KAMPF UMS HORN - Frankfurt Zoological Society
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SCHWERPUNKTTHEMA | NAS<strong>HORN</strong><br />
maulnashörner zu schießen (dies ist der einzige legale<br />
Weg, um unter den CITES-Bestimmungen Nasenhorn zu<br />
exportieren). In den darauf folgenden Jahren kamen immer<br />
mehr vietnamesische „Jäger“. Als es offensichtlich<br />
wurde, dass sie ausschließlich daran interessiert waren,<br />
Nasenhorn zu beschaffen, griff die südafrikanische Regierung<br />
ein. Unter anderem verschärfte man die Auflagen<br />
zum Umgang mit Nashörnern und Nasenhorn, begrenzte<br />
die Anzahl von Trophäen, die pro Person exportiert werden<br />
dürfen und setzte den Binnenhandel mit Nasenhorn<br />
aus. Letzterer war bis zu diesem Zeitpunkt legal gewesen.<br />
Unmittelbar nach diesen Verschärfungen stieg die Wilderei<br />
rapide an.<br />
Wie sich zeigte, ist der Marktpreis von Nasenhorn in Vietnam<br />
seither auf ein außergewöhnliches Niveau gestiegen:<br />
Er soll 2011 im Durchschnitt bei ca. 65.000-US Dollar pro<br />
Kilo gelegen haben. Kein Wunder, dass derartige Preise<br />
das organisierte Verbrechen auf den Plan gerufen haben.<br />
Daraufhin sind gut organisierte Kriminelle in den Nasenhornmarkt<br />
eingestiegen, was sich an der Professionalität<br />
und den Methoden zeigt, die im illegalen Handel inzwischen<br />
an den Tag gelegt werden.<br />
Der Markt hat sich neu sortiert und<br />
der Preis steigt<br />
Was geschah also zwischen Mitte der 90er-Jahre und<br />
2007? Woher kam die plötzliche gesteigerte Nachfrage?<br />
Tom Milliken von TRAFFIC geht davon aus, dass das Handelsverbot<br />
ab Mitte der 90er-Jahre funktioniert hat, dass<br />
es aber unterminiert wurde, als in Vietnam das Gerücht<br />
aufkam, Nasenhorn könne ein Heilmittel gegen Krebs<br />
sein. Auf diese Weise entstand ein völlig neuer Markt. In<br />
Vietnam wird Nasenhorn für diverse Krankheiten eingesetzt<br />
und teilweise sogar bei so trivialen Dingen wie<br />
einem Kater verabreicht. Zudem gelten die Hörner als<br />
wertvolle Geschenke. Eine Lieferung von Nasenhorn, die<br />
letztes Jahr in Hongkong abgefangen wurde, war auf dem<br />
Weg nach China. Milliken mutmaßt, dass sie für die Kunsthandwerks-Industrie<br />
bestimmt war.<br />
Ich persönlich finde die derzeitigen Marktaktivitäten<br />
nicht ungewöhnlich. Der Markt hat sich anhand von Angebot<br />
und Nachfrage neu sortiert. Nasenhorn ist und<br />
bleibt in Südostasien ein äußerst begehrtes Produkt – und<br />
zwar aufgrund derselben komplexen Mischung kultureller<br />
Gründe, die es schon immer gab. Dass Vietnam ein<br />
derart wichtiger Markt geworden ist, ist ebenfalls nicht<br />
überraschend. Seit den frühen 90ern wächst die vietnamesische<br />
Wirtschaft stark und es liegt nahe, dass mehr<br />
Menschen nun das Geld haben, sich solche Statussymbole<br />
zu kaufen. Aufgrund der laxeren Gesetze sowie der langen<br />
gemeinsamen Grenze mit China war das Land wohl<br />
aber ursprünglich eine Art Zwischenlager für Horn, das<br />
eigentlich für China bestimmt war.<br />
Wenn wir uns also den Nasenhornmarkt anschauen, sehen<br />
wir einen eindeutigen Trend: einen dramatischen<br />
Anstieg des Marktpreises. Die Botschaft ist eindeutig: Nasenhorn<br />
