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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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isher quantitativ nicht genau begrenzt. Der Emissionshandel<br />

ist in der ersten Verpflichtungsperiode<br />

auf die <strong>im</strong> Annex B des Kioto-Protokolls aufgeführten<br />

Staaten beschränkt und schließt damit Entwicklungs-<br />

und Schwellenländer aus (Öko-Institut und<br />

DIW, 2001).<br />

Um das Ziel der Kl<strong>im</strong>arahmenkonvention, eine<br />

Stabilisierung der Treibhausgase in der Atmosphäre<br />

auf einem ungefährlichen Niveau zu erreichen, müssen<br />

die Entwicklungsländer zukünftig stärker in den<br />

internationalen Kl<strong>im</strong>aschutz eingebunden und insgesamt<br />

ehrgeizigere Reduktionsziele vereinbart werden.<br />

Daher sind bei der instrumentellen Umsetzung<br />

der Kl<strong>im</strong>aschutzziele in der nächsten Verpflichtungsperiode<br />

die Entwicklungsländer in ein globales System<br />

handelbarer Emissionszertifikate einzubinden.<br />

Der Beirat hat sich mehrfach dafür ausgesprochen,<br />

bei der Ausgangsverteilung der Emissionszertifikate<br />

Gerechtigkeitsprinzipien zu berücksichtigen<br />

(z. B. <strong>WBGU</strong>, 2001b). Ethischer Maßstab internationaler<br />

Kl<strong>im</strong>aschutzpolitik sollte das Recht auf gleiche<br />

Pro-Kopf-Emissionen von Treibhausgasen sein;<br />

damit würde auch dem Verursacherprinzip Rechnung<br />

getragen. Demzufolge wären die max<strong>im</strong>al<br />

zulässigen Treibhausgasemissionen auf der Basis<br />

gleicher Pro-Kopf-Emissionen zu best<strong>im</strong>men. Dabei<br />

könnten unterschiedliche Energiebedürfnisse je<br />

nach Kl<strong>im</strong>azone berücksichtigt werden, und mögliche<br />

Fehlanreize für Bevölkerungswachstum könnten<br />

z. B. durch eine Stichtagsregelung umgangen werden.<br />

Eine Ausgangsverteilung auf der Basis eines solchen<br />

modifizierten Pro-Kopf-Ansatzes würde – bei Einhaltung<br />

der <strong>WBGU</strong>-Leitplanken – einen Finanztransfer<br />

von mehreren 100 Mrd. € von den Industrieländern<br />

zu den Entwicklungsländern auslösen. Dies<br />

würde die bisherigen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit<br />

um ein Vielfaches übertreffen. Im Prinzip<br />

ließe sich mit einem solchen Ansatz ein <strong>Welt</strong>finanzausgleich<br />

