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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt, bei allen Maßnahmen <strong>zur</strong><br />

Transformation der Energiesysteme auf eine Verringerung<br />

der Disparitäten zu achten. Im Hinblick auf<br />

Disparitäten innerhalb von Ländern kommt es darauf<br />

an, benachteiligte Gruppen besonders zu fördern<br />

und kultur- sowie geschlechtsspezifische Besonderheiten<br />

zu beachten. Im Hinblick auf Disparitäten<br />

zwischen Ländern muss es vor allem um eine überproportionale<br />

Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens<br />

in den ärmeren Ländern gehen. Daraus ergibt<br />

sich in Einzelfällen die Notwendigkeit <strong>zur</strong> Quersubventionierung<br />

bzw. des sozialen Transfers („Stromund<br />

Heizgeld“).<br />

Um den Zugang zu modernen Energiedienstleistungen<br />

in den Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

zu verbessern, sind zwei wichtige Voraussetzungen zu<br />

erfüllen: Einerseits muss die Infrastruktur der Energieversorgung<br />

geschaffen oder ausgebaut werden<br />

und andererseits muss Energie für die gesamte<br />

Bevölkerung erschwinglich sein. Der <strong>WBGU</strong> schlägt<br />

vor, dass spätestens ab 2050 kein Haushalt gezwungen<br />

ist, mehr als 10% des Einkommens <strong>zur</strong> Deckung<br />

des elementarsten Energiebedarfs zu verwenden.<br />

Langfristig sollte der Anteil deutlich niedriger sein.<br />

Gewinnorientierte Unternehmen werden nur dort<br />

für einen Ausbau des Zugangs zu modernen Energieformen<br />

sorgen, wo genügend Kaufkraft vorhanden<br />

ist, um die hohen Investitionskosten sowohl für<br />

den Ausbau netzgebundener als auch dezentraler<br />

Energiesysteme innerhalb relativ kurzer Zeit zu<br />

amortisieren. Daher bleibt der Zugang in armen,<br />

spärlich besiedelten und entlegenen Regionen, <strong>im</strong><br />

Gebirge oder in den Armutsgebieten der Städte von<br />

öffentlichen Mitteln abhängig, die aus der Entwicklungszusammenarbeit<br />

aufgebracht werden müssen.<br />

In solchen Gebieten erscheint außerdem eine vollständige<br />

Privatisierung auf der Seite des Energieangebots<br />

ebenso wie eine weitgehende Liberalisierung<br />

der Märkte zumindest in einer Übergangszeit nicht<br />

angemessen. Geringe Margen und hohe Investitionsrisiken<br />

müssten etwa durch vorübergehende<br />

Gebietsmonopole attraktiver gestaltet werden. Privatisierung<br />

und Liberalisierung ohne einen entsprechenden<br />

regulatorischen Rahmen sind hier kontraproduktiv.<br />

Im Rahmen von Projekten, die durch die<br />

Entwicklungszusammenarbeit gefördert werden,<br />

sollte Public-Private Partnerships eine hohe Bedeutung<br />

beigemessen werden.<br />

Die dezentrale Energieversorgung (z. B. Hybridsysteme<br />

mit Dieselgeneratoren und Photovoltaik-<br />

Anlagen) bietet in dünn besiedelten Gebieten vielfach<br />

die bessere Lösung als die netzgebundene<br />

Stromversorgung (BMZ, 1999; Goldemberg, 2001).<br />

Eine Erweiterung netzgebundener Energiesysteme<br />

hängt vor allem von der Entfernung zum bestehenden<br />

Netz, von der Zahl der anzuschließenden Haus-<br />

Handlungsempfehlungen für die Länderebene 5.2<br />

halte und von der Nachfrage der Haushalte ab<br />

(World Bank, 2000). Die kaufkraftbedingt geringe<br />

Nachfrage sowie die geringe Bevölkerungsdichte<br />

erlauben eine Erweiterung des Netzes in der Regel<br />

nur, wenn die Entfernung zum bestehenden Netz<br />

nicht mehr als etwa 10 km beträgt (ESMAP, 2001).<br />

Ärmeren Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsund<br />

Schwellenländern, aber auch den Verbrauchern<br />

in Transformationsländern wird der Kauf von Energiedienstleistungen<br />

bisher durch Tarife ermöglicht,<br />

die aufgrund staatlicher Subventionen oft weit unter<br />

den Erzeugungskosten liegen. Diese Subventionen<br />

kommen aber meist der besser verdienenden (städtischen)<br />

Bevölkerung zugute, weil die ländliche Bevölkerung<br />

keinen Zugang zu den subventionierten<br />

Gütern hat oder der Konsum ärmerer Bevölkerungsgruppen<br />

trotz Subventionierung niedrig bleibt<br />

(UNDP et al., 2000).Will man den ärmeren Bevölkerungsgruppen<br />

explizit den Zugang zu modernen<br />

Energieleistungen erschließen, sind zielgruppenspezifische<br />

Subventionen in Kombination mit vom<br />

Markt best<strong>im</strong>mten Tarifstrukturen sinnvoller. Der<br />

<strong>WBGU</strong> empfiehlt der Bundesregierung, <strong>im</strong> Rahmen<br />

ihrer Entwicklungszusammenarbeit auf entsprechende<br />

Strukturveränderungen hinzuwirken. Um<br />

negative Wirkungen solcher Subventionen zu vermeiden,<br />

sollten sie vier Kriterien genügen (UNEP<br />

und IEA, 2001):<br />

1. Die Subventionen sollten möglichst auf eine klar<br />

umrissene Zielgruppe beschränkt werden.<br />

Zunächst muss eine Analyse der wirtschaftlichen,<br />

sozialen und umweltbezogenen Auswirkungen<br />

erfolgen, um sicherzustellen, dass die gewünschten<br />

positiven Ziele erreicht werden können.<br />

2. Das Programm muss mit geringem Verwaltungsaufwand<br />

laufen.<br />

3. Kosten und Funktionsweise des Programms müssen<br />

transparent sein. Insbesondere sollten Belastungen<br />

der öffentlichen Hand <strong>im</strong> Staatshaushalt<br />

ausgewiesen werden.<br />

4. Bei der Ausgestaltung ist darauf zu achten, dass<br />

langfristige Anreize <strong>zur</strong> Bereitstellung von Energiedienstleistungen<br />

geschaffen werden (UNDP et<br />

al., 2000).<br />

Von Interesse ist in Zusammenhang mit dem letzten<br />

Punkt etwa das argentinische Modell. Dort wurde<br />

der Ausbau der Stromversorgung in ländlichen<br />

Regionen – zu vorgegebenen Tarifen, aber ohne Festlegung<br />

der Art der Elektrizitätsversorgung – in<br />

einem Bieterprozess ausgeschrieben. Derjenige<br />

Anbieter, der den Versorgungsausbau mit den<br />

geringsten Subventionen anbot, erhielt den Zuschlag<br />

(ESMAP, 2000). In Südafrika wurde ein ähnliches<br />

Modell <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Restrukturierung<br />

des Elektrizitätsmarkts angewandt. Dort wurden<br />

Konzessionen für Gebiete versteigert, die einen<br />

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