Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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4.5.2.2<br />
Kosten des exemplarischen Transformationspfads<br />
und Finanzierbarkeit<br />
Für eine <strong>Energiewende</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nachhaltigkeit</strong> ist ein<br />
Transformationsprozess über 100 oder mehr Jahre<br />
notwendig. Wollte man die kumulierten Kosten der<br />
<strong>Energiewende</strong> berechnen, müsste man die Entwicklung<br />
von Investitions-, Forschungs-, Betriebsmittelund<br />
Wartungskosten nicht nur für den exemplarischen<br />
Pfad, sondern auch die Kosten des BAU-Pfads<br />
und anderer Vergleichsszenarien voraussagen können.<br />
Es liegt auf der Hand, dass Preisentwicklungen,<br />
z. B. für Pr<strong>im</strong>ärenergieträger, nicht über einen Jahrhundertzeitraum<br />
hinweg hinreichend zuverlässig<br />
geschätzt werden können. Gleiches gilt für zukünftige,<br />
heute noch unbekannte Basisinnovationen in<br />
der Energiewandlung und -nutzung sowie die bei<br />
ihrer Anwendung auftretenden Kosten bzw. Kosteneinsparungen.<br />
Sie können mit dem üblicherweise<br />
angewandten Konzept der Skaleneffekte und der<br />
Lernkurven nicht hinreichend erfasst werden.<br />
Hinzu kommen große Schwierigkeiten bei der<br />
Ermittlung und Monetarisierung der externen Kosten<br />
der <strong>Energiewende</strong> und alternativer Energiepfade.<br />
Auch wenn keine genauen Angaben über die<br />
Höhe externer Kosten gemacht werden können, sind<br />
Vergleiche möglich. Der exemplarische Pfad zeigt<br />
etwa, dass ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger<br />
sowohl lokale als auch globale Umweltschäden<br />
reduziert. Der fossil-nukleare Pfad führt hingegen zu<br />
massiven Umweltbelastungen, insbesondere durch<br />
den Kl<strong>im</strong>awandel. Der Kl<strong>im</strong>awandel wiederum verursacht<br />
volkswirtschaftliche Schäden und Anpassungskosten.<br />
Die externen Kosten des exemplarischen<br />
Pfads durch Gesundheitsschäden sind ebenfalls<br />
niedriger. Der exemplarische Pfad birgt gegenüber<br />
dem fossilen Pfad außerdem das Potenzial für<br />
eine „Sonnendividende“. Damit sind Einsparungen<br />
bei den energiepolitisch motivierten Verteidigungsausgaben<br />
gemeint, deren Notwendigkeit durch den<br />
Umstieg auf erneuerbare Energieträger abn<strong>im</strong>mt, da<br />
die Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern<br />
sinkt. Es wird geschätzt, dass allein die energiepolitisch<br />
motivierten Verteidigungsausgaben der USA<br />
ca. 33 Mrd. US-$ jährlich betragen (Hu, 1997). Dazu<br />
kämen außerdem vermiedene Ausgaben gegen<br />
Nuklearterrorismus.<br />
Aufgrund der Unsicherheiten und Unwägbarkeiten<br />
bei der Kostenermittlung verzichtet der <strong>WBGU</strong><br />
auf eine quantitative Abschätzung der gesamten<br />
Kosten. Da jedoch die Frage der Finanzierbarkeit der<br />
<strong>Energiewende</strong> und damit die Höhe der erforderlichen<br />
Investitionen von unmittelbar praktischen<br />
Interesse ist, werden die Daten der Modellläufe herangezogen,<br />
um eine grobe Vorstellung über die<br />
Diskussion des exemplarischen Pfads 4.5<br />
Investitionen zu geben, die bei der Umsetzung des<br />
exemplarischen Pfads auftreten können. Das MIND-<br />
Modell berechnet für den Zeitraum 2000–2100<br />
kumulierte Investitionen in das globale Energiesystem<br />
in Höhe von 300.000 Mrd. US-$ für BAU und<br />
330.000 Mrd. US-$ für UMBAU. Das Ausgangsszenario<br />
für den exemplarischen Pfad A1T-450 erfordert<br />
nach den Berechnungen von IIASA <strong>im</strong> gleichen<br />
Zeitraum kumuliert etwa 190.000 Mrd. US-$, während<br />
der Kohle intensive und nukleare Wachstumspfad<br />
A1C-450 etwa 500.000 Mrd. US-$ Investitionen<br />
erfordern würde. Der exemplarische Transformationspfad<br />
weist insgesamt weniger Energiebedarf als<br />
das A1T-450-Szenario auf. Die fossilen Energien und<br />
die Speicherung von Kohlenstoff sind in beiden Szenarien<br />
fast identisch, dagegen enthält der exemplarische<br />
Pfad weniger Kernenergie, Wasserkraft, Solarthermie<br />
und Biomasse und benötigt daher voraussichtlich<br />
bei diesen Energien auch weniger kumulierte<br />
Investitionen. Nur bei der Windkraft und der<br />
Steigerung der Energieproduktivität werden die<br />
kumulierten Investitionen diejenigen des A1T-450-<br />
Szenarios überschreiten. Der Beirat geht anhand<br />
eigener Überlegungen davon aus, dass sich bei<br />
Berücksichtigung aller relevanten Kosten die Modifikationen<br />
des A1T-450-Szenarios zum exemplarischen<br />
Pfad finanziell annähernd ausgleichen könnten.<br />
Die vorliegenden Schätzungen beziehen sich auf<br />
Szenarien mit einem sofortigen Einstieg in die <strong>Energiewende</strong>.<br />
Würde die <strong>Energiewende</strong> um einige Jahrzehnte<br />
verschoben, stiegen die Investitionskosten<br />
und, gleich bleibende Bedingungen vorausgesetzt,<br />
die Transformationskosten aufgrund der Verfestigung<br />
der Pfadabhängigkeit jedoch beträchtlich. Der<br />
Beirat ist sich bewusst, dass der exemplarische Pfad<br />
mit der starken Anschubhilfe für neue erneuerbare<br />
Energien kurzfristig teurer ist als ein Pfad, in dem<br />
zunächst auf die Ausschöpfung der kostengünstigsten<br />
Treibhausgasreduktionspotenziale <strong>zur</strong>ückgegriffen<br />
würde. Allerdings sollte der exemplarische<br />
Pfad langfristig kostengünstiger sein, weil nur er die<br />
notwendigen solaren Energieversorgungskapazitäten<br />
in einigen Jahrzehnten <strong>zur</strong> Verfügung stellt, die<br />
<strong>zur</strong> Abwendung größerer Treibhausschäden notwendig<br />
sind. Aus all dem folgt:<br />
• Angaben über die Kosten des Umbaus des globalen<br />
Energiesystems sind mit großen Unsicherheiten<br />
behaftet. Unterschiedliche Modelle beziffern<br />
die kumulierten Investitionskosten für den Zeitraum<br />
von 2000 bis 2100 auf mehrere 100.000 Mrd.<br />
US-$;<br />
• Auf der Grundlage modifizierter Modellergebnisse<br />
können für den exemplarischen Pfad von<br />
2000 bis 2100 kumulierte Investitionen zwischen<br />
190.000–330.000 Mrd. US-$ abgeschätzt werden;<br />
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