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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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168 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />

In vielen Entwicklungsländern ist die Einfuhr von<br />

Industriegütern mit hohen Einfuhrzöllen belegt.<br />

Dadurch wird nicht nur die Errichtung neuer Anlagen,<br />

sondern auch die Beschaffung notwendiger<br />

Ersatzteile verteuert. Besondere Barrieren bestehen<br />

etwa bei Photovoltaikanlagen, die häufig als Luxusgüter<br />

angesehen werden und sehr hohen Einfuhrzöllen<br />

unterliegen. Lokal hergestellte Energieanlagen<br />

oder Ersatzteile sind andererseits bisher häufig nicht<br />

zuverlässig genug, um den reibungslosen Betrieb<br />

technisch komplizierter Anlagen zu gewährleisten<br />

(UNEP-CCEE, 2002). Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt deshalb,<br />

dass sich die Bundesregierung bei entwicklungspolitischer<br />

Maßnahmen für eine Steigerung der<br />

Qualität lokal produzierter Anlagen und Komponenten<br />

einsetzt. Je wettbewerbsfähiger die lokal produzierten<br />

Komponenten sind, desto geringer ist die<br />

Notwendigkeit, die he<strong>im</strong>ische Industrie durch Zölle<br />

zu schützen. Darüber hinaus könnte ein Entgegenkommen<br />

der Industrieländer bei den tarifären und<br />

nicht tarifären Handelshemmnissen die Neigung der<br />

Entwicklungs- und Schwellenländer erhöhen, ihrerseits<br />

Zollsenkungen vorzunehmen.<br />

Die Voraussetzungen für private Investitionen <strong>im</strong><br />

Energiebereich von Entwicklungsländern sind häufig<br />

auch aufgrund der begrenzten Märkte schlecht.<br />

Durch regionale Integration könnten größere<br />

Märkte erschlossen werden, die eine effizientere<br />

Nutzung von Investitionen erlauben und außerdem<br />

dazu beitragen würden, kommerzielle Risiken breiter<br />

zu streuen. Entsprechenden Wettbewerb vorausgesetzt,<br />

führt die Möglichkeit, Skaleneffekte zu<br />

erzielen, auch zu sinkenden Preisen für die Verbraucher.<br />

Um die Integration regionaler Märkte zu fördern,<br />

sollten deshalb technische Standards vereinheitlicht<br />

und die Planung von Energieprojekten auf<br />

regionaler Ebene koordiniert werden. Der Aufbau<br />

der für den transnationalen Energietransport notwendigen<br />

Infrastruktur muss dabei in solchen Fällen<br />

als vorrangiges Investitionsziel behandelt werden.<br />

Der Ausbau regionaler Handelsorganisationen sollte<br />

insbesondere in Afrika, dessen intraregionaler Handel<br />

nur 6% des Handelsvolumens beträgt, erheblich<br />

beschleunigt werden (Davidson und Sokona, 2001).<br />

Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung, diese<br />

Aspekte in ihre entwicklungspolitischen Überlegungen<br />

zu integrieren.<br />

Die Attraktivität von Entwicklungs-, Schwellenund<br />

Transformationsländern für ausländische Investitionen<br />

<strong>im</strong> Energiebereich kann durch spezifische<br />

Maßnahmen <strong>im</strong> Energiesektor, aber auch durch allgemeine<br />

wirtschafts- und rechtspolitische Maßnahmen<br />

erhöht werden. Hier wäre etwa an Maßnahmen<br />

<strong>zur</strong> Erhöhung der Rechtssicherheit und <strong>zur</strong> Verringerung<br />

politischer Risiken zu denken (Johnson et al.,<br />

1999). Dadurch könnte die Grundlage für die Aus-<br />

breitung von Energiedienstleitungsunternehmen in<br />

Ländern wie z. B. Russland geschaffen werden, wo<br />

unklare Rechtsverhältnisse und intransparente<br />

Zulassungsverfahren ausländische Investoren bisher<br />

vor einem Engagement in dem potenziell riesigen<br />

Markt <strong>zur</strong>ückschrecken ließen (EBRD, 2001).<br />

Ausländische Direktinvestitionen <strong>im</strong> Energiesektor<br />

von Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern<br />

sind vor allem dann attraktiv, wenn die<br />

Herkunftsländer der Investoren günstige Kredite<br />

und Exportgarantien bereitstellen. Im Hinblick auf<br />

die Förderung global nachhaltiger Energiesysteme<br />

ist es sinnvoll, solche Vergünstigungen gezielt für<br />

Projektkategorien zu vergeben, die <strong>Nachhaltigkeit</strong>skriterien<br />

genügen. Es sollten also keine Investitionsbzw.<br />

Exportförderungen für Neuanlagen <strong>zur</strong> Elektrizitätsgewinnung<br />

auf fossil-nuklearer Basis oder für<br />

die Erschließung und Vermarktung fossiler oder atomarer<br />

Energierohstoffe gewährt werden. Ausnahmen<br />

sollten gemacht werden, wenn nachgewiesen<br />

werden kann, dass die kohlenstoffärmste Alternative<br />

gewählt wurde, sich das Projekt langfristig in die<br />

nachhaltige Energieplanung des Gastlandes einfügt<br />

und erneuerbare Energien derzeit keine machbare<br />

oder sinnvolle Alternative darstellen. Eine Förderung<br />

für Altanlagen der fossilen Stromerzeugung ist<br />

zumindest dann übergangsweise sinnvoll, wenn es<br />

ausschließlich um die Modernisierung durch Effizienzsteigerung<br />

und den Ersatz bestehender Kapazitäten<br />

bei kräftiger Steigerung des Wirkungsgrads<br />

geht.<br />

Der Beirat ist sich bewusst, dass manche Regierungen<br />

und Nichtregierungsorganisationen in Entwicklungsländern,<br />

beispielsweise die indische NRO<br />

„Centre for Science and Environment“, eine derartige<br />

Konditionalität ablehnen. Als Begründung wird<br />

angeführt, dass der Norden den Entwicklungspfad<br />

des Südens vorgeben und Mehrkosten für einen<br />

nachhaltigen Energiepfad einseitig den ärmeren<br />

Ländern aufbürden wolle (CSE, 2001). Der <strong>WBGU</strong><br />

hält aber an seiner Überzeugung fest, dass staatliche<br />

Investitions- und Exportförderung den übergeordneten<br />

Zielen einer nachhaltigen Energiepolitik verpflichtet<br />

sein müssen. Dies bedeutet allerdings auch<br />

einen energiepolitischen Strukturwandel in den<br />

Industriestaaten.<br />

Eine von der G8 eingesetzte Arbeitsgruppe unterbreitete<br />

dem Wirtschaftsgipfel in Genua (Juli 2001)<br />

Vorschläge, wie die Exportkreditanstalten eine maßgebliche<br />

Rolle bei der <strong>Energiewende</strong> übernehmen<br />

könnten (G8 Renewable Energy Task Force, 2001).<br />

Staatliche Exportkreditanstalten sollen durch Erweiterung<br />

der für diesen Bereich gültigen OECD-Leitlinien<br />

aktiv werden. Für erneuerbare Energieträger<br />

müssten – analog zu den speziellen Sektorvereinbarungen<br />

für Kernenergie, Kraftwerke, Schiffe und

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