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Alter - Kuratorium Deutsche Altershilfe

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Thema<br />

16<br />

Die Finanzierung stehe somit auf mehreren<br />

Beinen, berichtet mir Ulrike Reder: „Neben<br />

den Mitteln aus der Pflegeversicherung, haben<br />

wir so noch eine weitere einkommensunabhängige<br />

Geldquelle erschlossen, die den Menschen<br />

mit Demenz unmittelbar zugute kommt. Die<br />

Zahlung wird allerdings nur nach einem psychiatrischen<br />

Gutachten eines Facharztes<br />

gewährt und muss meinerseits beantragt werden“,<br />

so die Sozialpädagogin. Gegenüber dem<br />

Geldgeber – dem Bezirk Oberbayern – muss<br />

ich begründen, warum diese Leistung, verknüpft<br />

mit dem Umzug in unsere Wohngemeinschaft,<br />

erforderlich ist. Das heißt, dass die<br />

vielen Verhaltensauffälligkeiten und alltäglichen<br />

Schwierigkeiten, die die Menschen mit<br />

Demenz verursachen, eben auch bedeuten, dass<br />

diese Menschen psychisch krank sind und<br />

ihnen genau deshalb auch Geldmittel aus dem<br />

SGB IX zustehen sollten.“<br />

Als in diesem Moment eine ehrenamtliche<br />

Helferin ihren Mantel aus dem Besucherzimmer<br />

holt, um mit ‚ihrer Bewohnerin’ spazieren<br />

zu gehen, kommt das ständig im Hintergrund<br />

zu hörende Schreien einer anderen Bewohnerin<br />

aus der Wohnküche voll zur Geltung – wie, um<br />

diesen Fakt zu unterstreichen. „Darüber haben<br />

wir rund eineinhalb Jahre mit dem Bezirk<br />

Oberbayern diskutiert“, so die Sozialpädagogin<br />

kopfschüttelnd und fährt bestimmt fort:<br />

„Denn dieser ist zuständig für die ambulante<br />

Psychiatrie und muss in unseren Augen somit<br />

Leistungen der medizinischen Rehabilitation,<br />

die behinderten Menschen zustehen, auch<br />

demenzkranken Menschen in der Altenhilfe<br />

gewähren, die per Gesetz zu den seelisch behinderten<br />

Menschen zählen. Dazu gehören Krisenintervention<br />

und tagesstrukturierende Maßnahmen<br />

ebenso wie psychosoziale Begleitung<br />

und alle Leistungen zur Teilhabe am Leben in<br />

der Gemeinschaft – eben alles, was für alle<br />

anderen Behinderten auch gilt.<br />

Geholfen hat uns schließlich sehr, dass<br />

auch das bayerische Sozialministerium anerkannt<br />

hat, das Menschen mit Demenz psychisch<br />

krank und seelisch behindert sind. Aber<br />

auch die starke Unterstützung seitens der Münchener<br />

Arbeitsgemeinschaft Gerontopsychiatrie,<br />

die gegenüber der Bezirksregierung keinen<br />

Zweifel daran gelassen hat, dass – falls sich der<br />

Bezirk weigert, bei der Finanzierung einzusteigen<br />

– man diese Ungerechtigkeit auch in der<br />

Presse diskutieren würde. Zunächst hat sich<br />

Pro<strong>Alter</strong> 2/03 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Alter</strong>shilfe<br />

der Bezirk total gewehrt, sich dann aber mit<br />

der Stadt München zusammengesetzt und das<br />

Problem gemeinsam angepackt. Mittlerweile<br />

steht man sogar dem Einrichten einer zweiten<br />

Wohngemeinschaft positiv gegenüber“, freut<br />

sich Ulrike Reder.<br />

Aus diesem zusätzlichen Topf werden 1,2<br />

Stellen (siehe Tabelle 1) innerhalb des Wohngemeinschaftsprojektes<br />

finanziert. Dazu gehört<br />

Ulrike Reders Tätigkeit als Sozialpädagogin,<br />

die sich wesentlich um organisatorische Aufgaben<br />

kümmert, wie die Koordinierung von<br />

Ausflügen und Festen, der Einsatz ehrenamtlicher<br />

Helfer sowie die Betreuung des Angehörigengremiums.<br />

Dazu kommt noch die Arbeit<br />

einer Fachpflegekraft für Gerontopsychiatrie.<br />

So könnten Leistungen abgerechnet werden,<br />

auf denen die anderen betreuten Wohngemeinschaften<br />

in Deutschland – außer in Berlin – oft<br />

sitzen blieben. „Denn, wenn man sich eine<br />

Stunde um einen Bewohner kümmert, um ihn<br />

zu beruhigen, kann das nicht über das SGB XI<br />

finanziert werden“, so die engagierte Sozialpädagogin.<br />

Tabelle 2:<br />

Kostenbeispiel für einen Bewohner<br />

Pflegestufe II (Durchschnittswerte)<br />

Kosten pro Monat Euro<br />

Miete (warm) . . . . . . . . . . . . . . .<br />

Haushaltsgeld (inkl. Strom<br />

408,–<br />

und Telefon) . . . . . . . . . . . . . 300,–<br />

Verwaltungspauschale . . . . . . . 76,–<br />

Pflege und Hauswirtschaft . . .<br />

Therapeutische<br />

2.400,–<br />

Wohngemeinschaft . . . . . . . . 692,–<br />

Gesamtkosten . . . . . . . . . . . . . . 3.876,–<br />

Kostenübernahme<br />

Zuschüsse pro Monat Euro<br />

Pflegeversicherung (II) . . . . . . . 921,–<br />

Bezirk Oberbayern . . . . . . . . . . 692,–<br />

Eigenanteil . . . . . . . . . . . . . . . . 2.263,–<br />

Quelle: Arbeitsgruppe für Sozialplanung und<br />

<strong>Alter</strong>sforschung (AfA), München

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