Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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186 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
• Aufbringung von Finanzmitteln <strong>zur</strong> Deckung des<br />
Finanzbedarfs;<br />
• Schaffung von Transfermechanismen, um wirtschaftlich<br />
schwächere Länder bei der Transformation<br />
zu unterstützen.<br />
Die Entwicklung eines gerechten und ökonomisch<br />
effizienten Finanzierungssystems zum Aufbau einer<br />
nachhaltigen Energieversorgung ist ein ehrgeiziges<br />
Projekt, das einen langfristigen Implementationsplan<br />
voraussetzt. Es sollte sich nach Meinung des Beirats<br />
in erster Linie am Subsidiaritätsprinzip orientieren.<br />
Das Subsidiaritätsprinzip bezieht sich zum einen auf<br />
die Aufgaben- und Kompetenzverteilung <strong>im</strong> öffentlichen<br />
Sektor, und zum anderen beschränkt es aus<br />
einer ordnungspolitischen Perspektive die Rolle des<br />
Staates auf die Aufgaben, bei denen der private Sektor<br />
überfordert ist. Aus diesen beiden Funktionen<br />
sind zwei wichtige Schlussfolgerungen für die Finanzierung<br />
globaler Energiepolitik zu ziehen:<br />
1. Die Privatwirtschaft investiert in beträchtlichem<br />
Umfang in den Energiesektor. Aufgabe der Staaten<br />
ist es, zusätzliche Finanzmittel für die Investitionen<br />
bereitzustellen, die aus einer engeren<br />
betriebswirtschaftlichen Sicht (noch) nicht rentabel<br />
sind, jedoch <strong>zur</strong> Entwicklung eines nachhaltigen<br />
globalen Energiesystems beitragen. Gemäß<br />
dem Subsidiaritätsprinzip ist nur der Teil der<br />
Investitionskosten von der Staatengemeinschaft<br />
zu finanzieren, der einen globalen Nutzen stiftet<br />
(Prinzip der vereinbarten Mehrkosten). Um die<br />
Höhe dieser zusätzlichen Kosten zu min<strong>im</strong>ieren,<br />
sind bestehende Fehlanreize (insbesondere Subventionen<br />
für nicht nachhaltige Energieträger und<br />
andere marktverzerrende Regulierungen) abzubauen<br />
und neue Anreize für Investitionen in die<br />
<strong>Energiewende</strong> zu schaffen. Dies kann vielfach<br />
auch ohne Einsatz von Finanzmitteln geschehen,<br />
so dass in der Verbesserung der institutionellen<br />
Rahmenbedingungen auf nationaler und internationaler<br />
Ebene ein großer Beitrag <strong>zur</strong> Reduzierung<br />
des öffentlichen Finanzbedarfs und des<br />
Finanztransfers zu sehen ist.<br />
2. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sind zunächst<br />
nationale Kapitalquellen für die Finanzierung der<br />
Transformation zu nutzen. Allerdings ist die ökonomische<br />
Leistungsfähigkeit der Staaten und<br />
damit ihre Fähigkeit, <strong>zur</strong> Finanzierung des globalen<br />
öffentlichen Guts „Transformation der globalen<br />
Energiesysteme“ beizutragen, sehr unterschiedlich.<br />
Die ärmsten Länder werden nicht in<br />
der Lage sein, ihr Energiesystem eigenständig<br />
unter Beachtung von <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien<br />
umzubauen. Daher sind internationale Transfers<br />
notwendig.<br />
Die Mittel, die weder vom Markt noch vom Entwicklungsland<br />
selbst aufgebracht werden können,<br />
müssen durch die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit<br />
oder andere internationale Quellen<br />
bereitgestellt werden. Die Aufbringung der Mittel<br />
sollte nach Auffassung des Beirats durch ein möglichst<br />
gerechtes Verfahren erfolgen. Grundsätzlich<br />
sieht der Beirat drei Prinzipien als brauchbare<br />
Grundlage einer gerechten Finanzierung an:<br />
• Leistungsfähigkeitsprinzip;<br />
• Äquivalenzprinzip;<br />
• Verursacherprinzip.<br />
Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip soll sich die<br />
Abgabenerhebung nach der individuellen Leistungsfähigkeit<br />
der Besteuerten richten. Im nationalen<br />
Kontext wird diese meist anhand des Einkommens<br />
und des Vermögens des Einzelnen bemessen. In der<br />
Diskussion ist ferner seit langem, inwieweit der Konsum<br />
ein Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit<br />
ist. Auf internationaler Ebene steht weniger die<br />
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Einzelner, sondern<br />
die Leistungsfähigkeit von Volkswirtschaften<br />
<strong>im</strong> Mittelpunkt. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist<br />
momentan das gängige Finanzierungsprinzip internationaler<br />
Organisationen. Als Indikator wird dabei<br />
insbesondere das BIP pro Kopf verwendet.<br />
Daneben ist auch das Äquivalenzprinzip ein anerkanntes<br />
Finanzierungsprinzip. Danach sollen diejenigen<br />
eine öffentliche Aufgabe finanzieren, die daraus<br />
Vorteile empfangen. Die Höhe des Finanzierungsbeitrags<br />
des Einzelnen orientiert sich dabei an dem<br />
individuell empfangenen Nutzen (Nutzenäquivalenz).<br />
Da der individuelle Nutzen öffentlicher Güter<br />
jedoch meist nicht ermittelbar und quantifizierbar<br />
ist, wird oft auf das Prinzip der so genannten Kostenäquivalenz<br />
<strong>zur</strong>ückgegriffen. Danach ergibt sich der<br />
Finanzierungsbeitrag des Einzelnen aus den Kosten,<br />
den seine Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung<br />
verursacht. Das Äquivalenzprinzip erzeugt ein<br />
ökonomisches Abwägungskalkül zwischen Kosten<br />
und Nutzen von Leistungen und fördert eine effiziente<br />
Bereitstellung von Leistungen.Auf internationaler<br />
Ebene ist das Äquivalenzprinzip nicht üblich,<br />
bei einigen Organisationen fließt es aber in den<br />
Finanzierungsschlüssel mit ein (z. B. WTO, internationale<br />
Eisenbahnorganisation).<br />
Das Verursacherprinzip ist für die Umweltpolitik<br />
von zentraler Bedeutung, und nach Auffassung des<br />
<strong>WBGU</strong> sollte es auch bei der Finanzierung der <strong>Energiewende</strong><br />
eine tragende Rolle einnehmen. Die<br />
Anwendung des Verursacherprinzips bedeutet, dass<br />
derjenige, der durch sein Verhalten die Notwendigkeit<br />
einer öffentlichen Aufgabe herbeiführt, die entstehenden<br />
Kosten trägt. Die Grenzen zwischen Verursacher-<br />
und Äquivalenzprinzip sind allerdings<br />
unscharf.<br />
Der Beirat orientiert sich bei seinen Empfehlungen<br />
darüber hinaus an folgenden Kriterien, die bei