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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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4.5.1<br />

Das MIND-Modell<br />

Um die Ergebnisse des Kapitels 4.4 makroökonomisch<br />

zu untermauern, nutzt der <strong>WBGU</strong> ein innovatives<br />

Modellkonzept, welches eine Konsistenzprüfung<br />

des exemplarischen Pfads ermöglicht. Dazu<br />

wird das Modell MIND (Model of Investment and<br />

Technological Development; Edenhofer et al., 2002)<br />

verwendet. MIND ist ein endogenes Energiesystemmodell,<br />

welches an ein Kl<strong>im</strong>amodell gekoppelt ist.<br />

Der <strong>im</strong> Kapitel 4.4 abgeleitete exemplarische Pfad<br />

beruht stark auf den Annahmen des A1T-450-Szenarios<br />

(Kap. 4.2). Diese betreffen u.a. Bevölkerungsentwicklung,<br />

Wirtschaftswachstum, Entwicklung des<br />

Energiebedarfs und technologischen Fortschritt, die<br />

exogen vorgegeben sind.<br />

Ein alternativer Ansatz besteht darin, zentrale<br />

Variablen wie Wirtschaftswachstum, Energiebedarf<br />

sowie Effizienz- und Produktivitätssteigerungen<br />

endogen, d. h. innerhalb des Modellrahmens, zu<br />

best<strong>im</strong>men. Im Gegensatz zum MESSAGE-Modell,<br />

mit dem die Rechnungen zum A1T-Szenario durchgeführt<br />

wurden, sind in MIND nur wenige Rahmendaten<br />

und ein Satz plausibler Entscheidungskriterien<br />

für die dynamische Opt<strong>im</strong>ierung vorgegeben. Zwar<br />

liefert MIND keine regionale und auch keine technikspezifische<br />

Auflösung, jedoch ermöglicht dieser<br />

alternative Zugang weitere Plausibilitätstests des<br />

exemplarischen Pfads. MIND ist ein globales Modell<br />

und ermöglicht die Bewertung langfristiger Handlungsoptionen<br />

für den Kl<strong>im</strong>aschutz bezüglich der<br />

erforderlichen Investitionen sowie der technologischen<br />

Entwicklungsdynamik. Es ermöglicht insbesondere<br />

eine kritische Überprüfung der Hypothese,<br />

die Kosten eines Umbaus seien viel zu hoch und<br />

stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen.<br />

Dem Modell werden <strong>im</strong> wesentlichen nur Bevölkerungsentwicklung,<br />

Lernkurven für Technologien<br />

und Verfügbarkeit von Kohle, Öl und Gas vorgegeben.<br />

Die zukünftigen Entwicklungen, wie z. B. die<br />

Nachfrage bei fossilen und erneuerbaren Energieträgern<br />

sowie der Konsum, werden vom Modell<br />

endogen berechnet. Wie in der wirtschaftlichen<br />

Wachstumstheorie üblich, wird ein Investor angenommen,<br />

der versucht, den Pro-Kopf-Konsum von<br />

Produkten und Dienstleistungen über die Zeit hinweg<br />

zu max<strong>im</strong>ieren (Ramsey, 1928). Die Emissionspfade<br />

werden auf der Basis eines endogenisierten<br />

technischen Fortschritts best<strong>im</strong>mt, denn die technologische<br />

Entwicklung ist ein Prozess, welcher entscheidend<br />

durch ökonomische Aktivitäten mitbest<strong>im</strong>mt<br />

wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn<br />

Knappheiten Innovationen hervorrufen wie z. B. eine<br />

Ölkrise (Ruttan, 2000; Goulder und Mathai, 2000).<br />

Diskussion des exemplarischen Pfads 4.5<br />

MIND berücksichtigt zudem Effekte, die durch<br />

Rationalisierungsmaßnahmen und Lernen induziert<br />

werden, z. B. durch wachsende Produktionsmengen<br />

oder durch eine Ressourcenverknappung. Des weiteren<br />

verwendet der <strong>WBGU</strong> in MIND keine Kosten-<br />

Nutzen-Analysen, wie sie in der Kl<strong>im</strong>aökonomie<br />

üblich sind (z. B. Nordhaus und Boyer, 2000). Der<br />

Grund liegt darin, dass es dem <strong>WBGU</strong> äußerst<br />

schwierig erscheint, Kl<strong>im</strong>aschäden angemessen zu<br />

monetarisieren.<br />

MIND enthält drei unterschiedliche Energiesektoren,<br />

die aggregiert betrachtet werden: erneuerbare<br />

Energien, Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen<br />

und Extraktion fossiler Brennstoffe. Der fossile<br />

Energiemix wird nicht explizit modelliert, sondern es<br />

wird der zeitliche Verlauf des Kohlenstoffgehalts des<br />

fossiler Energiemixes aus dem exemplarischen Pfad<br />

übernommen. Die fossilen Pr<strong>im</strong>ärenergieträger werden<br />

in MIND <strong>im</strong> fossilen Energiesektor zu Endenergie<br />

umgewandelt. Die Umwandlungseffizienz kann<br />

dabei durch die Substitution von Pr<strong>im</strong>ärenergie<br />

durch Kapital endogen verändert werden. Zur Endenergie<br />

aus fossilen Quellen wird die Energie aus<br />

nicht fossilen Quellen addiert. Dieser Ansatz entspricht<br />

der direkten Äquivalentmethode, die auch<br />

für den exemplarischen Pfad angewandt wurde. Mit<br />

erneuerbaren Energieträgern sind in MIND die<br />

„neuen“ erneuerbaren Energieträger bezeichnet,<br />

d.h. diejenigen, die sich in der Zukunft noch technologisch<br />

entwickeln können (beispielsweise Sonnenenergie,<br />

Wind, moderne Biomasse). Auch sie werden<br />

aggregiert modelliert. Die konventionellen erneuerbaren<br />

Energieträger wie traditionelle Biomasse und<br />

Wasserkraft werden in MIND nicht explizit modelliert.<br />

Die aus diesen Quellen und der Kernkraft<br />

gewonnene Energiemenge wird aus dem exemplarischen<br />

Pfad übernommen (Kap. 4.4). Das gleiche gilt<br />

für die Emissionen der anderen Treibhausgase<br />

(Methan, Lachgas, CO 2 aus Landnutzungsänderung<br />

und die fluorierten Gase) und die Kohlenstoffspeicherung<br />

in geologischen Formationen. Damit ist<br />

gewährleistet, dass alle Faktoren, die von MIND<br />

nicht modelliert werden, mit denen des exemplarischen<br />

Pfads übereinst<strong>im</strong>men. MIND berechnet<br />

unterschiedliche Szenarien für den BAU- („business<br />

as usual“) und UmBAU-Fall. Für den BAU-Fall werden<br />

kosteneffektive Pfade ohne Beschränkungen<br />

berechnet, während <strong>im</strong> UmBAU-Fall zusätzlich die<br />

Einführung der vom Beirat definierten Kl<strong>im</strong>aleitplanke<br />

erfolgt. Schließlich werden Korridore zukünftiger<br />

Emissionspfade berechnet, die mit der Kl<strong>im</strong>aleitplanke<br />

verträglich und unter Entwicklungsaspekten<br />

ökonomisch vertretbar sind.<br />

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