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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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5.2.1.1<br />

Internalisierung externer Kosten bei fossiler und<br />

nuklearer Energie<br />

Die Grundidee<br />

Zentrales Hemmnis für die Schaffung global nachhaltiger<br />

Energiesysteme ist die un<strong>zur</strong>eichende Internalisierung<br />

externer Effekte der fossilen und nuklearen<br />

Energiekette von der Förderung bis <strong>zur</strong> Nutzung.<br />

Fossile und nukleare Energie sind daher für den einzelnen<br />

Verbraucher preiswerter als erneuerbare<br />

Energiequellen, deren externe Effekte aber viel<br />

geringer sind. Hierdurch entstehen den erneuerbaren<br />

Energiequellen nachteilige Wettbewerbsverzerrungen.<br />

Eine vollständige Internalisierung externer Kosten<br />

würde weltweit den wesentlichsten Beitrag <strong>zur</strong><br />

Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen der<br />

verschiedenen Energieformen darstellen. Nur unter<br />

gleichen Wettbewerbsbedingungen können erneuerbare<br />

Energiequellen und Effizienzsteigerungen rentabler<br />

als bisherige Energieformen sein. Dadurch<br />

wären Chancen für eine rasche <strong>Energiewende</strong> <strong>zur</strong><br />

<strong>Nachhaltigkeit</strong> gegeben.<br />

Eine ökologische Steuerreform wird <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

mit zwei Effekten begründet:<br />

1. Der ökologische Lenkungseffekt durch die Besteuerung<br />

nicht erneuerbarer Energieträger: Durch<br />

eine Besteuerung fossiler Brennstoffe erhöht sich<br />

deren Preis, die Nachfrage bei ansonsten gleichen<br />

Marktbedingungen sinkt, und sie werden durch<br />

andere Energieträger ersetzt. Außerdem gibt es<br />

einen Anreiz <strong>zur</strong> Steigerung der Energieeffizienz<br />

sowie <strong>zur</strong> technologischen Entwicklung bei erneuerbaren<br />

Energien.<br />

2. Der fiskalische Effekt durch Verwendung der Einnahmen:<br />

Streng genommen sind die Einnahmen<br />

nur ein Nebeneffekt, der für den Internalisierungsansatz<br />

unwesentlich ist. Wird der „richtige“<br />

Steuersatz gewählt, ist die Allokationsverzerrung<br />

beseitigt. Bei ökologischen Steuerreformen geht<br />

es jedoch nicht um die isolierte Einführung einer<br />

einzelnen Schadstoffabgabe, sondern darum,<br />

andere Einnahmen durch eine effizientere<br />

Umweltabgabe zu ersetzen.<br />

Hintergrund dieser Idee ist die These der „doppelten<br />

Dividende“ (Goulder, 1995): Neben umweltpolitischen<br />

Lenkungswirkungen (erste Dividende) kann<br />

auch eine Steigerung der Effizienz der nationalen<br />

Steuersysteme (zweite Dividende) herbeigeführt<br />

werden. Die zweite Dividende basiert darauf, dass<br />

durch das Steueraufkommen verzerrende und damit<br />

Effizienz mindernde Abgaben, wie z. B. die Einkommensteuer<br />

oder Sozialabgaben, aufkommensneutral<br />

gesenkt werden. Sind die Verzerrungen der zu senkenden<br />

Steuer größer als die Verzerrungen durch<br />

Handlungsempfehlungen für die Länderebene 5.2<br />

eine Umweltabgabe (etwa Substitutionseffekte <strong>im</strong><br />

Vorleistungsbereich), würde man eine doppelte Dividende<br />

erzielen. In der Praxis führt jedoch etwa eine<br />

Entlastung des Faktors Arbeit durch eine Senkung<br />

der Lohnnebenkosten nur unter best<strong>im</strong>mten Annahmen<br />

über die Arbeits- und Gütermärkte zu einer<br />

doppelten Dividende (SRW, 1998;Wissenschaftlicher<br />

Beirat be<strong>im</strong> Bundesministerium der Finanzen, 1997).<br />

Aufgrund dieser Unsicherheit schließt sich der Beirat<br />

der Meinung des Sachverständigenrats für<br />

Umweltfragen an, dass auf nationaler Ebene die<br />

Besteuerung fossiler Energieträger nicht durch die<br />

zweite Dividende, sondern allein durch die ökologische<br />

Lenkungswirkung gerechtfertigt ist (SRU,<br />

2002).<br />

Prinzipiell können mit handelbaren Emissionsrechten<br />

(Zertifikaten), d. h. einer Mengenlösung, die<br />

gleichen ökologischen Ziele erreicht werden wie mit<br />

Steuern; allerdings sind Zertifikate nicht für alle<br />

Schadstoffe und nicht für alle Emittenten praktikabel.<br />

Daher dominiert vor allem auf nationaler Ebene<br />

meist die Diskussion einer ökologisch orientierten<br />

Besteuerung. In der globalen und europäischen Kl<strong>im</strong>apolitik<br />

rückt jedoch vermehrt der Zertifikatsansatz<br />

in den Vordergrund. Damit das zunehmende<br />

Nebeneinander von Mengen- und Steuerlösungen<br />

weder die nationale noch die internationale Umweltund<br />

Energiepolitik blockiert, ist künftig insbesondere<br />

in der internationalen Kl<strong>im</strong>apolitik stärker auf<br />

die Kompatibilität von nationalen mit internationalen<br />

Instrumenten zu achten.<br />

Konkrete Schritte<br />

Vor dem Hintergrund der oben erläuterten Grundidee<br />

empfiehlt der <strong>WBGU</strong> der Bundesregierung folgende<br />

Maßnahmen:<br />

• Ökologische Lenkungsanreize durch Besteuerung<br />

nicht erneuerbarer Energieträger stärken: Unter<br />

Kl<strong>im</strong>aschutzaspekten müssen die Braun- und<br />

Steinkohle am höchsten besteuert werden, gefolgt<br />

von Heizöl, Benzin und Erdgas. Für die dynamischen<br />

Innovationsanreize ist es entscheidend, dass<br />

die Abgabensätze stetig in kleinen Schritten<br />

erhöht werden, damit die Akteure Energiepreiserhöhungen<br />

langfristig in ihren Entscheidungen<br />

berücksichtigen können. Ökologisch bedenkliche<br />

Ausnahmeregeln für energieintensive Branchen<br />

sind schrittweise abzubauen. In hochintegrierten<br />

Wirtschaftsräumen wie der EU ist ein gemeinsames<br />

Vorgehen essenziell und langfristig auch global<br />

anzustreben.<br />

• Ökologisch effektiven und ökonomisch effizienten<br />

Instrumentenmix umsetzen: Die Weiterentwicklung<br />

ökologischer Steuerreformen sollte sich an<br />

dem <strong>im</strong> Rahmen des Kioto-Protokolls bzw. EU-<br />

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