Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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tionen für fossile und nukleare Energie abschaffen<br />
und falsche Marktsignale korrigieren. Ein stabiler<br />
und zuverlässiger marktwirtschaftlicher Ordnungsrahmen<br />
für den Energiesektor und entsprechende<br />
Qualitäten der öffentlichen Verwaltung sind dabei<br />
von zentraler Bedeutung. Der Einsatz marktwirtschaftlicher<br />
Instrumente wie einer Ökosteuer oder<br />
eines Zertifikatehandels könnte dann Anreize für<br />
die Stärkung regenerativer Energien setzen.<br />
Die osteuropäischen EU-Beitrittskandidaten<br />
erfüllen bereits wichtige institutionelle Voraussetzungen,<br />
um Instrumente <strong>zur</strong> Förderung erneuerbarer<br />
Energieformen einsetzen zu können. Eine frühzeitige<br />
Anbindung an den geplanten EU-Zertifikatehandel<br />
wäre empfehlenswert, um die ökonomischen<br />
Kostensenkungspotenziale umfassend auszuschöpfen.<br />
Anders ist jedoch die Instrumentenfrage in den<br />
GUS-Staaten zu bewerten. Aufgrund des <strong>im</strong>mer<br />
noch hohen Reformbedarfs und der un<strong>zur</strong>eichenden<br />
Kapazitäten bei Unternehmen und öffentlicher Verwaltung<br />
bestünde sogar die Gefahr, dass eine Einführung<br />
dieser Instrumente gegenteilige Wirkung<br />
hätte (Bell, 2002).<br />
5.2.2.2<br />
Förderung fossiler Energien mit verringerten<br />
Emissionen<br />
Die Grundidee<br />
Kurz- oder mittelfristig kann auf fossile Energien<br />
nicht verzichtet werden. Ein Verzicht wird erst dann<br />
möglich sein, wenn erneuerbare Energien die entstehende<br />
Versorgungslücke füllen können. Um Versorgungssicherheit<br />
zu wahren, andererseits aber die<br />
Abhängigkeit vom fossilen Pfad zu verringern, sollte<br />
auf zwei Dinge geachtet werden: Zum einen sollten<br />
möglichst wenig Neuinvestitionen für fossile Energieträger<br />
getätigt werden. Zum anderen sollten die<br />
Investitionen <strong>im</strong> fossilen Bereich wie auch diejenigen<br />
Neuinvestitionen, die <strong>im</strong> Hinblick auf die sozioökonomischen<br />
Leitplanken unverzichtbar erscheinen,<br />
für Energien eingesetzt werden, die weniger Emissionen<br />
aufweisen und sich in eine flexible Infrastruktur<br />
einpassen. Ein vorübergehender Ausbau fossiler<br />
Energien kann dadurch so konzipiert werden, dass<br />
mittel- und langfristig die neu geschaffenen Anlagen,<br />
beispielsweise Kraftwerke oder auch Leitungsnetze,<br />
auch mit erneuerbaren Energieträgern betrieben<br />
werden können. Eine Erhöhung des Erdgasanteils<br />
könnte zu der gewünschten Flexibilität führen, wenn<br />
beispielsweise Anlagen, die zunächst mit Erdgas<br />
betrieben werden, zu einem späteren Zeitpunkt auch<br />
mit biogenem Gas oder Wasserstoff funktionieren<br />
würden.<br />
Handlungsempfehlungen für die Länderebene 5.2<br />
Konkrete Schritte<br />
Der vorübergehende Ausbau fossiler Energien mit<br />
verringerten Emissionen ist insbesondere in Entwicklungs-,<br />
Schwellen- und Transformationsländern<br />
wichtig, in denen kurz- und mittelfristig, insbesondere<br />
bei starkem wirtschaftlichen Wachstum, oft<br />
keine nennenswerten Alternativen für die Energieversorgung<br />
<strong>zur</strong> Verfügung stehen. Russland hat beispielsweise<br />
vor, den erwarteten Anstieg der Energienachfrage<br />
durch eine verstärkte Nutzung der Kohlevorkommen<br />
zu decken, um die Abhängigkeit vom<br />
Erdgas zu reduzieren (IEA, 2002a). Eine solche Entwicklung<br />
ist dann weniger kritisch, wenn es gelingt,<br />
die zusätzliche Nutzung von Kohle technisch so zu<br />
realisieren, dass die Emissionen gesenkt werden.<br />
Mindestens in der Übergangsphase muss es darum<br />
gehen, moderne Technologie <strong>zur</strong> Nutzung fossiler<br />
Energieträger in die Transformations- und Entwicklungsländer<br />
zu transferieren. Hier kommt der Entwicklungszusammenarbeit<br />
direkt oder auch indirekt<br />
(etwa in Form von Exportkreditgarantien) eine<br />
wichtige Bedeutung zu. Als vorteilhaft könnten sich<br />
in diesem Zusammenhang auch die flexiblen Kioto-<br />
Mechanismen (Joint Implementation und Clean<br />
Development Mechanism) erweisen, die Industrieländern<br />
einen Anreiz für den Transfer emissionsarmer<br />
Technologien für fossile Energieträger in Entwicklungs-<br />
und Transformationsländer geben.<br />
Probleme könnten vor allem in Entwicklungsländern<br />
entstehen, wenn ein Land mit Kohlevorkommen<br />
und -kraftwerken auf Erdgas umstellen möchte<br />
und damit auf Gas<strong>im</strong>porte angewiesen wäre, die es<br />
nicht bezahlen kann. Finanzielle und technische<br />
Unterstützung sollte daher den Ausbau emissionsarmer<br />
Techniken <strong>zur</strong> Nutzung fossiler Energien in diesen<br />
Ländern begleiten (Kap. 5.2.3).<br />
Die Ablösung der Nutzung traditioneller Biomasse<br />
zum Kochen scheint mittelfristig am ehesten<br />
durch Flüssiggas realisierbar zu sein. Selbst wenn alle<br />
2,4 Mrd. Menschen, die derzeit an Energiearmut leiden,<br />
zu Flüssiggas wechselten, würde dies nur ca. 2%<br />
der weltweiten Emissionen ausmachen (Smith,<br />
2002). Brasilien hat bereits in 94% aller Haushalte<br />
die Verwendung von Biomasse zum Kochen durch<br />
Flüssiggas ersetzt.Während hier 40 kg Flüssiggas pro<br />
Kopf und Jahr verbraucht werden, sind es in China<br />
und Indien noch 10 kg, in Afrika südlich der Sahara<br />
aber weniger als 1 kg (Reddy, 2002). Flüssiggas ist<br />
nach Ansicht des Beirats als Ersatz für die gesundheits-<br />
und umweltgefährdende Nutzung der Biomasse<br />
besonders geeignet, weil es eine verfügbare<br />
und schnell einsetzbare Technologie ist und den späteren<br />
Übergang hin zu regenerativen Energieträgern<br />
erschließt. Langfristig ist die Produktion von Flüssiggas<br />
aus Biomasse anzustreben.<br />
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