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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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198 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />

Kasten 5.3-2<br />

Vereinbarkeit des Kioto-Protokolls mit dem<br />

WTO-Regelwerk<br />

Die Vereinbarkeit der flexiblen Mechanismen des Kioto-<br />

Protokolls mit grundlegenden Verpflichtungen aus dem<br />

WTO-Regelwerk wird zunehmend problematisiert. Der<br />

Beirat ist aber der Auffassung, dass durch eine entsprechende<br />

Ausgestaltung der Instrumente des Kioto-Protokolls<br />

und durch die Weiterentwicklung und Interpretation<br />

des WTO-Regelwerks sowohl der Ansatz des Kioto-Protokolls<br />

als auch die maßgeblichen Prinzipien der WTO<br />

gewährleistet sind.<br />

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es sich nach Auffassung<br />

des Beirats bei den verschiedenen handel- und<br />

übertragbaren Emissionsreduzierungseinheiten nicht um<br />

Waren oder Dienstleistungen <strong>im</strong> Sinn von GATT bzw.<br />

GATS handelt. Emissionsreduzierungseinheiten werden<br />

erst durch gesetzgeberische Maßnahmen oder die <strong>im</strong> Rahmen<br />

des Kioto-Protokolls geschaffenen Institutionen wirksam<br />

und gleichen deshalb einer gesetzlichen Genehmigung,<br />

die grundsätzlich weder von GATT noch von GATS<br />

erfasst wird. Etwas anderes gilt jedoch für Dienstleistungen,<br />

die be<strong>im</strong> Handel mit Emissionsreduzierungseinheiten<br />

oder <strong>im</strong> Rahmen des Verfahrens <strong>zur</strong> Zertifizierung<br />

erbracht werden. Diese werden grundsätzlich vom GATS-<br />

Abkommen erfasst. Aber selbst dann, wenn sich ein WTO-<br />

Mitglied verpflichtet,Anbieter derartiger Dienstleistungen<br />

anderer WTO-Mitglieder gleich zu behandeln (Art. II<br />

GATS) und alle relevanten Regeln vor ihrem In-Kraft-Treten<br />

zu veröffentlichen (Art. III GATS), werden die Verpflichtungen<br />

durch das Kioto-Protokoll nicht berührt.<br />

Ein anderer Konfliktpunkt sind die Einschränkungen<br />

aus dem Subventionsabkommen zu GATT. Während das<br />

Dienstleistungsabkommen bisher keine konkreten Subventionsbeschränkungen<br />

enthält, fallen grundsätzlich<br />

sämtliche finanziellen Transfers und Abgabenverzichte<br />

unter das GATT-Subventionsabkommen. Subventionen<br />

sind demnach grundsätzlich verboten, wenn sie nur einem<br />

best<strong>im</strong>mten Wirtschaftszweig oder Unternehmen zugänglich<br />

sind („Spezifität“) und sie zu einer ernsthaften Schädigung<br />

der Interessen eines anderen Mitgliedsstaaten führen<br />

(Art. 5 Subventionsabkommen).<br />

Im Rahmen des Emissionsrechtehandels stellt sich<br />

damit die Frage, ob alle denkbaren Verfahren bei der Erst-<br />

einbaren lassen. Daher wird befürchtet, dass die<br />

nationale Förderung nachhaltiger Energiesysteme<br />

für zahlreiche einhe<strong>im</strong>ische Unternehmen zu Wettbewerbsnachteilen<br />

