Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit - WBGU
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ewährte Technologien der Erdgasinfrastruktur <strong>zur</strong><br />
Verfügung.Wegen der geringeren Energiedichte von<br />
Wasserstoff liegen die Speicherkosten etwa doppelt<br />
so hoch wie für Erdgas. Angesichts ihres geringen<br />
Anteils an den Gesamtkosten wirkt sich dies aber<br />
insgesamt nur gering aus. Für den mobilen Einsatz<br />
sind neben der Verflüssigung – die allerdings rund<br />
ein Drittel des Energieinhalts des Wasserstoffs benötigt<br />
– insbesondere Verbundstoffhochdruckbehälter<br />
mit bis zu 700 bar Druck von Interesse. Der für den<br />
mobilen Einsatz von Wasserstoff deutlich höher<br />
anzusetzende Speicheraufwand <strong>im</strong> Vergleich zu Benzin<br />
und Diesel, wird neben den höheren spezifischen<br />
Kraftstoffkosten den Trend zu deutlich sparsameren<br />
Fahrzeugen stark unterstützen.<br />
Bei der Bewertung der <strong>zur</strong> Nutzung von Wasserstoff<br />
notwendigen Infrastruktur muss berücksichtigt<br />
werden, dass Wasserstoffherstellung und -nutzung<br />
eng mit der Stromversorgung verknüpft sein werden,<br />
weil Elektrolyseure dezentral und angepasst an Verbrauchsschwerpunkte<br />
(z. B. Blockheizkraftwerke mit<br />
Nahwärmenetzen, Tankstellen, Industriebetriebe)<br />
angeordnet werden können. Zudem liegt ein großer<br />
Vorteil von Wasserstoff als Energieträger darin, dass<br />
auch die vorhandene Erdgasinfrastruktur für Transport<br />
und Verteilung genutzt werden kann. Für den<br />
Betrieb reiner Wasserstoffnetze liegen schon langjährige<br />
Erfahrungen vor. Insgesamt sind auf der<br />
Basis der gut ausgebauten Erdgasinfrastruktur günstige<br />
Voraussetzungen für einen langfristig angelegten<br />
kontinuierlichen Übergang zu Wasserstoff als<br />
Energieträger für die stationäre Nutzung gegeben.<br />
Für den längerfristig erforderlichen Ferntransport<br />
von Energie über mehrere 1.000 km steht mit der<br />
Hochspannungsgleichstromübertragung eine bewährte<br />
Technologie <strong>zur</strong> Verfügung. Erst mit der<br />
großskaligen Etablierung einer regenerativen Wasserstoffwirtschaft,<br />
in der dann sehr große Energiemengen<br />
transportiert würden, wäre ein Pipelinetransport<br />
erforderlich und wirtschaftlich attraktiv. Eine<br />
typische Pipeline, z. B. aus Nordafrika, hätte bei<br />
einem Durchmesser von 1,6–1,8 m eine Leistung von<br />
etwa 23 GW H 2, womit rund 10% des derzeitigen<br />
Endenergiebedarfs Deutschlands bereitgestellt werden<br />
könnten (Nitsch, 2002). Die Transportkosten<br />
belaufen sich bei diesen Abmessungen und einer<br />
Transportentfernung von 3.000 km auf ca. 1,5 €-Cent<br />
pro kWh H 2 (Winter und Nitsch, 1989). Dieser Wert<br />
berücksichtigt Energieverluste von 15% durch Kompression<br />
und Transport des Gases. Eine weitere Ferntransportoption<br />
ist der Transport verflüssigten Wasserstoffs<br />
in Tankschiffen. Während der Tankertransport<br />
selbst sehr kostengünstig ist und dabei nur<br />
geringe Verluste auftreten, sind für die Verflüssigung<br />
von Wasserstoff bei -253 °C rund 10 kWh Strom pro<br />
Energieverteilung, -transport und -speicherung 3.4<br />
kg H 2 notwendig. Der Gesamtsystemwirkungsgrad<br />
von etwa 75% für gasförmigen Wasserstoff sinkt<br />
damit für flüssigen Wasserstoff auf rund 60%. Falls<br />
Wasserstoff jedoch in flüssiger Form genutzt werden<br />
soll (z. B. als Treibstoff), sind die großtechnische Verflüssigung<br />
und der Tankertransport dennoch eine<br />
interessante Option.<br />
3.4.4.4<br />
Nutzung von Wasserstoff<br />
Wasserstoff ist in seinen Nutzungsmöglichkeiten<br />
dem Erdgas sehr ähnlich. Alle gängigen Energiewandler<br />
(Flammenbrenner für Heizungen, Industrieund<br />
Kraftwerkskessel und zum Antrieb von Turbinen;<br />
Verbrennung in Motoren) können nach moderaten<br />
Anpassungen auch mit Wasserstoff bzw. wasserstoffreichen<br />
Gasgemischen betrieben werden.<br />
Auch die Verbrennung von Wasserstoff in Motoren<br />
ist Stand der Technik mit dem Benzinbetrieb vergleichbaren<br />
Wirkungsgraden. Die als Schadstoffe<br />
einzig entstehenden Stickoxide können durch Opt<strong>im</strong>ierung<br />
des Verbrennungsvorgangs sehr niedrig<br />
gehalten werden (Kap. 3.4.4.5). Sowohl <strong>im</strong> stationären<br />
(Motoren-BHKW) als auch <strong>im</strong> mobilen Einsatz<br />
würde Wasserstoff, selbst be<strong>im</strong> ausschließlichen Einsatz<br />
„konventioneller“ Nutzungstechniken, die Probleme<br />
der lokalen Schadstoffemissionen weitgehend<br />
beseitigen, da <strong>im</strong> Abgas weder Kohlenmonoxid,<br />
Schwefeldioxid, Kohlenwasserstoffe, Bleiverbindungen<br />
noch Rußpartikel enthalten sind. Auch die reine<br />
H 2 /O 2 -Verbrennung ist von Interesse, bei der direkt<br />
(d. h. ohne Wärmetauscher) Heißdampf entsteht, der<br />
unter Zumischung von weiterem Wasser konditioniert<br />
werden kann. Diese Technologie ist für die<br />
Bereitstellung von Prozessdampf in der Industrie<br />
und <strong>zur</strong> Erzeugung von Spitzenlaststrom geeignet.<br />
Wasserstoff kann aber auch mit Techniken genutzt<br />
werden, die für Kohlenwasserstoffe weniger gut<br />
geeignet sind oder deren vorherige Reformierung<br />
erforderlich machen. Das bekannteste Verfahren ist<br />
die Brennstoffzellentechnologie. Daneben ist jedoch<br />
auch die katalytische Verbrennung zu nennen, die bei<br />
Temperaturen unter 500 °C abläuft und nur noch<br />
min<strong>im</strong>ale NO X-Emissionen aufweist. Sie erlaubt die<br />
Konstruktion offener katalysatorbelegter Heizflächen<br />
z. B. für Raumheizung mit „Nullemission“.<br />
Die Brennstoffzelle ist ein wichtiger Baustein<br />
einer auf regenerativen Wasserstoff gestützten Energiewirtschaft,<br />
da sie Wasserstoff direkt, effizient und<br />
emissionsfrei in Strom und Nutzwärme wandeln<br />
kann. Brennstoffzellen sind <strong>im</strong> Leistungsbereich<br />
weniger Watt (portable Systeme) über Anlagen <strong>im</strong><br />
kW-Bereich (kleine und mittelgroße Blockheizkraftwerke)<br />
bis mehreren MW (Heizkraftwerke) als<br />
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