Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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120 4 Nachhaltige Transformation der Energiesysteme<br />
Speicherung in tiefen salinen Aquiferen ist das<br />
Potenzial erheblich größer, die Unsicherheit über<br />
Machbarkeit und Umweltfolgen allerdings auch.<br />
Angesichts des un<strong>zur</strong>eichenden Wissensstands und<br />
möglicherweise erheblicher Folgen für die Ökosysteme<br />
lehnt der <strong>WBGU</strong> eine Anwendung ab, bevor<br />
nicht eine eingehende Technologiefolgenanalyse<br />
stattgefunden hat (Kap. 3.6).<br />
4.3.1.3<br />
Nachhaltige Flächennutzung<br />
Der Beirat hat in einem früheren Gutachten erste<br />
Überschlagsrechnungen vorgenommen, wie eine<br />
nachhaltige Nutzung der Biosphäre für heutige und<br />
kommende Generationen gewährleistet werden<br />
kann (<strong>WBGU</strong>, 2000). Demnach sollten 10–20% der<br />
weltweiten terrestrischen Biosphäre durch ein weltumspannendes<br />
Netzwerk von Schutzgebieten gesichert<br />
werden. Da dabei aber nach Biomen, Ländern,<br />
Regionen usw. differenziert werden sollte, kann es<br />
auch Regionen geben, für die ein weit höherer Anteil<br />
Naturschutzvorrangfläche angemessen ist; bei anderen<br />
Regionen könnten 2–5% bereits ausreichen.<br />
Die Bevölkerungszunahme verschärft zusätzlich<br />
den Nutzungskonflikt zwischen Land- bzw. Forstwirtschaft<br />
und dem Naturschutz. In den bevölkerungsreichen<br />
Regionen Südasiens werden bereits<br />
85% der potenziellen Anbaufläche <strong>zur</strong> Nahrungsmittelproduktion<br />
genutzt, dennoch ist die landwirtschaftliche<br />
Fläche pro Kopf kleiner als für die<br />
Ernährungssicherung erforderlich (<strong>WBGU</strong>, 2000).<br />
Der IPCC rechnet für das 21. Jahrhundert mit einer<br />
Zunahme der landwirtschaftlichen Nutzfläche um<br />
weltweit ca. 30%, wobei die Spannweite von 7,5% in<br />
entwickelten Ländern bis 96% in Afrika reicht<br />
(IPCC, 2001b).<br />
Definition der Leitplanke<br />
Zur Vermeidung von Konflikten um Flächen ist es<br />
notwendig, Grenzen für den Anbau von Bioenergiepflanzen<br />
bzw. für terrestrische CO 2-Speicherung<br />
zu definieren. Dazu sind die beiden folgenden<br />
Punkte zu beachten:<br />
• Die Produktion von Bioenergieträgern und die<br />
terrestrische CO 2 -Speicherung dürfen die Umsetzung<br />
des <strong>WBGU</strong>-Flächenziels von 10–20% für<br />
den Naturschutz nicht gefährden. Da die derzeitige<br />
weltweite Schutzfläche insgesamt nur 8,8%<br />
beträgt (Gebiete der Kategorien I-VI; Green und<br />
Paine, 1997), ist eine Umwandlung natürlicher<br />
Ökosysteme in Anbauflächen für Bioenergieträger<br />
grundsätzlich abzulehnen;<br />
• Die Produktion von Nahrungsmitteln muss Vorrang<br />
vor der Produktion nachwachsender Energieträger<br />
bzw. vor Speicherung haben.<br />
Auf Basis dieser Grundsätze kann die max<strong>im</strong>ale<br />
Anbaufläche von Bioenergiepflanzen abgeschätzt<br />
werden, die global bzw. in best<strong>im</strong>mten Regionen <strong>zur</strong><br />
Verfügung stehen sollte.Als globale Leitplanke empfiehlt<br />
der <strong>WBGU</strong>, höchstens 3% der terrestrischen<br />
Erdoberfläche für derartige Energiezwecke <strong>zur</strong> Verfügung<br />
zu stellen. Durch Anbau von Bioenergiepflanzen<br />
könnten auf dieser Fläche jährlich etwa<br />
45 EJ Pr<strong>im</strong>ärenergie gewonnen werden. Eine detaillierte<br />
Betrachtung einzelner Kontinente ist wegen<br />
der unterschiedlichen lokalen Bedingungen aber<br />
unumgänglich, um Nutzungskonflikte mit der Nahrungsmittel-<br />
und Holzproduktion sowie dem Schutz<br />
natürlicher Ökosysteme zu vermeiden. In Tabelle<br />
4.3-1 finden sich die Vorschläge des Beirats für regionale<br />
Leitplanken. Vor der Umsetzung muss allerdings<br />
sichergestellt sein, dass die Forderung nach<br />
einem weltweiten Schutzgebietsnetzwerk realisiert<br />
worden ist (<strong>WBGU</strong>, 2000).<br />
Begründung der leitplanke<br />
Kaltschmitt et al. (2002) geben als potenzielle<br />
Anbaufläche für Energiepflanzen in der Europäische<br />
Union 10% der Ackerfläche (7,4 Mio. ha) an,<br />
vor allem bedingt durch den Rückgang landwirtschaftlicher<br />
Nutzflächen (Kap. 3.2.4.2). Geht man für<br />
Gesamteuropa davon aus, dass in Zukunft jeweils<br />
10% des Ackerlands und 10% des Weidelands für<br />
Energiepflanzen <strong>zur</strong> Verfügung stehen, so erhält man<br />
eine Fläche von ca. 22 Mio. ha bzw. 4,5% der Landfläche<br />
als Leitplanke (Tab 4.3-1).<br />
In Asien stehen wegen der lokal bereits nachgewiesenen<br />
Übernutzung von Biomasseressourcen<br />
(Kaltschmitt et al., 1999) nur geringe Flächen <strong>zur</strong><br />
Verfügung. Für Australien liegen keine Abschätzungen<br />
vor, angesichts der großen Wüsten- und Halbwüstenflächen<br />
sind die Möglichkeiten zum Anbau<br />
von Energiepflanzen sehr begrenzt.<br />
Die Abschätzung von Marrison und Larson (1996)<br />
für Afrika berücksichtigt eine Zunahme des Ackerlandes<br />
um das 2,4fache und eine gleich bleibende<br />
Fläche von Wäldern und Naturlandschaften. Schneider<br />
et al. (2001) schätzen für Südamerika, dass ein<br />
Anteil von 16% der Landfläche für den Anbau von<br />
Bioenergiepflanzen in Frage kommen würde (extensives<br />
Grasland, degradierte Böden), ohne dass natürliche<br />
Ökosysteme umgewandelt werden müssten. Da<br />
ihr Untersuchungsgebiet Nordostbrasilien jedoch <strong>im</strong><br />
Staat Maranhao nur geringe Anteile an tropischen<br />
Regenwäldern umfasst, diese aber <strong>im</strong> restlichen<br />
Lateinamerika in stärkeren Maß vertreten sind, wird<br />
die Leitplanke für den gesamten Subkontinent auf