Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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174 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
5.2.4.1<br />
Kl<strong>im</strong>apolitik<br />
Internationaler Kl<strong>im</strong>aschutz muss durch nationale<br />
Kl<strong>im</strong>apolitik, insbesondere in den Industrieländern,<br />
unterstützt und vorangetrieben werden. Der Beirat<br />
möchte in diesem Zusammenhang die positive Rolle<br />
der deutschen Bundesregierung hervorheben, die sie<br />
sowohl be<strong>im</strong> 5. nationalen Kl<strong>im</strong>aschutzprogramm als<br />
auch bei den Kl<strong>im</strong>averhandlungen <strong>zur</strong> Ausgestaltung<br />
des Kiotoprotokolls auf EU- und internationaler<br />
Ebene gespielt hat. Diese Vorreiterrolle ist ein<br />
wesentlicher Beitrag für die Weiterentwicklung des<br />
Protokolls. In zwei Bereichen erscheint dem <strong>WBGU</strong><br />
eine solche Vorreiterrolle Deutschlands in Zukunft<br />
besonders interessant: bei internationalen Zertifikatshandelsmodellen<br />
und bei der Schaffung eines<br />
CDM-Standards. Zu Handlungsempfehlungen für<br />
den Kl<strong>im</strong>aschutz auf nationaler Ebene verweist der<br />
Beirat auf das Umweltgutachten 2002 des Sachverständigenrates<br />
für Umweltfragen (SRU, 2002).<br />
Vorreiter für anspruchsvollen<br />
internationalen Zertifikatshandel<br />
Bei der weiteren Ausgestaltung der geplanten EU-<br />
Emissionshandelsrichtlinie könnte Deutschland<br />
gemeinsam mit anderen EU-Ländern eine Vorreiterrolle<br />
übernehmen (Kasten 5.2-4):<br />
• Die Bundesregierung sollte Kriterien und Strategien<br />
entwickeln, die darauf abzielen, dass auch<br />
andere Mitgliedsstaaten ihren Industrien ähnlich<br />
ambitionierte Reduktionsziele auferlegen wie<br />
Deutschland. Dies soll verhindern, dass sich<br />
Kasten 5.2-4<br />
Geplanter Emissionshandel in der EU<br />
Im Dezember 2002 einigte sich der Rat der Umweltminister<br />
auf die Einführung eines europäischen Handels mit<br />
Emissionsberechtigungen ab 2005. An dem Handel beteiligt<br />
sind zunächst standortfeste Erzeuger der Strom- und<br />
Wärmeversorgung, Eisen und Stahl, Raffinerien, Papier<br />
und Zellstoffe sowie die mineralverarbeitende Industrie<br />
(Zement, Glas, Keramik u. a.), wobei einzelne Staaten bis<br />
2007 best<strong>im</strong>mte Branchen aus dem Handelssystem ausnehmen<br />
können (Opt-Out), bzw. ab 2008 zusätzlich hinzunehmen<br />
dürfen (Opt-In). Die Handelsteilnehmer erhalten die<br />
Berechtigungen zunächst kostenlos, ab 2008 sollen auf<br />
Anregung des Europäischen Parlaments bis zu 10% versteigert<br />
werden dürfen. Nach der Erstvergabe der Zertifikate<br />
kann der Handel mit den CO 2 -Emissionsberechtigungen<br />
beginnen. Neben den beteiligten Industrieunternehmen<br />
können auch andere Akteure teilnehmen, z. B. Nichtregierungsorganisationen.<br />
Um sicherzustellen, dass der<br />
Berechtigungstransfer bei den beteiligten Emittenten auch<br />
mit den entsprechenden Anpassungen der CO 2 -Emissio-<br />
Regierungen unter dem Druck der Industrie<br />
gegenseitig Wettläufe um schwache Reduktionsziele<br />
liefern oder durch übermäßige Zuteilung<br />
von Emissionsrechten sogar Schattensubventionen<br />
ermöglichen.<br />
• Für die von der Regierung festzulegenden Reduktionspflichten<br />
für die Industrie sollte die in der<br />
Selbstverpflichtungserklärung der deutschen<br />
Wirtschaft genannte absolute Emissionsreduktion<br />
als Anhaltspunkt dienen. Diese sollte allerdings<br />
angemessen verschärft werden, da ja mit dem<br />
Emissionshandel der Industrie auch eine Flexibilisierung<br />
gewährt wird. Dies gilt in verstärktem<br />
Maß, wenn, wie von der EU-Kommission geplant,<br />
Teile der Reduktionspflichten über JI oder CDM-<br />
Projekte auch außerhalb der EU erbracht werden<br />
dürfen.<br />
• Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung, sich<br />
dafür einzusetzen, dass die Emittenten nur max<strong>im</strong>al<br />
die Hälfte ihrer Reduktionspflichten über den<br />
internationalen Emissionshandel mit Ländern<br />
außerhalb der EU erbringen dürfen. Dies soll<br />
garantieren, dass der Emissionshandel nicht nationale<br />
Maßnahmen ersetzt.<br />
• Weiterhin sollte das System <strong>im</strong> weiteren Verlauf<br />
über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum<br />
ausgedehnt werden.Wenn die Einbeziehung<br />
der EWR-Staaten gelänge, wären etwa drei Viertel<br />
der Annex-B-Parteien des Kioto-Protokolls<br />
am Handelssystem der EU beteiligt. Damit dürfte<br />
die EU auch maßgeblichen Einfluss auf die weitere<br />
Ausgestaltung des internationalen Emissions-<br />
nen (Reduktion oder Erhöhung nur um die erlaubte<br />
Menge) verbunden ist, sieht der Richtlinienvorschlag<br />
umfassende Überwachungs- und Berichtspflichten der Mitgliedsstaaten<br />
gegenüber der EU-Kommission vor.<br />
Die weiteren Beratungen <strong>im</strong> Europäischen Parlament,<br />
das ein Vetorecht besitzt, dürften weitere Details der Ausgestaltung<br />
klären. Für jede Tonne CO 2 -Emissionen, die<br />
nicht durch Zertifikate gedeckt ist, gilt nach den Beschlüssen<br />
des Rates eine Sanktion in Höhe von 40 € (100 € ab<br />
2008). Die mittel- und osteuropäischen Beitrittskandidaten<br />
können durch ihre Reduktionsverpflichtungen des Kioto-<br />
Protokolls direkt in das Handelssystem eingebunden werden.<br />
Die Kommission will auch die Möglichkeit der Kopplung<br />
des EU-Handels mit anderen Handelssystemen abwägen,<br />
bzw. denkt über Möglichkeiten nach, um das EU-System<br />
auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum<br />
(EWR) auszudehnen. Wenn die Einbeziehung aller EWR-<br />
Staaten sowie Kanadas und Japans gelänge, wären über<br />
drei Viertel der Annex-B-Parteien des Kioto-Protokolls an<br />
dem Handelssystem der EU beteiligt. Damit dürfte die EU<br />
maßgeblichen Einfluss auf die endgültige Ausgestaltung<br />
des internationalen Emissionshandels in der ersten Verpflichtungsperiode<br />
des Kioto-Protokolls besitzen.