06.12.2012 Aufrufe

•ZKN 06-12.indd - Zahnärztekammer Niedersachsen

•ZKN 06-12.indd - Zahnärztekammer Niedersachsen

•ZKN 06-12.indd - Zahnärztekammer Niedersachsen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

AUF-GELESEN<br />

on gewechselt wird. Genau genommen<br />

besteht die Dekoration bei Eisen Adolph<br />

nur aus einem einzigen Gegenstand.<br />

Von November an steht vor dem Eisenwarenladen<br />

immer eine Schneeschippe.<br />

Und wenn Herr und Frau Eisen Adolph<br />

– er blond mit Schnurrbart und<br />

Blaumann, sie schwarzhaarig mit Hose<br />

und Pulli; Alter von jeher undefi nierbar<br />

– beschlossen hatten, dass jetzt kein<br />

Schnee mehr fallen würde, wurde die<br />

Schneeschippe weggeräumt und stattdessen<br />

ein Besen vor die Ladentür gestellt.<br />

Eisen Adolph ist eigentlich weniger<br />

ein Laden als vielmehr ein Wetterhäuschen.<br />

Besen oder Schippe – wer<br />

braucht da noch Meteorologen?« Wer<br />

seine Freude hat an ironischer und<br />

schonungsloser Darstellung skurriler<br />

deutscher Wirklichkeit, die einen Namen<br />

hat, nämlich Heimat, der ist mit<br />

diesem Buch bestens für einen guten<br />

Leseabend gerüstet und versorgt.<br />

Illies, Florian: Ortsgespräch, 20<strong>06</strong>,<br />

208 Seiten, 16,95, Blessing Verlag, ISBN<br />

3-89667-262-X.<br />

Sechs Getränke,<br />

die die Welt<br />

bewegten<br />

Mal ehrlich, wenn<br />

man um eine<br />

spontane Antwort<br />

gefragt wird, was<br />

für ein Getränk wohl am<br />

meisten die Welt bewegt<br />

hat, was würden Sie ant-<br />

worten? Coca Cola, gewissermaßen als<br />

Heilsbringer demokratischer Rechte<br />

aus der freien Welt? Oder doch eher etwas<br />

allgemeiner gehalten eine Getränkesorte<br />

wie Kaffee oder Tee, wobei letzterer<br />

sogar von einigen als Keim für<br />

den Unabhängigkeitskrieg der USA angesehen<br />

wird? Die drei angeführten<br />

Getränke sind es tatsächlich, um die es<br />

hier geht. Ergänzt werden sie noch von<br />

Bier, Wein und Rum. Es ist heute kaum<br />

mehr vorstellbar, vielleicht mit Ausnahme<br />

von Coca Cola, dessen Symbolkraft<br />

für die Werte der so genannten<br />

Freien Welt strahlenden Charakter entfaltet,<br />

dass für ein Getränk ganze Völ-<br />

778 · ZKN MITTEILUNGEN · 12 | 20<strong>06</strong><br />

ker in Kriege und Auseinandersetzungen<br />

geraten können. Das interessante<br />

Buch von Tom Standage, Wissenschaftsredakteur<br />

des Economist und<br />

Verfasser mehrerer auch in Deutschland<br />

beachteter Bücher, beschreibt anhand<br />

dieser sechs Getränke, wie sehr<br />

die Welt sich beeinfl ussen lässt, wenn<br />

es um Ruhm, Macht und wirtschaftlichen<br />

Einfl uss geht. Bier machte aus Nomaden<br />

sesshafte Menschen, Wein gilt<br />

als Träger der antiken Kultur. Der Siegeszug<br />

des Rums hatte damals nicht<br />

nur viel mit Piraten, sondern auch sehr<br />

viel mit der Ausbreitung des Sklavenhandels<br />

zu tun. Die Entdeckung der belebenden<br />

Wirkung des Kaffees steht für<br />

das Zeitalter der Aufklärung, der Entwicklung<br />

des ersten Aktienmarktes<br />

und der Französischen Revolution. Tee<br />

ist für England nach wie vor ein Muss<br />

und ist eng verbunden mit dessen Aufstieg<br />

