Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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100 3 Technologien und nachhaltige Potenziale<br />
Die Investitionen in Telematik und Informationssysteme<br />
werden derzeit vor allem durch den Wunsch<br />
nach verbessertem Verkehrsfluss und weniger durch<br />
Umweltaspekte motiviert. Problematisch ist der<br />
beobachtete Nebeneffekt der Telematik: als Folge<br />
des verbesserten Verkehrsflusses könnte das Verkehrsaufkommen<br />
weiter steigen und so die erreichten<br />
Emissionsminderungen wieder kompensiert werden.<br />
Bei den Ansätzen der Mult<strong>im</strong>odalität und des<br />
„Kombi-Verkehrs“ werden mit Hilfe der Informationstechnologie<br />
die Übergänge zwischen Straße,<br />
Bahn, öffentlichem Personennahverkehr und<br />
Binnenschiff erleichtert. Ziel aller Ansätze der Förderung<br />
mult<strong>im</strong>odaler Infrastruktur ist es, Nachfrage<br />
und Attraktivität umweltfreundlicher Verkehrsträger<br />
zu erhöhen. Das weltweite Potenzial einer Effizienzsteigerung<br />
durch den Ausbau mult<strong>im</strong>odaler<br />
Infrastrukturen ist sehr groß. In diesem Zusammenhang<br />
ist insbesondere die Nutzung der Bahn durch<br />
politische Vorgaben attraktiver zu gestalten (Kap.<br />
5.2.4.1). Derzeit hat die Bahn eine schwache Wettbewerbsposition<br />
gegenüber dem Auto. Das Schienennetz<br />
ist un<strong>zur</strong>eichend in die Fläche ausgebaut. Auch<br />
ist ihr Angebot preislich und umsteigetechnisch<br />
wenig attraktiv. Vor allem die Bewohner kleinerer<br />
Städte können die Bahn nur beschränkt nutzen.<br />
Moderne Konzepte der Raum-, Stadt und Verkehrsplanung<br />
gehen weit über technische Effizienzverbesserungen<br />
hinaus und können eine Nettosenkung<br />
der Verkehrsleistung pro Kopf oder pro Tonne<br />
Güter erzielen. Neue Siedlungen werden heute so<br />
gebaut, dass Verkehr von vornherein vermieden<br />
wird, weil eine Nutzungsmischung für kurze Wege<br />
sorgt oder eine gute Anbindung an den öffentlichen<br />
Personennahverkehr und eine hohe Einwohnerdichte<br />
zu einer guten Auslastung führen. Diese Konzepte<br />
sind bisher kaum umgesetzt und bieten weltweit<br />
ein hohes Potenzial für höhere Energieeffizienz<br />
<strong>im</strong> Transport.<br />
3.7.3<br />
<strong>Nachhaltigkeit</strong> und externe Effekte des erhöhten<br />
Energiebedarfs für den Transport<br />
Der Straßentransport verursacht nicht nur die<br />
bekannten Umweltwirkungen fossiler Brennstoffe<br />
(Kap. 3.2.1) sondern auch viele andere negative<br />
„externe Effekte“ (Unfälle, Flächenversiegelung,<br />
Lärm usw.; UNEP, 2002). Die Emissionen aus dem<br />
Luftverkehr sind besonders kl<strong>im</strong>awirksam, da sie in<br />
typischen Reiseflughöhen nicht nur über den CO 2 -<br />
Effekt, sondern auch durch Ozon- und Kondensstreifenbildung<br />
zum Treibhauseffekt beitragen. Eine<br />
umfassende Bewertung der unterschiedlichen Ver-<br />
kehrstechnologien aus <strong>Nachhaltigkeit</strong>ssicht fehlt<br />
allerdings bis heute (Enquete-Kommission, 1995).<br />
Um zu vermeiden, dass neue Technologien ohne<br />
Beachtung von Umweltbelangen erarbeitet werden,<br />
empfiehlt der Beirat die Evaluierung der Optionen<br />
zukünftiger Verkehrstechnologie unter Einbindung<br />
von Fachleuten der Sektoren Kl<strong>im</strong>a, Energie, Ökologie<br />
und Städtebau.<br />
Regenerativen Kraftstoffen wie Biodiesel<br />
(Methylester), Ethanol und Methanol aus Biomasse<br />
wird zwar großes technologisches Potenzial zugeschrieben,<br />
sie müssen aber in ihrer Umwelt- und insbesondere<br />
Kl<strong>im</strong>abilanz durchaus kritisch betrachtet<br />
werden. Werden sie in konventioneller Landwirtschaft<br />
erzeugt, kann die Emission von Treibhausgasen<br />
(N 2O, CH 4) während der Produktion die Wirkung<br />
der CO 2 -Emissionsminderung biogener Kraftstoffe<br />
u. U. sogar völlig kompensieren. Daher kann ihre<br />
Herstellung nur sinnvoll sein, wenn nachhaltige landwirtschaftliche<br />
Methoden angewandt werden, ausreichend<br />
Fläche <strong>zur</strong> Verfügung steht und insgesamt eine<br />
positive Kl<strong>im</strong>abilanz erreicht wird (IPCC, 2000a).<br />
Angesichts der Markteinführung von Biotreibstoffen<br />
und -ölen ist es sinnvoll, integrierte Forschung<br />
entlang der Kette „Anbaumethode – industrielle<br />
Aufbereitung – Treibstoffnutzung“ zu fördern, um<br />
die Bedingungen ihrer nachhaltigen Produktion und<br />
Verwendung definieren zu können.<br />
3.7.4<br />
Bewertung<br />
Eine <strong>Energiewende</strong> <strong>im</strong> Verkehr ist vor allem durch<br />
Effizienzsteigerung existierender Technologien (z. B.<br />
verbesserte Motoren, Kraftstoffe) und verstärkte<br />
Nutzung regenerativer, umweltverträglicherer Energiequellen<br />
für den Antrieb zu erreichen. Angesichts<br />
der Flächenallokationsprobleme (Kap. 3.2.4; Kap.<br />
4.3.1.3) und der mit 1% nur geringen natürlichen<br />
Umwandlungsrate von Sonnenenergie in Biomasse<br />
empfiehlt der Beirat, die Technologieoption „biogene<br />
Kraftstoffe“ nur eingeschränkt zu verfolgen<br />
und die derzeitige Förderung zu reduzieren. Die Förderprioritäten<br />
sollten vor allem bei Brennstoffzellenantrieben,<br />
Erdgas- und Hybridfahrzeugen,Telematik<br />
und Mult<strong>im</strong>odalität gesetzt werden. Der Treibstoff<br />
Erdgas hat <strong>im</strong> Vergleich zu Benzin und Diesel ökologische<br />
Vorteile vor allem für Kl<strong>im</strong>a und Luftqualität.<br />
Daher sollte seine Verbreitung als Brückentechnologie<br />
gefördert werden. Langfristig bietet der Brennstoffzellenmotor<br />
bei Anwendung von Brennstoffen<br />
aus Solar- oder Windkraft eine interessante Lösung<br />
<strong>im</strong> Sinn der nachhaltigen Entwicklung.