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Die SEPA-Baustellen (Dr. Clemens Engelke, vb versicherungsbetriebe

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20 STRATEGIE<br />

<strong>Die</strong> <strong>SEPA</strong>-<strong>Baustellen</strong><br />

Mit allein rund 260 Millionen verwalteten<br />

Lastschriftmandaten ist auch die deutsche<br />

Versicherungsbranche von dieser Umstellung<br />

massiv betroffen. Viele Assekuranzen<br />

haben sich bisher allerdings noch nicht ein gehend<br />

genug mit den Folgen von <strong>SEPA</strong> für ihr Geschäft<br />

befasst. Ihnen droht nun, die Zeit davonzulaufen.<br />

Bei vielen Versicherungen bedarf es<br />

damit jetzt eines wahren Kraftakts, um das eigene<br />

Unternehmen in der verbleibenden Zeit für<br />

die Umstellung auf <strong>SEPA</strong> noch wetterfest zu bekommen.<br />

In einem ersten Schritt sollten sich die<br />

Assekuranzen daher auf die fünf folgenden <strong>Baustellen</strong><br />

konzentrieren:<br />

Baustelle 1: Ersetzen der<br />

Einzugsermächtigungen<br />

Mehr als jede zweite Zahlungsverkehrstransaktion<br />

in Deutschland basiert auf einer Last-<br />

<strong>versicherungsbetriebe</strong> 3 2010<br />

<strong>SEPA</strong> setzt Versicherungen unter <strong>Dr</strong>uck. Allen Widerständen von Politik, Verbänden und Verbraucherschützern<br />

zum Trotz hält die Europäische Kommission an ihren Plänen fest, bis spätestens<br />

2013 die Single Euro Payments Area (<strong>SEPA</strong>) Realität werden zu lassen. Damit drängt Brüssel auf einen<br />

festen Termin, zu dem alle nationalen Verfahren bei Überweisungen und Lastschriften vollständig abgelöst<br />

sein müssen<br />

Autor: <strong>Dr</strong>. <strong>Clemens</strong> <strong>Engelke</strong>, Mitglied<br />

