Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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176 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
Ausrichtung der Deutschen Bahn auf <strong>im</strong>mer schnellere<br />
Fernverkehrsverbindungen bei gleichzeitiger<br />
Vernachlässigung des regionalen Netzes Folge des<br />
einseitig auf Profitabilitätskriterien ausgerichteten<br />
Privatisierungsprozesses. Zur Behebung dieser Fehlentwicklung<br />
empfiehlt der Beirat eine Neuausrichtung<br />
be<strong>im</strong> Ausbau des Schienennetzes zugunsten<br />
einer erhöhten Flächenabdeckung, den stufenweisen<br />
Abbau der Entfernungskostenpauschale, die vorübergehende<br />
Subventionierung unrentabler Strecken<br />
sowie eine Verstärkung des Wettbewerbs. Dabei<br />
sollte sich eine dem <strong>Nachhaltigkeit</strong>sprinzip verpflichtete<br />
Bahn nicht nur als Konkurrentin des Flugzeugs,<br />
sondern auch des Pkw verstehen, d. h. Bahnfahren<br />
sollte auch für die Bewohner mittlerer und kleinerer<br />
Städte nicht mit noch mehr Umsteigevorgängen und<br />
Planungszwang belastet werden.<br />
In Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern<br />
kann von einer deutlichen Steigerung<br />
des Verkehrsaufkommens in den kommenden Jahrzehnten<br />
ausgegangen werden (Kap. 2.4. und 2.5). Mit<br />
wachsendem Lebensstandard wird die Anzahl der<br />
Autos pro Person ebenso wie das generelle Verkehrsaufkommen<br />
ansteigen. Daher müssen kurz- bis<br />
mittelfristig Maßnahmen ergriffen werden, die für<br />
ein unterproportionales Wachstum des Energieeinsatzes<br />
und der Emissionen <strong>im</strong> Verkehrssektor sorgen.<br />
Technische Maßnahmen allein werden für eine<br />
nachhaltige Gestaltung des Verkehrs nicht ausreichen,<br />
es sind auch Veränderungen des individuellen<br />
Verhaltens notwendig. Daher wird für den Verkehrsbereich<br />
in Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern<br />
eine umfassende Strategie benötigt.<br />
Zentrale Elemente könnten etwa sein (van Vurren<br />
und Bakkes, 1999):<br />
• Aufrechterhaltung und Ausweitung des öffentlichen<br />
Nahverkehrssystems;<br />
• Förderung des Güterverkehrs mit der Bahn;<br />
• Förderung von Joint Ventures und anderen Formen<br />
der Zusammenarbeit zwischen Automobilherstellern<br />
aus Westeuropa und den Transformationsstaaten<br />
<strong>zur</strong> Reduzierung des Treibstoffverbrauchs;<br />
• Förderung internationaler Forschungskooperationen<br />
zu Energieeffizienz und Emissionsreduktion<br />
<strong>im</strong> städtischen Personen- und Güterverkehr<br />
(Kap. 6.3.3);<br />
• Einbeziehung externer Kosten in die Preise von<br />
Kraftstoffen.<br />
Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung, Entwicklungs-,<br />
Schwellen- und Transformationsländer direkt<br />
oder indirekt – über Konditionierung – bei der Entwicklung<br />
und Umsetzung umfassender, auf <strong>Nachhaltigkeit</strong><br />
ausgerichteter Strategien <strong>im</strong> Verkehrsbereich<br />
zu unterstützen.<br />
5.2.4.3<br />
Landwirtschaft<br />
Landwirtschaftliche Aktivitäten tragen in erheblichem<br />
Maß <strong>zur</strong> Freisetzung kl<strong>im</strong>aschädlicher Gase<br />
bei. Rund 50% der Methan-, 70% der N 2O- und 20%<br />
der CO 2 -Emissionen werden durch die Landwirtschaft<br />
verursacht (IPCC, 2001a). Hauptquelle der<br />
Methanemissionen ist der Reisanbau sowie die Haltung<br />
von Wiederkäuern. Für Stickstoffemissionen<br />
gilt, dass ca. 70% des anthropogen N 2 O von gedüngten<br />
Feldern stammt (Beauchamp, 1997), sogar von<br />
solchen Flächen, die für die Nahrungsmittelproduktion<br />
stillgelegt wurden.<br />
Methanemissionen aus Reiskulturen könnten<br />
bereits heute relativ einfach reduziert werden, z. B.<br />
durch eine geschicktere Bewässerungsstrategie oder<br />
durch den Einsatz angepasster Reisarten (Bharati et<br />
al., 2001). Die Reduktion der Methanfreisetzung aus<br />
Wiederkäuermägen ist dagegen ein diffizileres Problem,<br />
weil die CH 4 -Produktion eine Folge des verwendeten<br />
Futters ist. Durch die Gabe von Futtermittelzusätzen<br />
(Methanoxidantien, Bakterien, die die<br />
Methanogenese hemmen, oder die Erhöhung des<br />
Stärke-/Zelluloseanteils <strong>im</strong> Futter) kann zwar eine<br />
erhebliche Methanreduktion erreicht werden. Ihr<br />
Einsatz dürfte in Entwicklungsländern jedoch zu<br />
teuer sein.<br />
Ähnliche Schwierigkeiten existieren auch bei der<br />
Reduktion der N 2 O-Emissionen. Global gesehen<br />
n<strong>im</strong>mt der Düngemitteleinsatz zu, allein in den<br />
Industrienationen bleibt er auf hohem Niveau annähernd<br />
konstant (Scott et al., 2002). Hoch technisierte<br />
Ansätze wie das so genannte „precision farming“<br />
(Anwendung von Geographischen Informationssystemen<br />
und Globalen Positionssystemen <strong>zur</strong> Effizienzverbesserung)<br />
sind vorhanden, kurzfristig aber<br />
nur in Industrienationen <strong>im</strong>plementierbar. Für Entwicklungsländer<br />
sind sie zu teuer, auch fehlt dort in<br />
der Regel das nötige Wissen.<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine<br />
nachhaltige Reduktion der Emissionen aus der<br />
Landwirtschaft sowohl eine spezifische Infrastruktur<br />
als auch spezifisches Wissen erfordert, beides ist vielerorts<br />
nicht vorhanden. Studien zeigen, dass der<br />
Landwirtschaftssektor auch in den Industrienationen<br />
kl<strong>im</strong>apolitisch problematisch bleiben wird<br />
(Kulshreshtha et al., 2000). Angesichts einer weiter<br />
steigenden Nahrungsmittelproduktion dürften Emissionsreduktionen<br />
nur unter großen Anstrengungen<br />
möglich sein.