auf Kohlenstoffbasis schaffen. Von dieser<br />

Vision ist man <strong>zur</strong> Zeit jedoch noch weit entfernt.<br />

Die Kl<strong>im</strong>aschutzpolitik könnte jedoch bereits jetzt in<br />

diese Richtung weiterentwickelt werden.<br />

Die ökonomischen Effekte auf Länder mit hohen<br />

Pro-Kopf-Emissionen sind neben der absoluten<br />

Höhe auch von der Umsetzungsgeschwindigkeit<br />

eines solchen Ansatzes abhängig. Eine Orientierung<br />

am Pro-Kopf-Prinzip in der nächsten Verpflichtungsperiode<br />

würde die Volkswirtschaften der Industrieländer<br />

zu stark belasten. Daher wäre zu Beginn am<br />

bisherigen Ansatz festzuhalten, die Reduktionsquoten<br />

differenziert z. B. nach historischen Reduktionen,<br />

energiepolitischer Ausgangslage und ökonomischen<br />

Kosten zu best<strong>im</strong>men. Langfristig – mit einem Zeithorizont<br />

von 20–30 Jahren – sollte jedoch verstärkt<br />

der modifizierte Pro-Kopf-Ansatz als Maßstab dienen.<br />

Eine solche schrittweise Umsetzung würde die<br />

Handlungsempfehlungen für die globale Ebene 5.3<br />

Fähigkeit der Volkswirtschaften, sich strengeren<br />

Reduktionszielen anzupassen, nicht übersteigen und<br />

die ökonomischen Kosten eines ökologisch effektiven<br />

Kl<strong>im</strong>aschutzes auf ein tolerables Maß reduzieren.<br />

Als marktwirtschaftliche Alternative zu einem<br />

modifizierten Pro-Kopf-Ansatz in einem globalen<br />

System handelbarer Emissionsrechte wird insbesondere<br />

eine globale CO 2 -Steuer diskutiert. Eine solche<br />

Steuer wurde bereits vor der UNCED 1992 als mögliches<br />

globales Instrument des Kl<strong>im</strong>aschutzes intensiv<br />

diskutiert (Pearce, 1991; Cnossen und Vollebergh,<br />

1992). Letztlich entschied man sich dann für den<br />

Mengenansatz und eine Flexibilisierung durch die<br />

sog. Kioto-Mechanismen. Die ungeklärte Frage, wie<br />

die ehrgeizigen Entwicklungsziele des UN-Millenniumsgipfels<br />

von 2000 finanziert werden sollen,<br />

brachte die globale CO 2 -Steuer wieder verstärkt auf<br />

die internationale Agenda.<br />

Der Beirat betrachtet die Idee einer internationalen<br />

CO 2 -Abgabe als einen interessanten Ansatz.<br />

Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der <strong>im</strong><br />

Kioto-Protokoll vorgesehene Zertifikatehandel bei<br />

Einbindung der Entwicklungsländer und entsprechender<br />

Ausgangsverteilung langfristig auch zu<br />

einem beträchtlichen Finanztransfer von Nord nach<br />

Süd führt. Daher wäre eine internationale CO 2 -<br />

Abgabe eher als ein vorübergehendes zusätzliches<br />

Finanzierungsinstrument einzuführen, bis ein auf<br />

dem Kioto-Protokoll aufbauendes globales Zertifikatesystem<br />

mit ökologisch effektiven Reduktionsverpflichtungen<br />

etabliert ist. Dies würde in kurz- und<br />

mittelfristiger Perspektive nicht nur die Lenkungsanreize<br />

des Kioto-Protokolls verstärken, sondern auch<br />

bestehende Finanzierungslücken <strong>im</strong> internationalen<br />

Kl<strong>im</strong>aschutz decken. Bei entsprechender Ausgestaltung<br />

würde eine internationale CO 2 -Abgabe auch<br />

dem Verursacher- und partiell dem Leistungsfähigkeitsprinzip<br />

entsprechen. Es bleibt zu prüfen, ob der<br />

Vorschlag einer internationalen CO 2 -Besteuerung<br />

nicht zusätzliche politische Blockaden hervorruft,<br />

die eine Implementierung unmöglich machen.<br />

Aus diesem Vergleich möglicher Finanzierungsansätze<br />

zieht der <strong>WBGU</strong> folgenden Schluss: Er empfiehlt<br />

der Bundesregierung, gemäß dem Vorsorgeprinzip<br />

weiterhin den Mengenansatz des Kioto-Protokolls<br />

in Verbindung mit den flexiblen Mechanismen<br />

zu unterstützen. Mit der schrittweisen<br />

Weiterentwicklung des Kioto-Ansatzes in Richtung<br />

eines modifizierten Pro-Kopf-Ansatzes ließe sich ein<br />

Finanzierungs- und Transfermechanismus schaffen,<br />

der einem <strong>Welt</strong>finanzausgleich gleichkäme und in<br />

der Geschichte internationaler Politik einzigartig<br />

wäre.<br />

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