Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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204 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
• Verpflichtung zum Einsatz der unter den Bedingungen<br />
vor Ort besten verfügbaren Technik;<br />
• Verpflichtung <strong>zur</strong> Einhaltung des nationalen<br />
Umweltrechts des Gastlands einschließlich der<br />
Standards aus internationalen Umweltübereinkommen,<br />
die vom Gastland ratifiziert wurden;<br />
• Verpflichtung <strong>zur</strong> Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />
nach Maßgabe der Standards<br />
der <strong>Welt</strong>bank einschließlich der Entwicklung<br />
von Umweltmanagementplänen <strong>zur</strong> Schadensmin<strong>im</strong>ierung;<br />
• Unterstützung des Transfers umweltrelevanter<br />
Betriebsverfahren und von Technologien und<br />
Management-Know-how;<br />
• Verpflichtung <strong>zur</strong> Identifizierung und Analyse der<br />
für die Umweltauswirkungen wichtigsten Stoffströme<br />
und Lebenszyklusphasen der Produkte;<br />
• Förderung des Umweltbewusstseins der Mitarbeiter<br />
durch deren aktive Einbeziehung bei der Einrichtung<br />
und Umsetzung von Umweltmanagementsystemen.<br />
5.3.6<br />
Ausstieg aus der Kernenergie<br />
Die zivile Nutzung der Atomenergie hat sich in der<br />
Vergangenheit als nicht nachhaltig erwiesen:Wiederaufarbeitung<br />
und Endlagerung aber auch Proliferation<br />
und Terrorismus bergen erhebliches Gefahrenpotenzial.<br />
Die mangelnde Wirtschaftlichkeit in liberalisierten<br />
Energiemärkten und die wachsende Kritik<br />
der Bevölkerung vieler Länder an den Umweltund<br />
Gesundheitsrisiken der Kernkraft haben dazu<br />
geführt, dass die Zahl der jährlich ans Netz gehenden<br />
Kernkraftwerke drastisch <strong>zur</strong>ückgegangen ist (Kap.<br />
3.2.2). Der <strong>WBGU</strong> begrüßt diese Entwicklung und<br />
befürwortet, keine neuen Atomkraftwerke mehr zu<br />
genehmigen und zu bauen. Dazu empfiehlt der Beirat,<br />
rasch Verhandlungen über eine internationale<br />
Vereinbarung zum Ausstieg aus der zivilen Nutzung<br />
der Atomkraft bis 2050 anzustreben. Das Abkommen<br />
soll die Umwandlung der Internationale Atomenergie-Organisation<br />
in eine Abwicklungsbehörde<br />
vorsehen, sowie den Abbau von Subventionen und<br />
Sonderregelungen für die Nuklearindustrie umfassen.<br />
Diese verzerren den energiewirtschaftlichen<br />
Wettbewerb und binden erhebliche finanzielle Mittel<br />
<strong>im</strong> Interesse einer nicht nachhaltigen Industrie, die<br />
somit der Förderung einer nachhaltigen Energiewirtschaft<br />
fehlen (Kap. 5.3.2.3). Der Beirat begrüßt in<br />
diesem Zusammenhang die Empfehlung des deutschen<br />
Bundestags, die Förderung der Atomkraft<br />
durch den Euratom-Vertrag auslaufen zu lassen.<br />
Die problematische Doppelverwertbarkeit der<br />
Nukleartechnologie wird besonders bei der Frage<br />
der Proliferation deutlich. Diese betrifft nicht nur die<br />
Reaktoren, sondern die gesamte Kernenergiekette,<br />
die von der Gewinnung des Urans, über seine<br />
Umwandlung und Nutzung bis hin <strong>zur</strong> Zwischenund<br />
der angestrebten Endlagerung reicht. Durch<br />
„safeguard agreements“ kontrolliert die IAEA die<br />
Nichtverbreitungsverpflichtungen des Atomwaffensperrvertrags<br />
von 1970. Die Entdeckung des he<strong>im</strong>lichen<br />
Kernwaffenprogramms des Iraks nach dem<br />
Golfkrieg 1991 oder die Programme Nordkoreas<br />
haben jedoch deutlich gemacht, dass diese Kontrollsysteme<br />
mangelhaft sind. Durch ein Zusatzprotokoll<br />
hat die Agentur zwar nun das Recht, auch nicht<br />
deklarierte Kernmateralien und -aktivitäten zu<br />
untersuchen. Dieses Protokoll wurde allerdings erst<br />
von 22 Staaten ratifiziert, von denen nur zwei <strong>im</strong><br />
Nuklearbereich aktiv sind (Froggart, 2002). Die Vollmachten<br />
der IAEA reichen nicht aus, da sie die<br />
Weiterverbreitung von Nuklearmaterial erfassen,<br />
nicht jedoch verhindern kann.<br />
Internationale Regelungen <strong>zur</strong> Abwehr von<br />
Nuklearterrorismus greifen bisher zu kurz. Die derzeit<br />
einzige Regelung, das IAEA-Abkommen zum<br />
physischen Schutz von Nuklearmaterialien,<br />
beschränkt sich auf den Schutz internationaler Transporte<br />
gegen Diebstahl. Nach den Anschlägen des 11.<br />
September 2001 unterstützte die Generalversammlung<br />
der IAEA zwar 12 neue Schutzprinzipien,<br />
wandte sich aber gegen jede Form der verpflichtenden<br />
Berichterstattung und internationalen Kontrolle.<br />
Der Beirat empfiehlt daher, bis 2005 schärfere<br />
IAEA-Sicherheitsstandards für alle Plutoniumlagerstätten<br />
einzusetzen und die Kontroll- und Maßnahmenkompetenz<br />
der IAEA bei Sicherheitsbest<strong>im</strong>mungen<br />
<strong>im</strong> Bereich Terrorismus und Proliferation zu<br />
erweitern.<br />
Für den Normalbetrieb ziviler Kernkraftwerke ist<br />
problematisch, dass Sicherheitsniveaus variieren,<br />
ohne dass es einen verbindlichen internationalen<br />
Standard gibt. Der <strong>WBGU</strong> rät, bis 2010 die Sicherheitsstandards<br />
international auf anspruchsvollem<br />
Niveau zu harmonisieren. Außerdem sollten die Versicherungspflichten<br />
bei Kernkraftwerken vollständig<br />
durch die Betreiber getragen und steuerliche Vergünstigungen<br />
abgebaut werden. Anknüpfen könnte<br />
man hier an die zwei Entwürfe der Europäischen<br />
Kommission für Richtlinienvorschläge vom November<br />
2002, die die Sicherheit kerntechnischer Anlagen<br />
und die Entsorgung radioaktiven Abfalls betreffen.<br />
Die langfristige Lösung für die Lagerung des Atommülls<br />
bleibt eine der größten Herausforderungen für<br />
die Kernenergie-Industrie. Derzeit gibt es weltweit<br />
nur drei potenzielle Länder mit Standorten für Endlager:<br />
Finnland, die USA und Russland. Ob diese<br />
Lager je Nuklearabfall aufnehmen können werden,<br />
ist kaum vorherzusagen. Daher empfiehlt der Beirat,