Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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200 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
rem den Schutz technischer Erfindungen (Patente)<br />
und wirkt sich somit auf den internationalen Technologietransfer<br />
aus.<br />
Die Umsetzung von TRIPS hat einerseits den<br />
Transfer patentierter Technologien in die Entwicklungsländer<br />
erschwert, weil die Kosten durch Lizenzgebühren<br />
steigen und Lizenzverhandlungen geführt<br />
werden müssen, für die vielen Unternehmen in Entwicklungsländern<br />
weder die Ressourcen noch das<br />
Wissen besitzen. Außerdem besteht die Gefahr, dass<br />
der Technologietransfer bei sehr restriktiver Lizenzpolitik<br />
des Patentinhabers unterbleibt (Enquete-<br />
Kommission, 2002).<br />
Andererseits weisen empirische Studien darauf<br />
hin, dass Länder mit hohem Patentschutz meist mehr<br />
ausländische Investoren anziehen als andere Länder<br />
(Maskus, 2000), so dass die Einführung westlicher<br />
Patentstandards unter anderem auch den Transfer<br />
von Umweltschutztechnologien fördern dürfte. Darüber<br />
hinaus regt ein wirksamer Patentschutz in Entwicklungsländern<br />
die Unternehmen sowohl <strong>im</strong><br />
Süden als auch <strong>im</strong> Norden zu Forschung und Entwicklung<br />
von Energietechnologien an, die speziell<br />
auf die Bedürfnisse dieser Länder zugeschnitten<br />
sind.Voraussetzung ist allerdings, dass eine kaufkräftige<br />
Nachfrage für die – nunmehr weltweit patentierbaren<br />
– Innovationen existiert. Dies ist jedoch vor<br />
allem in den ärmsten Entwicklungsländern selten<br />
der Fall.<br />
Alles in allem sind die Wirkungen von TRIPS auf<br />
den Transfer ressourcenschonender Energietechnologien<br />
zwiespältig. Daher empfiehlt der Beirat eine<br />
zweigleisige Politik <strong>zur</strong> Steigerung der positiven<br />
Effekte bzw. <strong>zur</strong> Reduzierung der negativen Wirkungen.<br />
Dazu zählt die Schulung von Institutionen und<br />
Unternehmen in Fragen des Patent- und Lizenzwesens<br />
<strong>im</strong> Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Außerdem sieht der Beirat Forschungsbedarf darüber,<br />
welche internationalen Mechanismen geeignet<br />
sind, das Anreizpotenzial des Patentschutzes für<br />
Innovationen, die speziell für Entwicklungsländer<br />
relevant sind, zu steigern und zugleich <strong>zur</strong> Innovationsdiffusion<br />
beizutragen. Zu denken wäre hierbei<br />
z. B. an eine Subventionierung des Erwerbs von<br />
Patenten und Lizenzen für ressourcenschonende<br />
Energietechnologien durch Unternehmen in Entwicklungsländern,<br />
wobei Kriterien und Umfang der<br />
Subventionierung den Innovatoren <strong>im</strong> Voraus in<br />
etwa bekannt sein müssen. In eine ähnliche Richtung<br />
zielt der Vorschlag eines internationalen Patentfonds<br />
(Enquete-Kommission, 2002), der selbst Patente<br />
oder Lizenzen erwirbt, um Lizenzen zu subventionierten<br />
Preisen und nach vereinbarten Kriterien an<br />
Unternehmen oder Institutionen in Entwicklungsländern<br />
zu vergeben. Solche Maßnahmen stünden <strong>im</strong><br />
Einklang mit der Zusage der Industrieländer,<br />
Anreize für Unternehmen und Institutionen vorzusehen,<br />
um den Technologietransfer in die am wenigsten<br />
entwickelten Länder zu fördern und zu unterstützen<br />
(TRIPS Art. 66(2)).<br />
Maßnahmen, die in die Rechte der Patentinhaber<br />
eingreifen, können demgegenüber Konflikte mit den<br />
TRIPS-Best<strong>im</strong>mungen hervorrufen. Dies gilt<br />
besonders für Zwangslizenzen und den Entzug von<br />
Patenten. TRIPS Art. 27(2) räumt die Möglichkeit<br />
ein, Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen,<br />
wenn die „Verhinderung ihrer gewerblichen<br />
Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets ...<br />
<strong>zur</strong> Vermeidung einer ernsten Schädigung der<br />
Umwelt notwendig ist ...“. Außerdem sind Zwangslizenzen<br />
zulässig, wenn der Patentinhaber Lizenzen<br />
verweigert oder wettbewerbswidrige Lizenzierungspraktiken<br />
anwendet (TRIPS Art. 31 u. 40). Schließlich<br />
dürfen WTO-Mitglieder Maßnahmen ergreifen,<br />
die „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und<br />
Ernährung sowie <strong>zur</strong> Förderung des öffentlichen<br />
Interesses in den für ihre sozioökonomische und<br />
technische Entwicklung lebenswichtigen Sektoren<br />
notwendig sind; jedoch müssen diese Maßnahmen<br />
mit diesem Übereinkommen vereinbar sein.“<br />
(TRIPS Art. 8(1)). Die Dehnbarkeit dieser Ausnahmebest<strong>im</strong>mungen<br />
ist umstritten, so dass Streitschlichtungsverfahren<br />
notwendig sein werden, bevor<br />
der Spielraum für umweltpolitisch motivierte<br />
Beschränkungen des Patentschutzes eingeschätzt<br />
werden kann.<br />
Der Beirat erkennt zum jetzigen Zeitpunkt keinen<br />
Reformbedarf des TRIPS, der sich aus dem Ziel<br />
ergeben könnte, die Energiesysteme weltweit zu<br />
transformieren. Er weist aber darauf hin, dass wettbewerbswidriges<br />
Verhalten von Patentinhabern eine<br />
Barriere für die Verbreitung nachhaltiger (Energie-)<br />
Technologien darstellen kann, zu deren Überwindung<br />
Art. 31 u. 40 des TRIPS-Abkommens un<strong>zur</strong>eichend<br />
erscheinen. Unter anderem deshalb empfiehlt<br />
der Beirat, dass sich die Bundesregierung weiterhin<br />
für eine Internationalisierung und schließlich Globalisierung<br />
wettbewerbsrechtlicher Kernprinzipien<br />
einsetzt.<br />
5.3.5.5<br />
Liberalisierung des <strong>Welt</strong>markts für Energiegüter?<br />
Mobile Pr<strong>im</strong>ärenergieträger (insbesondere<br />
Öl und Kohle)<br />
Effizienz- und damit Wohlfahrtsgewinne sprechen<br />
zwar für eine vollständige Integration von Öl und<br />
Kohle in das WTO-Regelwerk, spezifische Interessen<br />
der Export- und Importländer stehen dem aber entgegen.<br />
Die großen Erdölexporteure kontrollieren<br />
derzeit den Preis u. a. über Ausfuhrmengenbeschrän-