Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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der Basis erneuerbarer Energiequellen bereitgestellt<br />
werden sollen. Diese Energiemenge entspricht etwa<br />
dem 8fachen des heutigen gesamten Stromverbrauchs<br />
der Europäischen Union. Es ist daher sinnvoll,<br />
mittelfristig auch die Solar- und Windenergie<br />
Nordafrikas in die europäische Energieversorgung<br />
einzubeziehen. Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt, eine strategische<br />
Energiepartnerschaft zwischen der EU und<br />
Nordafrika aufzubauen. Für Europa wäre dies nicht<br />
nur ein kostengünstiger Weg zu erneuerbarer Energie<br />
in für den Kl<strong>im</strong>aschutz relevantem Umfang, sondern<br />
auch ein wichtiger Schritt hin zu einer vertieften<br />
wirtschaftlichen und außenpolitischen Kooperation<br />
mit Nordafrika. Für Nordafrika liegt in einer solchen<br />
Partnerschaft die Chance, Kl<strong>im</strong>aschutz mit industrieller<br />
und sozialer Entwicklung zu verbinden. Die<br />
Energiepartnerschaft könnte ein Motor der Entwicklung<br />
in der Region werden. Zu einer entsprechenden<br />
Strategie zählen drei zentrale Elemente:<br />
1. der Bau großer Kraftwerke für erneuerbar hergestellten<br />
Strom in Nordafrika;<br />
2. die Bereitstellung von Übertragungskapazitäten<br />
ins europäische Verbundnetz;<br />
3. der Aufbau einer europäischen Anlaufstelle für<br />
die nordafrikanischen Projektpartner und die<br />
europäischen Investoren.<br />
Anhand von Modellprojekten könnte die Machbarkeit<br />
einer Energieversorgung durch erneuerbare<br />
Energien mit Gegenwartstechnologien demonstriert,<br />
Barrieren identifiziert und überwunden sowie<br />
die benötigten Strukturen <strong>im</strong> Vorfeld privatwirtschaftlichen<br />
Engagements entwickelt werden. Um<br />
Lerneffekte zu erzeugen und zu nutzen, sollten die<br />
Vorhaben eine starke begleitende Forschungskomponente<br />
enthalten. Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt neben der<br />
Gründung einer Koordinierungsinstitution auf europäischer<br />
Ebene die Umsetzung folgender Modellprojekte:<br />
• Planung und Ausschreibung von je einem großskaligen<br />
photovoltaischen und solarthermischen<br />
Kraftwerk in Zusammenarbeit mit einem oder<br />
mehreren nordafrikanischen Ländern;<br />
• Planung und Ausschreibung einer Groß-Windfarm<br />
in Zusammenarbeit mit einem oder mehreren<br />
nordafrikanischen Ländern;<br />
• Planung und Ausschreibung einer Übertragungsleitung<br />
von Nordafrika nach Europa;<br />
• Die Leistung der solaren und Wind-Stomerzeugung<br />
sollte an die min<strong>im</strong>al sinnvolle Übertragungskapazität<br />
des Stromtransports angepasst<br />
werden. Die Kraftwerke sollten ggf. in Subeinheiten<br />
unterteilt werden. Eine Verwendung des<br />
erzeugten Stromes für lokale Anwendungen ist<br />
vorzusehen.<br />
Die EU sollte – sofern sie sich wettbewerbsrechtlich<br />
dazu in der Lage sieht – das Projektpaket über zeit-<br />
Handlungsempfehlungen für die globale Ebene 5.3<br />
lich befristete Stromabnahmevereinbarungen zu<br />
garantierten Preisen wirtschaftlich ausreichend<br />
attraktiv gestalten, um private Unternehmungen für<br />
die Umsetzung zu gewinnen. Wichtig ist es zudem,<br />
die politischen und diplomatischen Voraussetzungen<br />
für die strategische Partnerschaft zu schaffen, dies<br />
könnte <strong>im</strong> Rahmen der derzeit verhandelten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen<br />
der EU mit den<br />
AKP-Staaten geschehen.<br />
Dezentrale Energieversorgung durch<br />
kl<strong>im</strong>aneutrales Flüssiggas<br />
In Entwicklungsländern stellt die traditionelle Nutzung<br />
von Biomasse oft ein erhebliches Problem dar<br />
(Gesundheitsschäden durch Rauch, Übernutzung<br />
der lokalen Holzvorräte; Kap. 3.2.4.2), das durch die<br />
schrittweise Substitution von Drei-Steine-Herden<br />
durch Flüssiggaskocher entschärft werden könnte.<br />
Jedoch ist der großskalige Einsatz von fossilem Flüssiggas<br />
aus Kl<strong>im</strong>aschutzgründen langfristig nicht als<br />
nachhaltig anzusehen. Es besteht allerdings die Möglichkeit,<br />
diesen Energieträger aus Biomasse zu produzieren:<br />
Über die Umwege der Vergasung oder der<br />
Vergärung/Reformierung lässt sich aus Biomasse<br />
Synthesegas (CO/H 2) gewinnen, das in längerkettige<br />
Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden kann. Es<br />
ließe sich so biogenes Flüssiggas gewinnen. Die entsprechenden<br />
chemischen Prozesse können durch den<br />
Einsatz thermischer Solarenergie unterstützt werden.<br />
Anknüpfungspunkt für ein solches Projekt<br />
könnte die EU-Initiative „Energy Initiative for<br />
Poverty Eradication and Sustainable Development“<br />
sein. Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt<br />
• <strong>im</strong> Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit<br />
die Substitution traditioneller Drei-<br />
Steine-Herde durch Flüssiggaskocher zu initiieren;<br />
• <strong>im</strong> Rahmen einer Forschungskooperation mit<br />
einem Entwicklungsland Anlagen <strong>zur</strong> umweltverträglichen<br />
Synthese von Flüssiggas zu entwickeln,<br />
die an die Bedingungen vor Ort angepasst sind.<br />
Energieeffiziente Gebäude <strong>im</strong><br />
Niedrigkostensektor am Beispiel<br />
südafrikanischer Townships<br />
Seit 1994 wurden in südafrikanischen Townships<br />
über eine Million neuer Wohnungen errichtet, um die<br />
Lebensbedingungen der benachteiligten Bevölkerungsgruppen<br />
zu verbessern. Dabei wurden Aspekte<br />
nachhaltigen Bauens weitgehend vernachlässigt. Beispielsweise<br />
sind Blechdächer ohne Wärmedämmung<br />
die Regel, was unerträgliche Innentemperaturen<br />
sowohl <strong>im</strong> Sommer als auch <strong>im</strong> Winter <strong>zur</strong> Folge hat.<br />
Offene Kohlefeuer verursachen Verschmutzungen,<br />
die bis zum 8fachen über den internationalen Normen<br />
liegen und Gesundheitskosten von 244 Mio. €<br />
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