der Geschäftsleitung des<br />

Software- und Beratungshauses<br />

PPI.<br />

schrift. Allein die hiesigen Versicherungsunternehmen<br />

verwalten durchschnittlich drei Einzugsermächtigungen<br />

pro Bundesbürger – in<br />

Summe also fast 260 Millionen. <strong>Die</strong>se Zahl<br />

macht klar, welch enormer Aufwand damit verbunden<br />

sein wird, die nach geltendem deutschem<br />

Recht für die Umstellung auf <strong>SEPA</strong> notwendigen<br />

neuen Lastschriftmandate bei den<br />

Kunden einzuholen. Zumal es derzeit darauf hinausläuft,<br />

dass die bestehenden Einzugsermächtigungen<br />

nicht je Bankverbindung, sondern<br />

je Versicherungsvertrag durch ein neues<br />

<strong>SEPA</strong>-Mandat ersetzt werden müssen. Auch<br />

wenn noch die Chance besteht, dass mittels einer<br />

gesetzlichen Regelung die bestehenden Einzugsermächtigungen<br />

doch für das <strong>SEPA</strong>-Verfahren<br />

gültig bleiben, sollten Versicherungen auf<br />

jeden Fall zweigleisig fahren. So sollte zum Beispiel<br />

bei neuen Abschlüssen ab sofort ein so genanntes<br />

Kombimandat eingeholt werden, das<br />

sowohl für das alte als auch das neue Verfahren<br />

anerkannt wird.<br />

Neben der rein technischen Bewältigung birgt<br />

das Einholen neuer Lastschriftgenehmigungen<br />

auch operative Risiken für die Versicherungen.<br />

So werden die Kunden ohne für sie wirklich erkennbaren<br />

Nutzen von ihrer Versicherung kontaktiert<br />

und dadurch möglicherweise irritiert.<br />

Schlimmer noch: Wie die Diskussion der vergangenen<br />

Monate bezüglich der neuen Kontonummern<br />

zeigt, könnten sich viele Versicherungsnehmer<br />

sogar belästigt oder überfordert<br />

fühlen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht<br />

bewirkt das Einholen der neuen Genehmigung<br />

für die <strong>SEPA</strong>-Lastschriften zwar nicht,<br />

dennoch sollten Zeitpunkt und Art der Ansprache<br />

vor dem Hintergrund der erhöhten Sensibilität<br />

auf Kundenseite gründlich überdacht werden.<br />

So empfiehlt sich zum Beispiel eine Verknüpfung<br />

mit der normalen Jahresrechnung,<br />

um einen zusätzlichen – zumindest so empfundenen<br />

– „negativen Impuls“ zu vermeiden. Alternativ<br />

wäre auch denkbar, das Anschreiben<br />

zum Thema <strong>SEPA</strong> mit einer Imagekampagne zu<br />

verbinden, um den Kunden nicht mit den von<br />

ihm auszufüllenden Formblättern allein zu<br />

lassen.<br />

Baustelle 2: Umstellung<br />

der Kontonummern<br />

Neben der Kommunikation mit ihren Kunden<br />

sollten die Versicherungen spätestens jetzt auch<br />

den Kontakt zu ihren <strong>Die</strong>nstleistern aufnehmen<br />

oder intensivieren. An erster Stelle stehen hier<br />

die Banken. Vor allem ist zu klären, wie die reibungslose<br />

Umstellung der alten Kontonummern<br />

und Bankleitzahlen auf die neuen Formate<br />

IBAN und BIC zu gewährleisten ist. Es geht fotolia.com<br />

–<br />

also darum, die Zuständigkeiten eindeutig zu<br />

klären, die Schnittstellen im Zahlungsverkehr<br />

im Gleichschritt an <strong>SEPA</strong> anzupassen und even- :imageteam<br />

tuell eine parallele Verarbeitung von IBAN/BIC AG,<br />

als auch Bankleitzahl/Kontonummer sicherzu- PPI


stellen. Selbstverständlich müssen in diesem<br />

Zuge nicht nur die Kontodaten der Kunden,<br />

sondern auch die der Versicherung selbst an<br />

<strong>SEPA</strong> angepasst werden. Auch hierüber muss<br />

mit den Banken gesprochen werden. Intern sind<br />

darüber hinaus alle vorhandenen Schreiben des<br />

Unternehmens daraufhin zu überprüfen, ob sie<br />

mit Kontodaten versehen sind, die es zu aktualisieren<br />

gilt.<br />

Baustelle 3: Wachsendes<br />

Datenvolumen<br />

Sind Kunden und Geschäftspartner informiert,<br />

müssen auch die eigenen IT-Systeme an die<br />

neuen Herausforderungen angepasst werden.<br />

<strong>Die</strong>s wird vor allem dadurch notwendig, dass<br />

alle Transaktionen künftig nicht mehr im<br />

DTAUS-, sondern im <strong>SEPA</strong>-, das heißt XML-Format,<br />

übertragen werden. Neben den unbestreitbaren<br />

Vorteilen des nun verwendeten ISO-Standards<br />

besteht der Nachteil eines etwa um den<br />

Faktor vier wachsenden Datenvolumens bei der<br />

Übertragung.<br />

Um dennoch bei der Übertragungsgeschwindigkeit<br />

nicht ins Hintertreffen zu geraten, sollten<br />

