Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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wie Zeitaufwand und Gesundheitsschäden verbunden<br />
(Kap. 2.6, 3.2.4).<br />
Bei schätzungsweise 1,2 Mrd. Menschen, die heute<br />
unter der Armutsgrenze von 1 US-$ pro Tag leben,<br />
bedeutet die 10%-Leitplanke, dass es diesen Menschen<br />
möglich sein muss, höchstens 37 US-$ pro Jahr<br />
für die Deckung ihres elementaren Energiebedarfs<br />
auszugeben. Für weitere 1,6 Mrd. Menschen (1–2<br />
US-$ pro Tag) liegt der zumutbare Betrag bei 37–<br />
73 US-$ pro Jahr. Unter der extrem vereinfachten<br />
Annahme, dass das Einkommen und seine Verteilung<br />
unverändert bleiben und alle der ca. 2,8 Mrd.<br />
Ärmsten genau 365 US-$ pro Jahr <strong>zur</strong> Verfügung<br />
haben, dürfte ihnen für die ersten 500 kWh pro Jahr<br />
nicht mehr als durchschnittlich 7,3 US-Cent pro kWh<br />
(Strom bzw. Brennstoff) in Rechnung gestellt werden.<br />
Die dann notwendige Quersubventionierung<br />
oder die sozialen Transfers („Heiz- und Stromgeld“)<br />
n<strong>im</strong>mt mit wachsendem Einkommen der Armen ab.<br />
Hier sollte sich auch der einkommensschaffende<br />
Effekt des Zugangs zu moderner und bezahlbarer<br />
Energie beschleunigend auswirken.<br />
Prüfung der Leitplanke<br />
Während das A1T-450-Szenario nicht die Daten liefert,<br />
die <strong>zur</strong> Prüfung dieser Leitplanke notwendig<br />
sind (z. B. Strompreise, Einkommen bzw. Konsum),<br />
kann das Szenario B1-450 dafür herangezogen werden.<br />
Es wird angenommen, dass der durchschnittliche<br />
private Konsum in den armen Schichten<br />
zunächst dem privaten Einkommen gleichzusetzen<br />
ist. Dann wird über die Verteilung der Einkommen in<br />
den ärmsten Entwicklungsländern ein Schätzwert für<br />
das Einkommen der ärmsten 10% der Bevölkerung<br />
errechnet. Da von diesem Wert max<strong>im</strong>al 10% für 500<br />
kWh pro Kopf und Jahr <strong>zur</strong> Verfügung stehen, lässt<br />
sich ein noch tolerierbarer Strompreis errechnen und<br />
mit dem Preis <strong>im</strong> Szenario vergleichen. Diese Rechnung<br />
ist mit vielen Unsicherheiten behaftet, so sind<br />
z. B. die Strompreise innerhalb eines Landes sehr<br />
unterschiedlich: In ländlichen Räumen, in denen<br />
Strom mit Dieselgeneratoren produziert wird, liegt<br />
der Preis erheblich höher als in Städten. Unterschiedliche<br />
Subventionspraktiken verzerren die<br />
Werte zusätzlich. Das Ergebnis der Berechnung für<br />
das B1-450-Szenario zeigt, dass die Einhaltung der<br />
Leitplanke ab Mitte dieses Jahrhunderts gewährleistet<br />
werden kann. Da das A1T-450-Szenario aber<br />
höhere Wirtschaftswachstumsraten und damit<br />
Einkommenszuwächse aufweist, wird die Lage dort<br />
eher besser sein. Der <strong>WBGU</strong> hält es aus diesen<br />
Gründen für realistisch, dass die Leitplanke spätestens<br />
ab 2050 eingehalten werden kann.<br />
Leitplanken für die Transformation der Energiesysteme 4.3<br />
4.3.2.5<br />
Gesamtwirtschaftlicher<br />
Mindestentwicklungsbedarf pro Kopf<br />
Der gesamte Bedarf eines Menschen an Energie<br />
muss auch die indirekt genutzten Energiedienstleistungen<br />
umfassen, die für Herstellung und Vertrieb<br />
aller vom Menschen verbrauchten privaten und<br />
öffentlichen Güter eingesetzt werden. Hierzu zählen<br />
z. B. auch Transportdienstleistungen, die aus methodischen<br />
Gründen bei der Ermittlung des individuellen<br />
Energiebedarfs (Leitplanke „Individueller Mindestbedarf<br />
an moderner Energie“; Kap. 4.3.2.3) nicht<br />
berücksichtigt sind. Ein brauchbarer Indikator für<br />
die Summe der erstellten Waren und Dienstleistungen<br />
ist das Bruttoinlandsprodukt, obwohl er verschiedene<br />
Mängel aufweist und zum Beispiel den<br />
informellen Sektor sowie Familien- und ehrenamtliche<br />
Arbeit nur un<strong>zur</strong>eichend erfasst. Der Beirat ist<br />
sich bewusst, welche normativen Probleme mit<br />
einem Mindestwert für den Indikator BIP pro Kopf<br />
und Jahr verbunden sind. Da jedoch dieser Grenzwert<br />
nicht als Ziel, sondern als Leitplanke definiert<br />
wird, dessen Unterschreitung als nicht sozial und<br />
ökonomisch nachhaltig angesehen wird, schlägt der<br />
Beirat dennoch die folgende Definition vor.<br />
Definition der Leitplanke<br />
Jedes Land soll ein Bruttoinlandsprodukt von mindestens<br />
2.900 US-$ pro Kopf und Jahr (in Preisen von<br />
1999) erreichen.<br />
Begründung der leitplanke<br />
Die Leitplanke wurde wie folgt ermittelt: es wurde<br />
nach den 10 der 70 ärmsten Länder gesucht, die einen<br />
relativ hohen Wert des Human Development Index<br />
(HDI) und des einkommensbereinigten HDI mit<br />
einem niedrigen Wert des Human Poverty Index<br />
kombinieren (Tab. 4.3-4).<br />
Die 10 ausgewählten Länder weisen einen bereinigten<br />
HDI von 0,7–0,8 sowie einen HPI von 11–29<br />
auf. Sie gehören somit trotz des relativ niedrigen BIP<br />
zu den Ländern, die UNDP in den mittleren Bereich<br />
menschlicher Entwicklung einordnet und sie zählen<br />
zu der Hälfte der Entwicklungsländer mit einem<br />
HPI