Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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108 4 Nachhaltige Transformation der Energiesysteme<br />
4.2.4<br />
IPCC-Kl<strong>im</strong>aschutzszenarien („Post-SRES“-<br />
Szenarien)<br />
Im 3. IPCC-Sachstandsbericht wurden mögliche<br />
Pfade zum Erreichen verschiedener Stabilisierungsziele<br />
für die CO 2 -Konzentration der Atmosphäre<br />
(zwischen 450 ppm und 750 ppm CO 2 -Konzentration)<br />
auf der Basis der SRES-Szenarien als Referenzszenarien<br />
entwickelt (IPCC, 2001c). Die Annahmen<br />
zu den wesentlichen Antriebskräften (Bevölkerung,<br />
Wirtschaftswachstum, Nachfrage nach<br />
Energiedienstleistungen) entsprechen den jeweiligen<br />
SRES-Szenarien. Zusätzlich wurde als Bedingung<br />
die Stabilisierung der CO 2-Konzentration bis<br />
spätestens 2150 vorgegeben. Allerdings werden nur<br />
die energiebedingten Treibhausgasemissionen reduziert:<br />
CO 2-Emissionen aus Landnutzungsänderung<br />
sowie die Emission anderer Treibhausgase (soweit<br />
nicht energiebedingt) bleiben die gleichen wie <strong>im</strong><br />
Referenzszenario.<br />
Selbst für ein Stabilisierungsniveau von 450 ppm<br />
bleibt die erwartete globale Erwärmung <strong>im</strong> 21. Jahrhundert<br />
nur für mittlere bis niedrige Werte der Kl<strong>im</strong>asensitivität<br />
unterhalb der <strong>WBGU</strong>-Leitplanke<br />
(globale Erwärmung von weniger als 2 °C verglichen<br />
mit vorindustriellen Werten; Kap. 4.3.1.2). Im langfristigen<br />
Gleichgewicht ist selbst bei schwacher Kl<strong>im</strong>asensitivität<br />
mit einer globalen Erwärmung zu<br />
rechnen, die über die vom <strong>WBGU</strong>-Kl<strong>im</strong>afenster<br />
gesetzten Grenzen hinausgeht (IPCC, 2001d). Soll<br />
die <strong>WBGU</strong>-Leitplanke des Kl<strong>im</strong>afensters eingehalten<br />
werden, kommen deshalb nur Stabilisierungsniveaus<br />
von 450 ppm oder niedriger in Betracht. Es liegen<br />
allerdings keine Post-SRES-Stabilisierungsszenarien<br />
mit niedrigeren Zielniveaus vor. Andere<br />
Szenarien (z. B. Azar et al., 2001) zeigen jedoch, dass<br />
etwa durch starken Einsatz von Biomasse in Verbindung<br />
mit Kohlenstoffspeicherung Stabilisierungsniveaus<br />
von 350 ppm erreicht werden können. Der<br />
<strong>WBGU</strong> will mit der Auswahl eines 450 ppm-Szenarios<br />
nicht die Aussage treffen, dass dies ein sicheres<br />
Niveau der Konzentration von Treibhausgasen <strong>im</strong><br />
Sinn von Artikel 2 UNFCCC sei. Für die Einhaltung<br />
des <strong>WBGU</strong>-Kl<strong>im</strong>afensters ist vielmehr eine Analyse<br />
integrierter Kl<strong>im</strong>aschutzstrategien (nicht nur der<br />
Energiepolitik) und die Entwicklung damit konsistenter<br />
Szenarien notwendig.<br />
Vorhandene Szenarien machen aber deutlich<br />
(IPCC, 2001d): Um Stabilisierungsniveaus von 450<br />
ppm CO 2 oder darunter zu erreichen, muss der<br />
ansteigende Trend der globalen Emissionen sehr<br />
schnell – innerhalb von 10–20 Jahren – umgekehrt<br />
werden, danach ist eine zügige Minderung auch über<br />
die folgenden Jahrzehnte notwendig. Berücksichtigt<br />
man zusätzlich die langen Investitionszyklen etwa<br />
von Kraftwerken und Transportnetzen, so folgt daraus,<br />
dass die nächsten 10–20 Jahre das entscheidende<br />
Zeitfenster für die Transformation der Energiesysteme<br />
bilden.<br />
4.2.5<br />
Technologiepfade in der A1-<strong>Welt</strong><br />
Die A1-Szenarien zeigen die unterschiedlichen technologischen<br />
Pfade, die bei gleichen ökonomischen,<br />
sozialen, politischen und demographischen Antriebskräften<br />
denkbar sind. Für alle kann eine Stabilisierung<br />
auf 450 ppm erreicht werden, was allerdings mit<br />
sehr unterschiedlichen Energiestrategien sowie Kosten<br />
und Risiken verbunden ist.<br />
4.2.5.1<br />
Vergleich der Energiestrukturen und<br />
Kl<strong>im</strong>aschutzstrategien<br />
Im Folgenden werden die A1-450-Stabilisierungsszenarien<br />
und ihre jeweiligen Referenzpfade innerhalb<br />
der A1-Szenariogruppe genauer untersucht. Dabei<br />
wird auf die Quantifizierung durch das dynamische<br />
Opt<strong>im</strong>ierungsmodell MESSAGE, gekoppelt mit<br />
dem makroökonomischen Modell MACRO <strong>zur</strong>ückgegriffen<br />
(Messner und Schrattenholzer, 2000).<br />
MESSAGE min<strong>im</strong>iert die aggregierten Kosten der<br />
Energieproduktion bei gegebener Nachfrage nach<br />
Energiedienstleistungen (die vom makroökonomischen<br />
Modell vorgegeben wird) und berechnet auf<br />
dieser Basis einen kostenopt<strong>im</strong>alen Energieträgermix.<br />
Dabei wird in den hier analysierten Szenarien<br />
die Veränderung der Nachfrage, die sich aus Maßnahmen<br />
<strong>zur</strong> Begrenzung der CO 2 -Emissionen ergeben<br />
(beispielsweise durch eine CO 2 -Steuer), nicht<br />
berücksichtigt. Der Pr<strong>im</strong>ärenergieeinsatz n<strong>im</strong>mt deshalb<br />
in den Stabilisierungsszenarios bezogen auf das<br />
jeweilige Referenzszenario nicht ab. In den Stabilisierungsszenarien<br />
mit starkem Einsatz fossiler Energieträger<br />
steigt der Pr<strong>im</strong>ärenergiebedarf sogar stark<br />
an. Dies ist auf den Einsatz der energieintensiven<br />
Kohlendioxidabtrennung für die Kohlenstoffspeicherung<br />
<strong>zur</strong>ückzuführen (Kap. 3.6.1; Tab. 3.6-1).<br />
Abhängig von den Annahmen über die technologischen<br />
Pfade in den Referenzszenarien unterscheiden<br />
sich die Entwicklungspfade für die Energiesysteme<br />
in den A1-Szenarien bei gleichem Stabilisierungsziel.<br />
Dies verdeutlicht die Pfadabhängigkeit,<br />
die mit der Bevorzugung best<strong>im</strong>mter Technologien<br />
in den einzelnen Referenzszenarios verbunden ist.<br />
So n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> A1T-Pfad der Anteil der Solarenergie<br />
aufgrund kl<strong>im</strong>apolitischer Maßnahmen zu, während<br />
<strong>im</strong> „ausgewogenen“ A1B-Szenario sowie <strong>im</strong> kohle-