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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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übernommen werden. Darüber hinaus werden derzeit<br />

bei der anwendungsnahen Forschung Demonstrationsprojekte<br />

gefördert, die eine gesamtenergetischen<br />

Bewertung von Heizen, Lüften, Kühlen<br />

und Beleuchten vornehmen. Ebenso besteht ein<br />

nennenswertes CO 2-Minderungspotenzial in der<br />

Unterstützung einer verbesserten Versorgungstechnik<br />

z. B. durch zinsverbilligte Darlehen (Enquete-<br />

Kommission, 2002).<br />

Effizienzpotenziale sollten auf der Nachfrageseite<br />

auch durch Nachfragesteuerung <strong>im</strong> engeren Sinn,<br />

dem so genannten Demand Side Management,<br />

erschlossen werden. Dazu käme das Lastmanagement<br />

in Frage, das die max<strong>im</strong>ale Stromentnahme<br />

durch Verlagerung auf Zeiten mit niedrigem Bedarf<br />

reduziert und damit Zahl bzw. Größe der eingesetzten<br />

Kraftwerke senken hilft. Anreize hierzu geben<br />

variable Tarife und Fördermaßnahmen für<br />

best<strong>im</strong>mte Speichertechnologien (Melchert, 1998).<br />

Zwar existieren bereits variable Tarifstrukturen, sie<br />

werden von den Verbrauchern jedoch häufig nur<br />

un<strong>zur</strong>eichend wahrgenommen. Denkbar wäre hier,<br />

eine Anzeige des aktuellen Tarifs in den Wohnungen<br />

auf einer elektronischen Anzeige wiederzugeben<br />

bzw. Haushaltsgeräte automatisch nach dem aktuellen<br />

Tarif zu steuern.<br />

Zusätzlich ist das „Contracting“ empfehlenswert,<br />

und zwar insbesondere für Firmen (Melchert, 1998).<br />

Dabei werden energiewirtschaftliche Projekte von<br />

einem Dritten, dem Contractor, vorbereitet, durchgeführt<br />

und gegebenenfalls finanziert. Während es<br />

sich be<strong>im</strong> Anlagencontracting um die Auslagerung<br />

der Einrichtung und des Betriebs einer best<strong>im</strong>mten<br />

Produktionsanlage handelt, durchforstet der Contractor<br />

be<strong>im</strong> Einspar-Contracting den bestehenden<br />

Betrieb nach Einsparmöglichkeiten und führt die<br />

erforderlichen Maßnahmen <strong>zur</strong> Erschließung der<br />

Einsparpotenziale selbst durch (Freund, 2002).<br />

Neben Contractor und Kunde profitiert auch die<br />

Umwelt vom Einspar-Contracting, womit es ein förderungswürdiges<br />

Instrument mit drei Gewinnern<br />

schafft.<br />

Damit sich Contracting als freiwillige Dienstleistung<br />

auch auf einem liberalisierten Markt herausbilden<br />

kann, ist eine zügige Umsetzung der vollständigen<br />

Liberalisierung der Märkte für leitungsgebundene<br />

Energieversorgung auch hier zentral. Nur so<br />

haben alle Kundengruppen die Möglichkeit, zu Energieversorgern<br />

mit einem besonders günstigen Leistungsangebot<br />

zu wechseln. Auch wären Contracting-<br />

Angebote denkbar, die dafür sorgen, dass die benötigten<br />

Energiedienstleistungen für ein Gebäude oder<br />

eine Anlage durch regenerative Energien oder<br />

Kraft-Wärme-Kopplung gedeckt werden können.<br />

Schließlich können die Energiedienstleister dazu<br />

beitragen, den derzeitigen Markt für Endenergie<br />

Handlungsempfehlungen für die Länderebene 5.2<br />

(Strom, Gas) in einen Markt für Dienstleistungen<br />

(helle und warme bzw. kühle Räume, heiße und kalte<br />

Speisen usw.) umzuwandeln.<br />

Um die Verbraucher mit den einschlägigen Informationen<br />

zu versorgen, empfiehlt der Beirat eine<br />

verstärkte Verbraucherinformation über Contracting<br />

und Demand Side Management. Standardisierte,<br />

umweltorientierte Musterverträge könnten<br />

die Informationskosten und Hemmschwellen gerade<br />

für kleine Verbraucher senken.<br />

Zielgruppenspezifische Anreizsysteme<br />

Die Strukturen des Energieeinsatzes werden<br />

besonders in den Industrieländern entscheidend von<br />

den Lebensstilen beeinflusst (Kap. 2.2.3). Dementsprechend<br />

fallen auch die Möglichkeiten, Effizienzpotenziale<br />

auf der Nachfrageseite zu nutzen bzw.<br />

einen nachhaltigen Energiekonsum zu erreichen, je<br />

nach Lebensstil unterschiedlich aus. Die Lebensstilforschung<br />

zeigt, dass sich ökologisch-alternative<br />

Lebensstile, wie sie in den 1970er/1980er Jahren<br />

erkennbar wurden, nicht durchgesetzt haben (Reusswig<br />

et al., 2002). Strategien für einen sparsamen<br />

Umgang mit Energie dürften daher bis auf weiteres<br />

nur dann erfolgreich sein, wenn nicht der falsche Eindruck<br />

entsteht, es entstünden Einbußen an Lebensqualität.<br />

Das 2000-Watt-Projekt aus der Schweiz ist<br />

als relativ erfolgreicher Versuch anzusehen, nachhaltigen<br />

Energiekonsum inklusive effizienter Energienutzung<br />

ohne einen solchen Verzicht zu propagieren<br />

(Spreng und Semadeni, 2001).<br />

Für verschiedene Lebensstilgruppen werden ganz<br />

unterschiedliche Anreizsysteme greifen. Motiv für<br />

das Energiesparen kann das „Sparen“ ebenso sein<br />

wie die Begeisterung für „moderne Technik/Innovation“<br />

oder wie eine verinnerlichte „Verantwortung<br />

für zukünftige Generationen“. Um alle Lebensstilgruppen<br />

zu erreichen, ist daher eine Mischung von<br />

umweltpolitischen Instrumenten erforderlich.<br />

Zielgruppenspezifische Kommunikationskonzepte<br />

scheinen geeignet, die politischen Rahmensetzungen<br />

zu ergänzen und zu unterstützen. So haben die<br />

Stadtwerke Kiel eine Marktanalyse vorgenommen,<br />

die mit einem zielgruppengerechten Marketing auf<br />

den stark differenzierten Käufermarkt reagieren<br />

wollte. Dabei stellten sie fest, dass das Energiesparverhalten<br />

nicht nur von Gruppe zu Gruppe variierte,<br />

sondern auch von Sektor zu Sektor (Wärme, Strom,<br />

Wasser). Die verschiedenen Gruppen wählen ihr<br />

ökologisches Verhalten <strong>im</strong> Allgemeinen und ihre<br />

Energiesparwege <strong>im</strong> Besonderen aus ganz verschiedenen<br />

Gründen, die in ihrem Lebensstil wurzeln<br />

(Reusswig, 1994).<br />

Der <strong>WBGU</strong> empfiehlt, die Diskussion um nachhaltige<br />

Lebensstile und Umweltbildung in die laufenden<br />

Verhandlungen <strong>zur</strong> Ausgestaltung des Art. 6<br />

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