Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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92 3 Technologien und nachhaltige Potenziale<br />
Verstärktes Wiederverwerten und<br />
verbesserte Materialeffizienz<br />
Die Herstellung von energieintensiven Werkstoffen<br />
aus gebrauchten Materialien benötigt häufig deutlich<br />
weniger Energie als die Neuproduktion, selbst wenn<br />
man die Energie für die Recyclingprozesse mitrechnet.<br />
Bei seit vielen Jahrzehnten genutzten Werkstoffen<br />
hat die Wiederverwertung bereits heute relativ<br />
hohe Quoten erreicht (z. B. in Deutschland: Rohstahl:<br />
42%, Papier: 60%, Behälterglas: 81%); dagegen<br />
liegen die Werte bei jüngeren Werkstoffen niedriger<br />
(z. B. Kunststoffe: 16%). Durch weitere Ausschöpfung<br />
des Recyclingpotenzials könnte der gesamte<br />
industrielle Energiebedarf um mindestens 10%<br />
reduziert werden (Angerer, 1995). Hinzu kommen<br />
die Potenziale durch einen geringeren Werkstoffbedarf<br />
je Werkstoffdienstleistung, die durch veränderte<br />
Werkstoffeigenschaften und konstruktive Änderungen<br />
des Produkts (z. B. dünnere Verpackungsmaterialien,<br />
Schäume, dünnere Oberflächenaufbauten)<br />
ausgeschöpft werden können (Enquete-Kommission,<br />
2002).<br />
Substitution von Werkstoffen und<br />
Materialien durch weniger energieintensive<br />
Werkstoffe<br />
Durch Werkstoffsubstitution eröffnen sich erhebliche<br />
Energieeinsparpotenziale. Über Werkstoffe und<br />
ihre Substitution wird heute in erster Linie aufgrund<br />
von Kosten, Werkstoff- und Nutzungseigenschaften<br />
sowie des Werkstoff<strong>im</strong>ages und bestehender Modetrends<br />
entschieden. Ein möglichst geringer Gesamtenergiebedarf<br />
bzw. niedrige Gesamtemissionen sollten<br />
künftig verstärkt angestrebt werden. Biogene<br />
und biotechnologisch herstellbare Werkstoffe und<br />
Produkte (z. B. Holz, Flachs, Stärke, natürliche Fette<br />
und Öle) können so zu interessanten Alternativen<br />
werden.<br />
Intensivere Nutzung von Gebrauchsgütern<br />
Auch durch eine intensivere Nutzung von Gebrauchsgütern<br />
lassen sich Material- und Energieeffizienz<br />
verbessern. Der Begriff der Parallelwirtschaft<br />
(„Nutzen statt besitzen“) beschreibt die Idee,<br />
Güter aus einem Pool mehreren Nutzern zugänglich<br />
zu machen. Bekannte Beispiele dafür sind die Vermietung<br />
von Maschinen für Bau- und Landwirtschaft,<br />
elektrischen Werkzeugen, Reinigungsmaschinen,<br />
Pkw (Car-Sharing) oder Fahrrädern. So kann<br />
eine geringere Gütermenge die gleichen gesellschaftlichen<br />
Bedürfnisse befriedigen (Fleig, 2000).<br />
Das in diesen fünf Optionen liegende Energieeinsparpotenzial<br />
ist noch un<strong>zur</strong>eichend untersucht und<br />
künftige technologische Entwicklungen sind ohnehin<br />
nur schwer prognostizierbar. Insgesamt wird das<br />
gesamte technische Energieinsparpotenzial auf über<br />
50% des heutigen industriellen Energiebedarfs<br />
geschätzt (Jochem und Turkenburg, 2003).<br />
3.5.2<br />
Effizienzsteigerungen und Solarenergienutzung in<br />
Gebäuden<br />
Eine Diskussion von Effizienzgewinnen be<strong>im</strong> Energieeinsatz<br />
in Gebäuden muss den global sehr unterschiedlichen<br />
Rahmenbedingungen gerecht werden,<br />
denn ökonomische, soziale und naturräumliche Einflüsse<br />
(z. B. Bautraditionen, verfügbare Materialien,<br />
Bevölkerungsdichte, Familienstrukturen und vor<br />
allem das Kl<strong>im</strong>a) führen zu verschiedenen Bauweisen.<br />
Sogar in einem einzelnen Land führen die<br />
Gegensätze arm/reich, Stadt/Land und Altbau/Neubau<br />
dazu, dass Effizienzgewinne <strong>im</strong> Gebäudesektor<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln diskutiert werden<br />
müssen.<br />
Raumheizung<br />
In hohen Breiten und dann vor allem bei kontinentalem<br />
Kl<strong>im</strong>a wird für die Raumheizung der größte Teil<br />
des häuslichen Energieeinsatzes benötigt, so dass die<br />
verbesserte Wärmedämmung der Gebäude einen<br />
Schwerpunkt der Maßnahmen bilden muss. Derzeit<br />
sind beispielsweise Vakuumdämmungen in der Entwicklung,<br />
die bei gleicher Dicke bis zu 10fach besser<br />
isolieren als die üblichen Dämmstoffe und für die<br />
Altbausanierung besonders interessant sind. Ein<br />
weiteres Beispiel für einen innovativen Ansatz ist<br />
transparente Wärmedämmung, die an den Außenwänden<br />
von Gebäuden aufgebracht wird. Während<br />
das Sonnenlicht das Material durchdringen kann und<br />
auf der dahinterliegenden dunklen Wand absorbiert<br />
wird, kann die freiwerdende Wärme durch das<br />
Dämmmaterial nicht mehr entweichen und trägt<br />
somit <strong>zur</strong> Heizung des Gebäudes bei.<br />
Weitere Stichworte <strong>zur</strong> technischen Effizienzsteigerung<br />
sind effiziente Gasbrennwertkessel, Verzicht<br />
auf elektrische Widerstandsheizung sowie Anschluss<br />
an Fern- und Nahwärmenetze oder Blockheizkraftwerke.<br />
Energieeffiziente Gebäude benötigen insgesamt<br />
eine Wärmeversorgungstechnik, die den verbleibenden<br />
geringen Wärmebedarf effizient und kostengünstig<br />
deckt. So werden Kleinstwärmepumpen<br />
in Zukunft an Bedeutung gewinnen, da sie die vorhandene<br />
Strominfrastruktur nutzen und als Massenprodukte<br />
kostengünstig angeboten werden können;<br />
auch Kleinst-BHKW mit Brennstoffzellentechnik<br />
können in Zukunft interessant werden (Kap. 3.4.4.4).<br />
Verbesserte ökonomische Anreize haben ebenfalls<br />
große Potenziale. In Osteuropa konnte allein<br />
durch die Einführung einer individuellen Kostenabrechnung<br />
bei Fernwärme der Bedarf um bis zu