Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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172 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />
gewissen Anteil nicht erschlossener Regionen sowie<br />
die Verpflichtung zum Aufbau der – netzgebundenen<br />
oder dezentralen – Stromversorgung enthielten.<br />
Während anfängliche Investitionskosten bei diesem<br />
Modell von staatlicher Seite getragen werden, erfolgt<br />
danach eine Quersubventionierung zwischen den<br />
verschiedenen Verbrauchergruppen (Clark, 2001).<br />
Auch wenn es zu früh ist, um den Erfolg beider<br />
Modelle abzuschätzen, scheinen Subventionen auf<br />
Vertriebsebene besonders geeignet zu sein, große<br />
ländliche Regionen innerhalb vergleichsweise kurzer<br />
Zeiträume zu erreichen. Bei attraktiven Marktbedingungen<br />
werden Investoren Interesse an entsprechenden<br />
Konzessionen haben, so dass eine Chance auf ein<br />
mittel- und langfristig höheres Energieangebot<br />
besteht.<br />
Wichtig ist es, grundsätzlich für eine offene Ausgestaltung<br />
von Subventionsmechanismen in einem<br />
transparenten Bieterverfahren zu sorgen, zu dem<br />
nicht nur Energieversorgungsunternehmen, sondern<br />
auch Verbraucher, dörfliche Gemeinschaften oder<br />
Projektträger Zugang haben. Neben der expliziten<br />
Berücksichtigung unterschiedlicher Zielgruppen bei<br />
der Subventionierung ist auch die Frist der Subventionierung<br />
für die Verbesserung des Energiezugangs<br />
von Bedeutung. Hier kann unterschieden werden<br />
zwischen kurzfristigen Krediten, insbesondere der<br />
Mikrofinanzierung, sowie langfristigen Finanzierungen.<br />
Langfristige Finanzierungen können insbesondere<br />
durch Leasingverträge, Konsumentenkredite<br />
oder so genannte „Pay-for-service-Verträge“ sichergestellt<br />
werden. In allen Fällen wird die notwendige<br />
Finanzierung durch den Vertreiber der jeweiligen<br />
Energieanlage gesichert. Während das Eigentum bei<br />
Leasingverträgen und Konsumentenverträgen nach<br />
Ablauf der Finanzierungsphase in der Regel be<strong>im</strong><br />
Käufer verbleibt, zahlt der Kunde bei den „Pay-forservice-Verträgen“<br />
lediglich für die <strong>zur</strong> Verfügung<br />
gestellte Energiedienstleistung. Der Vorteil dieser<br />
Vertragsgestaltung liegt insbesondere in den starken<br />
Anreizen für Vertreiber, die Funktionsfähigkeit der<br />
Anlage aufrechtzuerhalten und ihre Nutzer ausreichend<br />
über die korrekte Nutzung zu instruieren. Ein<br />
Problem dieser Finanzierungen ist der Zugang zu<br />
Start-up-Kapital für kleinere und mittlere Energiedienstleister.<br />
Nutzung von Mikrofinanzierungssystemen<br />
Mikrofinanzierungssysteme entstanden in den<br />
1980er Jahren als Gegenbewegung zu staatlichen<br />
Entwicklungsbanken und subventionierten Kreditprogrammen,<br />
die in vielen Fällen weder breitenwirksam<br />
noch wirtschaftlich tragfähig waren.Anstelle der<br />
Förderung einzelner staatlicher Kreditprogramme<br />
stehen heute überwiegend die Verbesserung institu-<br />
tioneller Rahmenbedingungen und der Aufbau privatwirtschaftlich<br />
organisierter Mikrofinanzinstitutionen<br />
<strong>im</strong> Vordergrund (GTZ, 1998). Sie haben sich<br />
inzwischen in der Praxis bewährt und werden heute<br />
oft auch von NRO durchgeführt. Zum einen sind<br />
Mikrofinanzierungsprogramme besonders auf einkommensschwache<br />
Bevölkerungsgruppen zugeschnitten<br />
und zum anderen können durch ihre lokale<br />
Kenntnis Fehlentscheidungen eher vermieden und<br />
Fehlentwicklungen früher erkannt werden. Mikrofinanzinstitutionen<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass<br />
• die Kredit- und Sparvolumina gering sind;<br />
• sie in räumlicher Nähe zu ihren Kunden liegen,<br />
was <strong>zur</strong> Vereinfachung und Beschleunigung von<br />
Kreditvergabeverfahren führt;<br />
• sie bei der Kreditprüfung weniger auf die wirtschaftlichen<br />
Daten der Vergangenheit als vielmehr<br />
auf die zukünftigen Ertragsaussichten Wert<br />
legen und daher insbesondere die Finanzierung<br />
innovativer Aktivitäten von Kleinunternehmern<br />
ermöglichen;<br />
• auch nicht bankübliche Kreditsicherheiten akzeptiert<br />
werden (etwa Schmuck, Gruppenhaftung).<br />
Die sinkende öffentliche Zuwendung erfordert eine<br />
Bündelung der Aktivitäten. Deshalb entstanden in<br />
den vergangenen Jahren zahlreiche Netzwerke von<br />
Mikrofinanzierungsinstitutionen (z. B. „Grameen<br />
Trust“ oder „Banking with the Poor“). Parallel dazu<br />
wurden Geber-Koordinationsgremien gegründet<br />
(z. B. „Sustainable Banking with the Poor“, „Donor<br />
Working Group for Financial Sector Development“),<br />
die heute vor allem von der <strong>Welt</strong>bank<br />
gesteuert werden.<br />
Mikrofinanzierungsprojekte können einen wichtigen<br />
Beitrag <strong>zur</strong> Finanzierung von Energieprojekten<br />
leisten. Die Verbindung von Mikrokrediten mit<br />
Investitionen in Energieanlagen, insbesondere<br />
Photovoltaik-Anlagen, ist jedoch mit einigen<br />
Schwierigkeiten verbunden. Die Kosten einer Photovoltaik-Anlage,<br />
die ca. 500 US-$ betragen, übersteigen<br />
in der Regel die <strong>zur</strong> Verfügung gestellten Kreditlinien.<br />
Zugleich sehen die meisten Mikrofinanzierungsorganisationen<br />
kurze Laufzeiten von 6 Monaten<br />
bis höchstens 2 Jahren vor, während der Großteil<br />
der potenziellen Abnehmer Laufzeiten von bis zu<br />
fünf Jahren benötigen würde, um einen Kredit für<br />
eine Photovoltaik-Anlage abzubezahlen (Philips und<br />
Browne, o. J.). Dass diese Schwierigkeiten <strong>im</strong> Einzelfall<br />
überwunden werden können, zeigen positive Beispiele<br />
wie das Grameen-Shakti-Photovoltaik-Programm<br />
in Bangladesh oder Genesis in Guatemala.<br />
Der Beirat ist der Meinung, dass der Mikrofinanzierung,<br />
insbesondere in ländlichen Gebieten, eine<br />
nicht zu unterschätzende Bedeutung <strong>im</strong> Hinblick auf<br />
die Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zu<br />
modernen, gesundheits- und umweltschonenden