05.12.2012 Aufrufe

Alter - Kuratorium Deutsche Altershilfe

Alter - Kuratorium Deutsche Altershilfe

Alter - Kuratorium Deutsche Altershilfe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Gesundheit und Pflege<br />

40<br />

Wenn Heimbewohner zu „kontaminierten Keimträgern“ werden:<br />

MRSA in Altenpflegeheimen<br />

Zwei Gestalten in weißen Overalls und mit<br />

Kopfhauben gehen mit einer Trage über den<br />

steril aussehenden Flur einer Rehaklinik. Sie<br />

treten in das Zimmer des 66-jährigen Hans<br />

Anton* ein und sprechen durch ihre an Gasmasken<br />

erinnernde Schutzmasken zu dem<br />

Mann, der durch eine schwere Gehirnblutung<br />

aus seinem bisherigen Leben gerissen wurde,<br />

ins Koma fiel und sieben Wochen intensivmedizinisch<br />

in einem Krankenhaus betreut werden<br />

musste. Zwar erlangte er dort sein Bewusstsein<br />

wieder, doch sein Schluckreflex funktionierte<br />

nicht mehr. Sein Leben hängt nun an Tracheostoma<br />

und Magensonde, noch immer – trotz<br />

zwölf-wöchigen Aufenthalts in der Frührehabilitation.<br />

Nun, am Ende dieser Therapie, muss<br />

er von dem neurologischen Rehabilitationszentrum<br />

in ein Pflegeheim umziehen. Die vermummten<br />

Männer berühren ihn mit Handschuhen<br />

und betten ihn auf die Trage um. Seine<br />

anwesende Tochter Katja* spürt seine Angst<br />

und Nervosität – auch sie trägt Schutzkleidung.<br />

„Ich fühlte mich an den Film ‚Outbreak‘<br />

erinnert, in dem ein Tod bringendes Virus eine<br />

Stadt in Kalifornien heimsucht. Die beiden<br />

Zivis, die meinen Vater auf der so genannten<br />

Isolationsfahrt in sein zukünftiges Pflegeheim<br />

bringen sollten, erinnerten mich an die in<br />

Spezialanzügen verschnürten Seuchenexperten<br />

des Kinofilms: gesichtslos, steril und ohne<br />

jegliche Identität, sogar ihre Gesten waren für<br />

mich schwer zu erkennen. Für meinen Vater<br />

muss es schrecklich gewesen sein.“<br />

Die Geschichte kann beispielhaft stehen für<br />

immer mehr Pflegeschicksale in Deutschland.<br />

Denn bei Hans Anton wurde während seines<br />

Aufenthalts in dem neurologischen Rehabilitationszentrum<br />

der multi- oder Methicillinresistente<br />

Staphylococcus aureus (MRSA)<br />

nachgewiesen. Staphylococcus aureus (SA) ist<br />

ein an sich harmloses Bakterium, das auch<br />

viele gesunde Menschen mit sich tragen. Es<br />

* Name von der Redaktion geändert.<br />

Pro<strong>Alter</strong> 2/03 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Alter</strong>shilfe<br />

wird erst unter bestimmten Bedingungen zur<br />

Gefahr, nämlich wenn es beispielsweise seinen<br />

normalen Lebensort wie Nasenvorhof, Haaransatz,<br />

Achselhöhle oder Dammbereich verlässt<br />

und Wunden oder künstliche Körperöffnungen<br />

besiedelt. Dort oder weitergeleitet im<br />

Körperinneren kann es schwere Infektionen<br />

hervorrufen. Und wenn der Keim zudem zu<br />

den Stämmen gehört, die eine Resistenz gegen<br />

bestimmte Antibiotika wie Methicillin oder<br />

Oxacillin (MRSA) entwickelt haben, kann eine<br />

folgende Lungenentzündung oder Blutvergiftung<br />

tödlich verlaufen. Gefährdet sind vor<br />

allem Personen mit künstlichen Körperzugängen<br />

und Körperausgängen wie Katheter, Sonden<br />

und Tracheostomata. Aber auch Menschen<br />

mit offenen Wunden wie Ulcus cruris oder<br />

Dekubitalgeschwüren sind dem erhöhten<br />

Risiko einer MRSA-Besiedelung und -Infektion<br />

Menschen mit MRSA dürfen nur unter strengen Hygienevorschriften<br />

berührt werden – ein Stück Menschlichkeit<br />

bleibt dabei auf der Strecke. Foto: Stefan Priesteroth

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!