zur kolonialen Weltmacht. Über<br />

Coca Cola zu philosophieren, hieße demokratische<br />

Spielregeln der westlichen<br />

Welt nach Amerika zurückzuübertragen.<br />

Ein spannend zu lesendes<br />

Sachbuch. Das schönste Schlusswort<br />

schreibt der Autor aber selbst: »Wenn<br />

Sie beim nächsten Mal ein Glas Bier,<br />

Wein oder Whiskey, eine Tasse Kaffee<br />

oder Tee oder eine Coca-Cola trinken,<br />

denken sie daran, dass all diese Getränke<br />

über lange Zeiten und Räume hinweg<br />

zu uns gekommen sind. Sie enthalten<br />

eben nicht nur Alkohol oder Koffein.<br />

In ihren sprudelnden Tiefen wirbelt<br />

auch Geschichte.«<br />

Standage, Tom: Sechs Getränke, die<br />

die Welt bewegten, 20<strong>06</strong>, 270 Seiten,<br />

19,90, Artemis & Winkler Verlag, ISBN 3-<br />

538-07234-5.<br />

Wilder Wein<br />

Flauschig weißes Kuschelhäschen<br />

sucht attraktiven starken Actionhelden.<br />

Nein, lieber Leser, nicht<br />

gleich überspringen oder ausblenden:<br />

bitte ernsthaft weiterlesen. Es handelt<br />

sich nämlich nur um Beschreibungen<br />

für bestimmte Typen von Weinen, die<br />

heute weltweit besonders gut angesagt<br />

sind. Weltweit geht es bekannter-<br />

maßen darum,<br />

bei einer jährlichenÜberp<br />

r o d u k t i o n<br />

von über 5 Milliarden<br />

Litern<br />

Wein und einem<br />

riesigen<br />

Geschäft um<br />

eben diesen<br />

(Wein) auch<br />

noch in eben solchem (Geschäft) zu bestehen.<br />

Das weiße Kuschelhäschen<br />

steht für einen Wein, der eher wie ein<br />

Make-up und/oder Silikon aufgebaut<br />

ist und unter dem womöglich gar kein<br />

richtiger Körper mehr steckt. Der starke<br />

Actionheld besteht wiederum eher aus<br />

dicken, harten Weinen, die mit glänzenden<br />

Muskeln bepackt sind, sozusagen<br />

aufgepumpt mit Steroiden. Beliebt<br />

sind solche Weine vor allem bei Konsumenten,<br />

die höchsten Wert darauf legen,<br />

wie viel Punkte renommierte<br />

Weinkritiker ihnen bei Verkostungen<br />

gegeben haben. »Die großen Weinkonzerne<br />

entdecken zur Zeit, was für ein<br />

hartes Geschäft es ist, in einem übersättigten,<br />

von Preisnachlässen regierten<br />

Markt mit Wein das große Geld zu<br />

machen«. Stuart Pigott ist einer der bedeutendsten<br />

Weinkritiker weltweit<br />

und beschreibt in seinem Buch in einer<br />

herrlichen Sprache nicht nur den Zustand<br />

und die Mechanismen des weltweiten<br />

Weinkosmos, sondern auch deren<br />

Menschen und Protagonisten. Das<br />

Buch kann mit oder ohne Glas Wein gelesen<br />

werden, doch es empfi ehlt sich<br />

ein ruhiger Abend in gemütlicher Ecke.<br />

Und spätestens, wenn der geneigte Leser<br />

den herrlichen Anfang gelesen hat,<br />

in dem der Autor erklärt, warum er<br />

nicht zu den Spuckern, sondern zu den<br />

Schluckern zählt, also zu den Wein-<br />

(ver)kostern, gehört, die den Wein nach<br />

dem Zungenschnalzen eben nicht wieder<br />

ausspucken, sondern genüsslich<br />

hinunterschlucken, holt man ein leckeres<br />

Fläschchen aus dem Keller.<br />

Pigott, Stuart: Wilder Wein, 20<strong>06</strong>,<br />

480 Seiten, 22,90, Scherz Verlag, ISBN 3-<br />

502-15035-4.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!