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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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196 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />

Ein Abkommen über Energiesubventionen sollte<br />

baldmöglichst von der Staatengemeinschaft verhandelt<br />

werden und spätestens 2008 in Kraft treten. Als<br />

Ziel ist anzustreben,<br />

• bis 2015 alle Subventionen für fossile Energien<br />

und Kernkraft in Industrie- und Transformationsländern<br />

abzubauen, bis 2030 weltweit;<br />

• bis 2020 die Subventionierung für die Extraktion<br />

fossiler Energieträger (Kohleabbau, Ölbohrungen<br />

usw.) in Entwicklungsländern abzubauen.<br />

Hierbei könnte der – mittlerweile ausgelaufene –<br />

Ampelansatz des Subventionsabkommens der WTO<br />

modifiziert und übernommen werden. Ein MESA<br />

könnte etwa so aussehen: Prinzipiell verboten und<br />

somit „rot“ sind eindeutig nicht nachhaltige, umweltschädliche<br />

Subventionen wie allgemeine Energiepreissubventionen.<br />

Subventionen an die Erzeuger<br />

und Anbieter fossil-nuklearer Energie sollten nur<br />

dann nicht als „rot“ eingestuft werden, wenn sie<br />

gezielt auf die Förderung höherer ökologischer Standards<br />

(Energieeffizienz, Filter, umweltschonendere<br />

Öl-, Kohle-, Gasförderung) abzielen bzw. der höheren<br />

Sicherheit existierender Kernkraftwerke dienen.<br />

Für bereits bestehende „rote“ Subventionen sollten<br />

Zeitpläne für ihren stufenweisen Abbau oder zumindest<br />

für ihre Umstrukturierung nach <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien<br />

vereinbart werden. Neue „rote“ Subventionen<br />

wären zu verbieten. Zudem wäre ein mit<br />

der „<strong>Welt</strong>energiecharta“ kompatibler Katalog nicht<br />

anfechtbarer, sog. „grüner“ Subventionen auszuarbeiten.<br />

Zu den „grünen“ Subventionen könnten zum<br />

Beispiel zählen:<br />

• Subventionen bzw. Steuererleichterungen für<br />

erneuerbare Energien zum Ausgleich noch nicht<br />

internalisierter Kosten fossiler/nuklearer Energien<br />

(einschl. Einspeisevergütungen);<br />

• Forschungssubventionen <strong>im</strong> Bereich erneuerbarer<br />

Energien und Effizienzsteigerung bis zu einem<br />

best<strong>im</strong>mten Prozentsatz der gesamten Forschungsausgaben;<br />

• Subventionen für die Elektrifizierung armer<br />

Haushalte bzw. <strong>im</strong> ländlichen Raum in Entwicklungsländern;<br />

• Subventionen für die Substitution traditioneller<br />

Biomasse zu Heiz- und Kochzwecken durch nachhaltig<br />

erzeugte Brennstoffe;<br />

• Subvention energieeffizienter Gebäudestrukturen,<br />

Nutzung solarer Techniken <strong>im</strong> Gebäudebereich;<br />

• soziale Transfers an bedürftige Haushalte („Heizund<br />

Stromgeld“);<br />

• Quersubventionierung der Strompreise für Haushalte<br />

bis zu einem Umfang, der <strong>zur</strong> Einhaltung der<br />

Leitplanke „bezahlbarer individueller Mindestbedarf“<br />

notwendig ist.<br />

Energiesubventionen, die weder als „rot“ noch als<br />

„grün“ klassifiziert sind, wären grundsätzlich<br />

anfechtbar. Diese sog. „gelben“ Subventionen können<br />

von anderen Vertragsparteien entweder für ihre<br />

Inkompatibilität mit den Zielen der „<strong>Welt</strong>energiecharta“<br />

oder für die Verletzung der in der WTO<br />

(GATT und Subventionsübereinkommen) bereits<br />

verankerten Prinzipien hinterfragt werden.<br />

In den Entwicklungsländern ist auch auf längere<br />

Zeit ein Ausbau der Nutzung fossiler Energien<br />

unumgänglich, um einen wirtschaftlichen und sozialen<br />

Aufschwung zu erreichen. Um dieser besonderen<br />

Ausgangslage Rechnung zu tragen, könnte ihnen<br />

eine Vorzugsbehandlung eingeräumt werden. Das<br />

hieße etwa, dass für diese Länder über einen gewissen<br />

Zeitraum weniger strenge Kriterien an die Subventionierung<br />

fossiler Energien angelegt werden, als<br />

oben <strong>im</strong> Zusammenhang mit „roten“ Subventionen<br />

vorgeschlagen.<br />

Institutionelle Verankerung von MESA<br />

Institutionell könnte das MESA als eigenständiges<br />

Abkommen eingerichtet oder in eine bereits existierende<br />

Institution integriert werden. Grundsätzlich<br />

hält der Beirat eine Institutionalisierung unter dem<br />

Dach einer International Sustainable Energy Agency<br />

(ISEA) für empfehlenswert (Kap. 5.3.2.3). Um<br />

jedoch den Einstieg in den weltweiten Subventionsabbau<br />

nicht unnötig zu verzögern, bezieht der Beirat<br />

bereits existierende Institutionen in seine Überlegungen<br />

ein: Hier käme grundsätzlich eine Anbindung<br />

an eine internationale Energie-, Wirtschaftsoder<br />

Umweltorganisation in Frage – z. B. die Energiecharta,<br />

die WTO oder das UNEP. Gegen eine<br />

Institutionalisierung des MESA <strong>im</strong> Kontext der<br />

Energie Charta spricht zum jetzigen Zeitpunkt die<br />

geringe Vertragsstaatenzahl dieser Charta, die ihr<br />

den Charakter eines eher regionalen Abkommens<br />

verleiht, und ihre geringe Bedeutung.<br />

Die Verortung des MESA in das WTO-Regelwerk<br />

hätte demgegenüber den entscheidenden Vorteil,<br />

dass nahezu alle Staaten erfasst würden. Außerdem<br />

ist die WTO eine vergleichsweise effektive Organisation,<br />

die über hinreichende Erfahrungen mit Subventionsvereinbarungen<br />

und die erforderlichen Mechanismen<br />

verfügt, etwa die Streitschlichtung. Das<br />

Sekretariat der WTO sieht in der vollständigen Aufnahme<br />

des Energiesektors in das GATT und GATS<br />

und damit auch in der Anwendung des GATT-Subventionsabkommens<br />

eine Win-win-Strategie für<br />

wirtschaftliche Effizienz und Umweltschutz. Allerdings<br />

ist der Beirat der Auffassung, dass zumindest<br />

kurzfristig nicht alle Segmente des Energiemarkts<br />

vollständig den WTO-Regeln unterworfen werden<br />

sollten. Außerdem legt das Subventionsabkommen<br />

der WTO überwiegend andere Maßstäbe an, als es

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