteilter Kraftwerke oder<br />
dezentraler Einspeisestrukturen und deren langfristiger<br />
Wirkung, einschließlich soziökonomischer<br />
Effekte, erforderlich.<br />
Geopolitischer Forschungsbedarf<br />
Die geopolitische Forschung hinkt in Deutschland<br />
weit hinter internationalen Standards her. Es gibt in<br />
anderen westlichen Ländern Forschungszentren und<br />
spezialisierte Zeitschriften <strong>zur</strong> Geopolitik, aber nicht<br />
in Deutschland. Zwar hat sich die Friedens- und Konfliktforschung<br />
seit den 1990er Jahren zunehmend<br />
auch mit inner- und zwischenstaatlichen Ressourcenkonflikten<br />
und ihren Friedensgefährdungen beschäftigt.<br />
Solange aber die hohe Abhängigkeit von Energie<strong>im</strong>porten<br />
relativ leicht über den Markt gelöst werden<br />
konnte, keine Knappheitsprobleme zu erkennen<br />
waren, und die USA politisch und militärisch auch<br />
für die Ressourcensicherheit Westeuropas und<br />
Japans sorgten, fehlte der sicherheitspolitischen Forschung<br />
und Forschungsförderung das vitale Interesse<br />
an einer Geopolitik der Ressourcensicherheit. Sie<br />
war eher ein Randthema der nach dem Ende des<br />
Kalten Krieges aufkommenden Debatte über „neue<br />
Bedrohungen“ und über den Begriff der „erweiterten<br />
Sicherheit“.<br />
Es besteht ein großer Forschungsbedarf, aber es<br />
fehlen in Deutschland Forschungsressourcen, auch<br />
<strong>im</strong> Vergleich zu Frankreich und Großbritannien, die<br />
beide eine Tradition und noch <strong>im</strong>mer eine Ambition<br />
der Globalpolitik haben.Während sich in diesen beiden<br />
Ländern etwa 2.500–3.000 (in den USA sogar um<br />
10.000) Forscher mit internationalen Fragen beschäftigen,<br />
sind es in Deutschland gerade 250–300.<br />
Zentrale Forschungsfragen aus deutscher und<br />
europäischer Perspektive sind:<br />
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