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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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162 5 Die <strong>WBGU</strong>-Transformationsstrategie<br />

5.2.2.3<br />

Förderung der Effizienz bei der Bereitstellung,<br />

Verteilung und Nutzung von Energie<br />

Die Grundidee<br />

Bei der Bereitstellung, der Verteilung und der Nutzung<br />

von Energie bestehen große Effizienzpotenziale,<br />

zu deren Ausschöpfung verschiedene Techniken<br />

bereit stehen: die technisch effiziente und kostengünstige<br />

Bereitstellung von Energiedienstleistungen,<br />

die Vermeidung von Transportverlusten bei netzgebundenen<br />

Energietransporten über große Distanzen<br />

und die rationelle Energienutzung durch den Kunden<br />

(Kap. 3.5). In Industrieländern gibt es auf der<br />

Nachfrageseite ungenutzte Effizienzpotenziale von<br />

bis zu 60% (Enquete-Kommission, 2002). In den Entwicklungs-,<br />

Schwellen- und Transformationsländern<br />

dürften hier noch erheblich höhere Effizienzpotenziale<br />

liegen.<br />

Effiziente Bereitstellung von Endenergie<br />

Anreize für eine effizientere Energiebereitstellung<br />

lassen sich vor allem durch die Liberalisierung der<br />

Energiemärkte schaffen. Zentrale Elemente sind<br />

dabei die Abschaffung von Investitionsaufsicht,<br />

Demarkations- und Konzessionsverträgen, die Trennung<br />

von Elektrizitätserzeugung und Netzbetrieb<br />

und eine Beschränkung der Rolle des Staates auf die<br />

Rahmensetzung. Bei der leitungsgebundenen Stromversorgung<br />

können die Kunden durch eine Liberalisierung<br />

der Elektrizitätsmärkte den Stromanbieter<br />

frei wählen und so Einfluss auf die Erzeugungsstruktur<br />

bzw. die -technologie ausüben. Es ist davon auszugehen,<br />

dass eine Liberalisierung prinzipiell zu<br />

Strukturveränderungen bei den Elektrizitätsanbietern<br />

führen wird. Nur diejenigen Anbieter werden<br />

mittel- und langfristig auf dem Markt bleiben, die<br />

Strom ökonomisch effizient produzieren.Tatsächlich<br />

waren in der EU bis vor kurzem sinkende Strompreise<br />

zu beobachten. Kritiker einer Liberalisierung<br />

befürchten jedoch eine wettbewerbsbeschränkende<br />

Unternehmenskonzentration auf dem Strommarkt<br />

(Kainer und Spielkamp, 1999). So stellen etwa in<br />

Deutschland die vier größten Unternehmen den<br />

überwiegenden Anteil der Stromversorgung. Eine<br />

solche Konzentration ist jedoch keineswegs zwingend.<br />

Liberalisierung bedeutet ja gerade eine Marktöffnung,<br />

durch die sich die Anbieterzahl auch erhöhen<br />

kann. So kann z. B. seit der Liberalisierung ein<br />

verstärkter Markteintritt von Anbietern „grünen<br />

Stroms“ beobachtet werden.<br />

Als Folge der Liberalisierung sind auch langfristige<br />

Strukturveränderungen bei der Stromerzeugung<br />

zu erwarten. Dies kann sich in Form einer stärker<br />

dezentralen Stromproduktion als bisher niederschlagen.<br />

Für Industrieländer bedeutet dies keineswegs<br />

die Rückkehr zu den Insellösungen des letzten Jahrhunderts,<br />

sondern vielmehr eine Einbindung kleinerer,<br />

lokaler Kraftwerke in den Netzverbund. Gerade<br />

durch die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie<br />

ist eine verbesserte Bündelung<br />

und Koordination einzelner kleiner Kraftwerke<br />

zu einem sog. Verteilten Kraftwerk möglich (Kap.<br />

3.4.3). Da insbesondere in Deutschland in den kommenden<br />

Jahren eine grundlegende Erneuerung des<br />

Kraftwerksparks ansteht, bietet sich hier die Gelegenheit,<br />

mit dem Neubau von Kraftwerken auch die<br />

räumlichen Versorgungsstrukturen zu ändern. Nach<br />

Auffassung des Beirats sollte die Bundesregierung<br />

den Umbau der Versorgungsstrukturen prüfen und<br />

mit Pilotprojekten bzw. Markteinführungsprogrammen<br />

fördern. Bereits existierende Maßnahmen der<br />

EU und Deutschlands sollten weiter ausgebaut werden.<br />

Durch eine weniger zentrale Struktur kann auch<br />

der Anteil regenerativer Energien und der Kraft-<br />

Wärme-Kopplung (KWK) erhöht werden. So waren<br />

es in der Vergangenheit hauptsächlich lokale Verteiler<br />

(Stadtwerke), die <strong>im</strong> Auftrag der Kommunen in<br />

erneuerbare Energien und KWK investierten. Seit<br />

mit der vollständigen Liberalisierung die Sonderstellung<br />

der lokalen Versorger entfallen ist, ist es jedoch<br />

in Deutschland in einem erheblichen Maß <strong>zur</strong><br />

Abschaltung von KWK-Kraftwerken gekommen, die<br />

durch Stadtwerke betrieben worden waren (BMU,<br />

2000). Nicht zuletzt ist dies Folge der Subventionierung<br />

fossiler und nuklearer Energien und der ungenügenden<br />

Internalisierung externer Kosten, die zu<br />

verzerrten Preisen führen.<br />

Will man also sicherstellen, dass nicht nur von der<br />

Angebotsseite, sondern auch von der Nachfrageseite<br />

vorhandene Effizienzpotenziale ausgeschöpft werden,<br />

reicht die Liberalisierung nicht aus (IEA, 2000).<br />

Zusätzlich ist über eine Internalisierung der externen<br />

Kosten fossiler und nuklearer Energie dafür zu<br />

sorgen, dass der Preis für effizient produzierten<br />

Strom auf dasjenige Preisniveau angehoben wird, das<br />

den gesellschaftlichen Knappheitsverhältnissen entspricht.<br />

Nur dann kann das zentrale Kriterium, an<br />

dem sich Endverbraucher bei ihren Kaufentscheidungen<br />

orientieren, nämlich der Strompreis,Anreize<br />

für eine effiziente Energienachfrage geben. Es ist<br />

außerdem sinnvoll, eine Kennzeichnungspflicht für<br />

Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen einzuführen.<br />

Damit könnte der Wunsch nach Elektrizität<br />

aus regenerativen Energieträgern leichter realisiert<br />

werden und der Wettbewerb auf liberalisierten<br />

Märkten erhielte neben dem Preis auch eine qualitative<br />

Komponente. Die Kennzeichnung wäre außerdem<br />

ein erster Schritt zu einem System handelbarer<br />

Green Energy Certificates (Batley et al., 2000; Kap.<br />

5.2.2.1).

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