die Versicherungen die Einführung des neuen<br />

Formats dazu nutzen, generell vom bisherigen<br />

Verfahren mit BCS-FTAM auf den „Electronic<br />

Banking Internet Communication Standard“<br />

(EBICS) zu wechseln. Da EBICS rund 40mal<br />

schneller ist als FTAM, ergibt sich damit<br />

trotz eines gestiegenen Datenvolumens eine<br />

Steigerung der Übertragungsgeschwindigkeit<br />

um den Faktor zehn. Von der deutschen Kreditwirtschaft<br />

wird EBICS bereits seit Anfang 2008<br />

für die Einreichung von <strong>SEPA</strong>-Zahlungsverkehrsaufträgen<br />

unterstützt. Zwischen dem<br />

Zentralen Kreditausschuss und seinem französischen<br />

Pendant CFNOB besteht in Sachen<br />

EBICS bereits ein Kooperationsabkommen.<br />

Baustelle 4: Veränderter<br />

Lastschriftenverlauf<br />

Gemäß den <strong>SEPA</strong>-Regeln für Privatkundenlastschriften<br />

(<strong>SEPA</strong> Core Direct Debit) müssen einmalige<br />

und erstmalige Lastschriften künftig<br />

fünf Tage vor Fälligkeit bei der Zahlstelle vorliegen,<br />

darauf folgende Zahlungen mindestens<br />

zwei Tage vor Fälligkeit. Für Lastschriften von<br />

Geschäftskunden (<strong>SEPA</strong> B2B Direct Debit) reicht<br />

ein Tag vor Fälligkeit aus, da hier schon im Vorfeld<br />

eine Überprüfung der Mandatsdaten stattfindet.<br />

Das bisherige Verfahren arbeitet die eingehenden<br />

Aufträge hingegen nach Eingang so<br />

schnell wie möglich der Reihe nach ab. Um den<br />

<strong>SEPA</strong>-Anforderungen zu entsprechen, müssen<br />

die Versicherungen ihre IT-Systeme an die<br />

neuen Fristen anpassen und die bestehenden<br />

Verträge entsprechend rückdatieren. <strong>Die</strong> neuen<br />

Vorlauffristen mit einem genauen Fälligkeitsdatum<br />

(Due Date) bieten im Gegenzug aber<br />

die Möglichkeit, die eigene Disposition zu<br />

optimieren.<br />

Baustelle 5: Neue Fristen<br />

für Rückläufer<br />

Genau wie beim Lastschriftenverlauf müssen<br />

auch in Sachen Rückläufer die IT-Systeme der<br />

Versicherer an neue Fristen angepasst werden.<br />

<strong>Die</strong> <strong>SEPA</strong>-Basislastschrift für Privatkunden<br />

kann hierbei innerhalb von acht Wochen nach<br />

Belastung an den Einreicher zurückgegeben<br />

werden. Bis jetzt muss der entsprechenden Kontobelastung<br />

innerhalb von sechs Wochen nach<br />

Rechnungsabschluss widersprochen werden.<br />

Bei Vorliegen einer unautorisierten Lastschrift<br />

(fehlende Einzugsermächtigung) ist es für<br />

den unrechtmäßig belasteten Kunden künftig<br />

nur noch möglich, die Zahlung innerhalb von<br />

13 Monaten nach Kontobelastung zurückzu -<br />

Tipp<br />

STRATEGIE<br />

21<br />

geben. Bisher gab es in diesem Fall sowohl für<br />

Privat- als auch für Geschäftskunden ein zeitlich<br />

unbegrenztes Rückgaberecht. Für die Ver sicherungsunternehmen<br />

ergibt sich aus dieser<br />

strengeren Regelung damit auch bei den Rückläufern<br />

Optimierungspotenzial im Cashmanagement.<br />

Fazit<br />

Mit der jetzt angestrebten Festsetzung eines<br />

Enddatums für die nationalen Zahlungsverfahren<br />

setzt die EU-Kommission die Versicherungswirtschaft<br />

mächtig unter Zeitdruck. Wie<br />

die aufgezeigten fünf wichtigsten <strong>Baustellen</strong> bei<br />

der Migration zeigen, reicht die Bandbreite der<br />

zu bewältigenden Aufgaben dabei von der<br />

Lösung technischer Kapazitätsfragen über die<br />

Sicherstellung rechtlicher Standards bis hin zu<br />

strategischen Vertriebsentscheidungen. Damit<br />

liegt es förmlich auf der Hand, die Umstellung<br />

auf <strong>SEPA</strong> dafür zu nutzen, die eigenen Systeme<br />

und Prozesse generell auf den Prüfstand zu stellen.<br />

Und last, but not least bietet <strong>SEPA</strong> – zumal<br />

in Kombination mit der Umstellung auf EBICS –<br />

den Assekuranzunternehmen die Chance, sich<br />

gegenüber der internationalen Konkurrenz<br />

nicht nur im Inland zu behaupten, sondern diese<br />

sogar auf ihren Heimatmärkten herauszu -<br />

fordern. �<br />

Bereits im April veranstaltete der GDV in Köln<br />

eine Tagung, die sich mit <strong>SEPA</strong> befasste.<br />

Weitere Infos und Downloads auf der Web seite<br />

des GDV.<br />

www.gdv.de<br />

3 2010 <strong>versicherungsbetriebe</strong>

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