Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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Temperaturänderungsrate<br />
[°C/Jahrzehnt]<br />
0,3<br />
0,2<br />
0,1<br />
0<br />
0 1<br />
2 3<br />
Temperaturerhöhung [°C]<br />
Abbildung 4.3-1<br />
Das <strong>WBGU</strong>-Kl<strong>im</strong>aschutzfenster. Dargestellt ist die tolerable<br />
Änderungsrate der Temperatur in Abhängigkeit von der<br />
bereits erreichten Temperaturzunahme. Mit zunehmender<br />
Annäherung an die max<strong>im</strong>ale Temperaturerhöhung um 2 °C<br />
gegenüber dem vorindustriellen Wert sinkt die vertretbare<br />
Änderungsrate.<br />
Quelle: <strong>WBGU</strong>, 1995<br />
Wärmehaushalt. Sie wird durch das Absinken kalten<br />
salzreichen Wassers vor allem in der Labrador- und<br />
Grönlandsee aber auch dem Weddell-Meer angetrieben.<br />
Das kalte Wasser strömt in der Tiefe südwärts<br />
durch den Atlantik, während als Ausgleich warmes<br />
Oberflächenwasser aus tropischen Regionen u. a.<br />
durch den Golfstrom nach Norden transportiert<br />
wird. Werden best<strong>im</strong>mte Schwellen der Kl<strong>im</strong>aerwärmung<br />
überschritten, wären sowohl ein Ausfall<br />
Kasten 4.3-3<br />
Gefährdung der Korallen durch Kl<strong>im</strong>awandel<br />
Durch den Temperaturanstieg in der Deckschicht der tropischen<br />
Meere werden bereits heute die Korallenriffe<br />
bedroht. Bei Temperaturen über 30 °C verlieren Korallen<br />
zunehmend die mit ihnen in Symbiose lebenden Algen<br />
(Zooxanthellen), was zu vermindertem Skelettwachstum<br />
und verringerter Reproduktionsfähigkeit und Stressresistenz<br />
führt. Riffe sind wesentliche Träger biologischer Vielfalt:<br />
Obwohl sie weniger als 1% des Meeresgrundes bedecken,<br />
lebt in ihnen ein Drittel der bekannten marinen<br />
Arten. Sie haben zudem wichtige Nutzungsfunktionen, z. B.<br />
für Küstenschutz, Fischerei und Tourismus. Da viele Riffbildende<br />
Korallen nahe an ihrer oberen Temperaturgrenze<br />
leben, führt schon ein geringfügiger Anstieg der Wassertemperatur<br />
zu einem verstärkten Ausbleichen. Dieses Phänomen<br />
wird mit dem Kl<strong>im</strong>awandel zunehmen und ist<br />
bereits heute während eines El Niño zu beobachten. Eine<br />
Erholung der Korallen ist bei kurzen Zeiträumen zwischen<br />
El-Nino-Ereignissen kaum mehr möglich. Die Folge ist der<br />
Verlust unersetzlichen Naturerbes mit seinen Biopotenzia-<br />
Leitplanken für die Transformation der Energiesysteme 4.3<br />
regionaler Komponenten (z. B. in der Labradorsee<br />
oder in der Grönlandsee) als auch ein kompletter<br />
Zusammenbruch der Zirkulation denkbar. Die ausgelösten<br />
Veränderungen könnten plötzlich einsetzen<br />
und wären über einen Zeitraum von Jahrhunderten<br />
nicht mehr umkehrbar (IPCC, 2001a). Das Kl<strong>im</strong>a<br />
West- und Nordeuropas könnte sich innerhalb weniger<br />
Jahrzehnte um etwa 4 °C abkühlen – mit unabsehbaren<br />
Folgen für die Ökonomie und Ökologie<br />
Europas. Der Zusammenbruch der thermohalinen<br />
Zirkulation kann bei Einhalten der oben definierten<br />
Kl<strong>im</strong>aleitplanke mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen<br />
werden (<strong>WBGU</strong>, 1999).<br />
Anstieg des Meeresspiegels<br />
Der Anstieg des mittleren Meeresspiegels ist Folge<br />
einer durch die Treibhausgasemissionen verursachten<br />
Temperaturerhöhung. Im 20. Jahrhundert betrug<br />
der absolute mittlere Meeresspiegelanstieg bereits<br />
10–20 cm (IPCC, 2001a), etwa das Zehnfache des<br />
gemittelten Anstiegs während der letzten 3.000<br />
Jahre. Dabei ist die große Trägheit des Kl<strong>im</strong>asystems<br />
zu berücksichtigen: die vom Menschen bereits heute<br />
verursachten Emissionen und die dadurch verursachte<br />
thermische Expansion des Meerwassers werden<br />
den Meeresspiegel erst in Jahrhunderten auf<br />
einem neuen Niveau stabilisieren lassen. Wenn man<br />
das Abschmelzen der Inlandgletscher wie in Grönland<br />
berücksichtigt, sind die Zeitkonstanten noch<br />
erheblich länger.<br />
Nach Meinung des <strong>WBGU</strong> muss das Abschmelzen<br />
des Grönlandeises auf jeden Fall verhindert werden,<br />
da ein solcher Prozess einen Anstieg des mittle-<br />
len. Modellrechnungen deuten an, dass die Temperaturtoleranz<br />
Riff-bildender Korallen innerhalb der nächsten<br />
Jahrzehnte überschritten wird.<br />
Korallenriffe sind außerdem durch den Meeresspiegelanstieg<br />
gefährdet. Gesunde Riffe können ein vertikales<br />
Höhenwachstum von bis zu 100 mm pro Jahrzehnt erreichen,<br />
was an der oberen Grenze des von IPCC abgeschätzten<br />
Meeresspiegelanstiegs von 20–90 mm pro Jahrzehnt<br />
liegt. Wegen der vielen zusätzlichen anthropogenen Stressfaktoren<br />
ist es aber fraglich, ob das derzeitige Korallenwachstum<br />
ausreicht, um den vorhersehbaren Meeresspiegelanstieg<br />
ausgleichen zu können. Einer der Gründe ist,<br />
dass die Riffe als Folge des Anstiegs der atmosphärischen<br />
CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre und Deckschicht<br />
des Ozeans einer Abnahme des Calciumcarbonatgehalts<br />
des Meerwassers ausgesetzt sind. Dies reduziert die Wuchsraten<br />
der Korallenriffe und erschwert somit die Anpassung<br />
an den steigenden Meeresspiegel.<br />
Eine Leitplanke von max<strong>im</strong>al 2 °C mittlerer globaler<br />
Erwärmung ist wahrscheinlich bereits zu hoch angesetzt,<br />
um das Überleben vieler Korallenriffe zu sichern.<br />
Quellen: Gattuso et al., 1999; Hoegh-Guldberg, 1999; IPCC,<br />
2001a; Coles, 2001<br />
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