ist ein Rohstoff mit steigendem Seltenheitswert.<br />
Die Nachfrage steigt schneller als das potenzielle Angebot<br />
und unter einem Handelsverbot wird das so bleiben, was<br />
dazu führen wird, dass die Marktpreise weiterhin ansteigen<br />
werden. Diese Tatsache macht den Nasenhornmarkt<br />
zunehmend attraktiv für spekulative Investoren.<br />
Die Vorräte an Nasenhorn gingen zur Neige,<br />
neue Vertriebswege mussten her<br />
1995 stellte die Environmental Investigation Agency (EIA)<br />
fest, Chinas Markt sei „stillgelegt“. Das ist allerdings unwahrscheinlich,<br />
angesichts des Wiederaufflammens der<br />
Nachfrage auch ein Jahrzehnt später – und das trotz deutlich<br />
höherer Preise. Wahrscheinlicher ist, dass der Markt<br />
Zeit brauchte, sich anzupassen, Vorräte aufzubrauchen<br />
und neue Vertriebswege aufzubauen, da die meisten Gebiete<br />
mit „leichter Beute“ (schlecht geschützte Nashornpopulationen)<br />
ja bereits leer gejagt waren. Vorräte, die<br />
von traditionellen Medizinern angelegt worden waren,<br />
könnten ebenfalls eine Rolle bei der verzögerten Wiederaufnahme<br />
der Wilderei gespielt haben. Da Nasenhorn oft<br />
nur in sehr geringen Mengen verwendet wird, kann der<br />
Hornvorrat eines einzelnen Arztes zehn Jahre lang reichen.<br />
Wenn also TCM-Mediziner vor Inkrafttreten des Verbots<br />
ihre Vorräte aufgestockt hatten, dann brauchten sie<br />
erst seit Beginn des neuen Jahrtausends Nachschub.<br />
Selbst Kriminelle nutzen die Gelegenheit, ihre Ziele mit<br />
legalen Mitteln zu erreichen, wenn es möglich und risikoärmer<br />
ist. So gesehen ist es verständlich, dass sich<br />
asiatische Geschäftsleute zunächst als Jagdtouristen an<br />
die privaten südafrikanischen Wildtierfarmen hielten. Insider<br />
nehmen an, dass sich bereits in den 90er-Jahren<br />
ortsansässige Käufer in Südafrika darangemacht haben,<br />
private Hornbestände, beispielsweise von Tierärzten, aufzukaufen.<br />
Ab 2003 begannen die ersten vietnamesischen<br />
„Jagdtouristen“, langfristige Geschäftsbeziehungen mit<br />
einheimischen Jägern und Wildtierhaltern aufzubauen.<br />
Bei derartigen Geschäftsaussichten ist es nicht verwunderlich,<br />
dass einige südafrikanische Wildtierfarmer die illegale<br />
Handelskette gerne beliefert haben. Trotzdem ist<br />
es unwahrscheinlich, dass diese Südafrikaner damit einen<br />
„neuen Markt“ geschaffen haben. Die Behauptung, dass<br />
Anbieter oder Händler die Nachfrage schüren würden, ist<br />
meiner Meinung nach eher fragwürdig. Vielleicht ist das<br />
bei süchtig machenden Substanzen der Fall, in den meisten<br />
„normalen“ Märkten wird die Nachfrage jedoch von<br />
Bedürfnissen, Wünschen und der Kaufkraft der Verbraucher<br />
gesteuert.<br />
GIBT ES WEGE AUS DEM DILEMMA?<br />
Strafverfolgung und ein Handelsverbot, wie es durch CI-<br />
TES besteht, und das in den letzten 35 Jahren nach und<br />
nach von den meisten Staaten umgesetzt wurde, konnte<br />
die Nashörner nicht vor der Wilderei schützen. Dieser Ansatz<br />
hat seine Grenzen, nämlich in Märkten mit einer hartnäckigen<br />
und dauerhaften Nachfrage. Die Erfahrung aus<br />
Märkten mit ähnlichen Nachfrage-Charakteristiken, z. B.<br />
14 ZGF GORILLA | AUSGABE 2/2012