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Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU

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126 4 Nachhaltige Transformation der Energiesysteme<br />

pelt so lange (IEA, 2002c). Berücksichtigt man<br />

zusätzlich die zu erwartende Bevölkerungsentwicklung,<br />

dürfte der Zeitraum noch länger sein.<br />

Diese Perspektive ist nach Ansicht des <strong>WBGU</strong> nicht<br />

zu tolerieren. Zusätzliche Anstrengungen müssen<br />

unternommen werden, um den Zugang zu moderner<br />

Energie sicherzustellen.<br />

Definition der Leitplanke<br />

Als Mindestanforderung an die <strong>Nachhaltigkeit</strong> der<br />

<strong>Energiewende</strong> rät der <strong>WBGU</strong>, dass der Zugang zu<br />

moderner Energie schrittweise für die gesamte <strong>Welt</strong>bevölkerung<br />

gewährleistet werden sollte. Dies<br />

betrifft insbesondere die Umstellung gesundheitsschädigender<br />

Biomassenutzung zum Kochen und<br />

Heizen auf moderne Energieträger (Kap. 3.2.4.2)<br />

sowie diejenigen Energiedienstleistungen, die vom<br />

Zugang zu Elektrizität abhängen. Aus dieser Leitplanke<br />

leitet der <strong>WBGU</strong> Ziele ab, die in Kapitel 7.3.1<br />

konkretisiert werden.<br />

Prüfung der Leitplanke<br />

Das Testszenario A1T-450 bietet nicht die erforderlichen<br />

Daten, um diese Leitplanke quantitativ prüfen<br />

zu können. Da es sich aber um ein Szenario mit<br />

hohem Wirtschaftswachstum handelt, scheint das<br />

Erreichen der Leitplanke binnen einiger Jahrzehnte<br />

durchaus realisierbar. Der World Energy Council<br />

hält sogar die Elektrifizierung aller momentan nicht<br />

elektrifizierten Haushalte binnen 20 Jahren für möglich<br />

(WEC, 2000). Angesichts des jüngeren Erfolgs<br />

Chinas, durchschnittlich 6 Mio. Menschen pro Jahr in<br />

entfernteren ländlichen Gegenden an das Stromnetz<br />

anzuschließen (Chen et al., 2002), sollte weltweit das<br />

Zehnfache machbar sein, vor allem, wenn zunächst<br />

Insellösungen (z. B. Dorfstromversorgungssysteme)<br />

geschaffen werden.<br />

Energiedienstleistung<br />

Erläuterungen Bedarf an Endenergie<br />

[kWh pro Kopf und Jahr]<br />

Trinkwasser Elektrische Pumpe für 5 l pro Kopf und Tag 2<br />

Beleuchtung 5 h am Tag mit 20 W pro Haushalt 7<br />

Information,<br />

Kommunikation<br />

Kommunikationsgeräte (Radio, TV u.a.)<br />

5 h mit 50 W pro Haushalt<br />

Kühlung 0,4 kWh pro Tag und Haushalt, besonders<br />

für Lebensmittel<br />

29<br />

Zwischensumme 56 (Elektrizität)<br />

Kochen 1,5 gekochte Mahlzeiten pro Tag 400 (Brennstoff)<br />

Summe 456<br />

4.3.2.3<br />

Individueller Mindestbedarf an moderner Energie<br />

Definition der Leitplanke<br />

Um den individuellen Mindestbedarfs der <strong>Welt</strong>bevölkerung<br />

an moderner Energie zu decken, empfiehlt<br />

der Beirat (folgende Angaben beziehen sich<br />

auf Endenergie):<br />

• spätestens ab 2020 sollten alle Menschen wenigstens<br />

500 kWh pro Kopf und Jahr <strong>zur</strong> Verfügung<br />

haben;<br />

• spätestens ab 2050 sollten alle Menschen wenigstens<br />

700 kWh pro Kopf und Jahr <strong>zur</strong> Verfügung<br />

haben;<br />

• spätestens bis 2100 sollten alle Menschen wenigstens<br />

1.000 kWh pro Kopf und Jahr <strong>zur</strong> Verfügung<br />

haben.<br />

Der <strong>WBGU</strong> schätzt den absoluten individuellen<br />

Mindestbedarf an Energie auf ca. 450 kWh pro Kopf<br />

und Jahr (in einem 5-Personen-Haushalt; Tab. 4.3-3)<br />

bzw. 500 kWh pro Kopf und Jahr (in einem 2-Personen-Haushalt).<br />

Der Wert liegt damit in dem Intervall<br />

von 300–700 kWh pro Kopf und Jahr, das auch in der<br />

Literatur meist angegeben wird. Nach Meinung einzelner<br />

Autoren des WEC sind sogar 1.000 kWh pro<br />

Kopf und Jahr der adäquate Mindestbedarf (WEC,<br />

2000). 450 bzw. 500 kWh pro Kopf und Jahr können<br />

nur ein absolutes Min<strong>im</strong>um darstellen, da Heizen,<br />

Transport und die Unterstützung haus- und subsistenzwirtschaftlicher<br />

Tätigkeiten unberücksichtigt<br />

bleiben. Außerdem ist das in den Berechnungen<br />

unterstellte Effizienzniveau zwar wünschenswert<br />

und grundsätzlich umsetzbar, möglicherweise müssen<br />

aber Abstriche gemacht werden. Andererseits<br />

könnte der technische Fortschritt künftig ermöglichen,<br />

dass langfristig der oben genannte Grundbedarf<br />

mit weniger Pr<strong>im</strong>ärenergie gedeckt werden<br />

kann. Im Folgenden wird die Leitplanke genauer<br />

begründet.<br />

18<br />

Tabelle 4.3-3<br />

Mindestbedarf an<br />

Endenergie pro Kopf. Die<br />

Unterschreitung muss als<br />

nicht nachhaltig eingestuft<br />

werden. Grundlage der<br />

Berechnung ist ein 5-<br />

Personen-Haushalt.<br />

Quellen: <strong>WBGU</strong>; G8<br />

Renewable Energy Task<br />

Force, 2001

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