auf Inlands- und <strong>Welt</strong>märkten<br />

führt. Dies erhöht zum einen die Anpassungskosten<br />

und mindert die Akzeptanz der Transformationsanstrengungen.<br />

Zum anderen wird die globale ökologische<br />

Wirksamkeit der Förderung nachhaltiger Energieformen<br />

gemindert, da sich andere Länder verstärkt<br />

auf die <strong>im</strong> Inland verteuerten Produkte spezialisieren<br />

werden. Viele Länder sehen wegen der<br />

befürchteten Wettbewerbsnachteile Energiesteuerbefreiungen<br />

für energieintensive Branchen vor. Dies<br />

ist <strong>im</strong> Wesentlichen GATT-konform. Der Beirat<br />

weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass Steuer-<br />

verteilung von Emissionsrechten (freie Verteilung, Versteigerung)<br />

mit dem Subventionsabkommen zu vereinbaren<br />

sind. Die Entscheidung über die Erstallokation trägt starke<br />

regulatorische Züge und ist eher mit der Festlegung von<br />

Emissionsstandards oder einer Besteuerung als mit der<br />

Gewährung von Subventionen zu vergleichen. Eine Unvereinbarkeit<br />

mit dem Subventionsabkommen ist deshalb<br />

nach Auffassung des Beirats nicht gegeben.<br />

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob die staatliche<br />

Förderung von Clean-Development-Mechanism-Projekten<br />

(CDM) <strong>im</strong> Einzelfall als nicht GATT-konforme<br />

Subvention angesehen werden kann. Dabei ist zunächst<br />

festzustellen, dass die finanziellen Transfers von Industrieländern<br />

oder internationalen Institutionen bei der Entwicklung<br />

entsprechender Projekte in Entwicklungsländern<br />

grundsätzlich als Entwicklungshilfe und nicht als Subvention<br />

<strong>im</strong> Sinn des GATT oder eines künftigen GATS-Subventionsabkommens<br />

anzusehen ist. Probleme können aber<br />

dann entstehen, wenn das Gastland der CDM-Projekte<br />

deren Entwicklung finanziell unterstützt, um zusätzliche<br />

Anreize für umweltfreundliche Auslandsinvestitionen zu<br />

schaffen. Zwar findet das GATS-Abkommen nach Auffassung<br />

des Beirats auf Emissionsreduzierungen <strong>im</strong> Rahmen<br />

von CDM-Projekten keine Anwendung, die <strong>im</strong> Rahmen<br />

von CDM-Projekten produzierten Güter und Dienstleistungen<br />

würden jedoch ebenfalls von entsprechenden Subventionen<br />

profitieren und könnten deshalb zu einer Verletzung<br />

des GATT-Subventionsabkommens führen. Die Vereinbarkeit<br />

mit dem WTO-Regelwerk hängt damit zunächst<br />

von der nationalen Ausgestaltung der CDM-Regeln ab und<br />

kann sichergestellt werden, indem entsprechende Subventionen<br />

nicht nur für best<strong>im</strong>mte Sektoren bereitgestellt werden.<br />

Insgesamt bleibt festzustellen, dass nur geringe Reibungspunkte<br />

zwischen dem Kioto-Protokoll und dem<br />

WTO-Regelwerk existieren. Zur Vermeidung von Konflikten<br />

sollte bei der Ausgestaltung der Kioto-Mechanismen<br />

auch weiterhin – insbesondere auf nationaler Ebene – darauf<br />

geachtet werden, dass die notwendige Transparenz<br />

gewährleistet bleibt, wichtige Entscheidungen nach Möglichkeit<br />

<strong>im</strong> Konsens getroffen werden und mögliche Streitigkeiten<br />

<strong>im</strong> Rahmen eines Streitschlichtungsverfahrens<br />

innerhalb des Kioto-Protokolls ausgetragen werden können.<br />

Quellen: Werksmann, 2001; Petsonk, 1999; Wiser, 1999<br />

befreiungen für energieintensive Sektoren kein wegweisendes<br />

Instrument <strong>zur</strong> Etablierung nachhaltiger<br />

Energiesysteme sind.<br />

Alternativ können Grenzausgleichsabgaben eingesetzt<br />

werden, um einen gewissen Ausgleich für<br />

abgabenpolitisch bedingte Kostennachteile inländischer<br />

Unternehmen herbeizuführen. Das WTO-<br />

Regelwerk erlaubt, dass Importgüter mit sämtlichen<br />

Produktsteuern, die <strong>im</strong> Land gelten, belastet bzw.<br />

Exportgüter entlastet werden dürfen. Es ist aber aus<br />

Gründen der ökologischen Effektivität und Praktikabilität<br />

häufig notwendig, abgabenpolitisch nicht<br />

am Endprodukt anzusetzen, sondern unmittelbar<br />

dort, wo die Umweltbelastung entsteht. Somit stellt<br />

sich die Frage, ob Grenzausgleichsmaßnahmen auch

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