Haushaltsrede BFG - Goch
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<strong>Haushaltsrede</strong> des Fraktionsvorsitzenden Ulrich Knickrehm<br />
im Rat der Stadt <strong>Goch</strong> am 18.03.2010<br />
- Es gilt das gesprochene Wort -<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
Mit dem eingebrachten Haushaltsentwurf haben wir in <strong>Goch</strong> - erstmals<br />
im NKF – über einen Haushalt für 2 Jahre zu entscheiden. Der vorgelegte<br />
Doppelhaushalt für die Jahre 2010/2011 soll den wirtschaftlichen Rahmen<br />
kommunalen Handelns in unserer Heimatstadt in den nächsten 1 ¾<br />
Jahren abstecken. In wirtschaftlich instabilen und unsicheren Zeiten wie<br />
den derzeitigen ist dies ein unmögliches Unterfangen, ist man doch für<br />
die Haushaltsplanungen auf Prognosen angewiesen, Prognosen, die anders<br />
als in wirtschaftlich stabilen Zeiten auf tönernen Füssen stehen.<br />
Niemand kann heute auch nur einigermaßen zuverlässig abschätzen,<br />
wie sich die wirtschaftliche Lage in den kommenden 20 Monaten entwickeln<br />
wird. Deshalb kann es auch keine seriöse Prognose zu den städtischen<br />
Einnahmen und Ausgaben im Jahr 2011 geben. Zu sehr hängt die<br />
Einnahmeentwicklung bei der Stadt von dem Steueraufkommen und<br />
damit von der Wirtschaftskraft ab; geringes Wirtschaftswachstum bedeutet<br />
geringere Steuereinnahmen, aber auch - bedingt durch aufzubringende<br />
Sozialleistungen – höhere Aufwendungen. Genau aus diesem<br />
Grunde verzichtet die Mehrzahl der nordrhein-westfälischen Kommunen<br />
auf die Einbringung und Verabschiedung von Doppelhaushalten. Auch<br />
wir wollen keine unsicheren und unzuverlässigen Planungen; wir brauchen<br />
möglichst solide Prognosen und sichere Ansätze, um die erheblichen<br />
wirtschaftlichen Anforderungen und Probleme unserer Heimatstadt<br />
in den kommenden Jahren meistern zu können. Deshalb lehnen wir die<br />
Verabschiedung eines Doppelhaushaltes ab; die Verabschiedung des<br />
Haushalts für 2010 reicht völlig aus, für 2011 sollte Ende diesen Jahres<br />
ein eigener, anhand zeitnaher realistischer Prognosen aufgestellter<br />
Haushalt verabschiedet werden. Dieses Ansinnen meiner Fraktion –<br />
FDP und ZIG sehen das ebenso wie wir – hat im Haupt- und Finanzausschuss<br />
leider keine Mehrheit gefunden und ist mit den Stimmen der<br />
CDU, SPD und Bündnis90/Die Grünen abgelehnt worden. Eine weiterhin<br />
1
von uns beantragte vierteljährige Berichtspflicht der Kämmerin im<br />
Hauptausschuss zur Lage des Haushaltes, um zu sehen, wie sich die<br />
kommunalen Finanzen im laufenden Haushaltsjahr entwickeln, ist von<br />
CDU, SPD und Bündnis 90/Grüne abgelehnt worden.<br />
Wenden wir uns dem Hauhalt für das Jahr 2010 zu. In diesem Jahr stehen<br />
voraussichtlichen Einnahmen von rund 51 Mio € Ausgaben von fast<br />
61 Mio € gegenüber, im Ergebnis gibt die Stadt 8,256 Mio € mehr aus,<br />
als sie einnimmt. Und dies ist noch recht beschönigend gerechnet: Zum<br />
einem sind die Planansätze für die Steuereinnahmen auf oder knapp über<br />
dem Niveau des Planungsansatzes des Vorjahres angesetzt, obwohl<br />
allgemein rückläufige Steuereinnahmen zu erwarten sind. Zum anderen<br />
sind auf der Einnahmenseite Miilionenbeträge in Ansatz gebracht, die die<br />
Einnahmeseite kurzfristig verschönern, aber nicht auf Dauer sind (Beispiele:<br />
Verkaufserlös eines Grundstücks: 550.000 €, Überschüsse aus<br />
Bodenbevorratungsmassnahmen der Go!: 980.000 €). Und auch die<br />
Ausgabenseite weist Minderausgaben in Millionenhöhe auf, die auch nur<br />
einmalig, also kurzfristig sind (Beispiele: Um 200.000 € verringerter Zuschuss<br />
an die KommM; Verzicht auf Unterhaltspauschale
dig beschieden haben, Einzelheiten wegen des Steuergeheimnisses<br />
nicht mitteilen zu können. Schon damals habe ich mich gewundert, warum<br />
in <strong>Goch</strong> der Werkleiter des Kommunalbetriebes Hüter des Steuergeheimnisses<br />
sein soll. Heute weiß ich: Wir sollten bewußt im Unklaren<br />
gelassen werden in zweierlei Hinsicht; zum einen im Hinblick auf die<br />
künftige Entwicklung der Gewerbesteuer, zum anderen sollte verheimlicht<br />
werden, dass in 2010 der nun eingetretene Einbruch bei der<br />
Schlüsselzuweisung erfolgt. Und dies meine Damen und Herren, kann<br />
man auch beweisen: Hätten Sie, Herr Bürgermeister, mit offenen Karten<br />
gespielt, hätte sich schon im Haushaltsplanentwurf 2009 im Rahmen der<br />
mittelfristigen Gesamtplanung der Rückgang der Schlüsselzuweisung<br />
um rund 5 Mio. € finden müssen. Tatsächlich haben Sie aber – dies beweist<br />
ein Blick in den Haushaltsplanentwurf 2009 - so getan, als würden<br />
in den kommenden Jahren die Schlüsselzuweisungen konstant bleiben.<br />
So waren für 2010 ebenso wie für 2009 rund 10,965 Mio € ausgewiesen:<br />
Auf diese Weise haben Sie, Herr Bürgermeister, ein sich schon für 2010<br />
abzeichnendes Haushaltsloch von 5 Mio € verschwiegen. Würde ich<br />
mich dem in Ihrer Partei praktizierten Jargon anpassen (vergl. Dortmund),<br />
so würde ich von Wahlbetrug sprechen. Denn Sie haben so vor<br />
der Kommunalwahl den Anschein einer grundsoliden Haushaltswirtschaft<br />
erweckt, obwohl Sie genau wußten, dass hiervon keine Rede sein konnte.<br />
Ob die vielen Wohltaten vor der Wahl angesichts der tatsächlichen<br />
Verhältnisse vom Rat beschlossen worden wären, ist höchst fraglich.<br />
Und auch Sie Herr Marks, haben nach der Wahl, aber vor der Offenbarung<br />
des finanziellen Loches, sich auf zeitnahe Entscheidung drängend<br />
die Ermächtigung für die Vemarktung der Reichswaldkaserne geholt –<br />
ob die zwei Millionen von uns in Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen<br />
Lage freigegeben worden wären, ist ebenfalls sehr fraglich.<br />
Kommen wir nun zu der Frage, welche Zukunftsperspektive der uns vorliegende<br />
Haushalt aufweist. Mein Fazit: keine realistische! Schaut man<br />
sich die mittelfristige Finanzplanung für die kommenden Jahre an, so findet<br />
man für die Jahre 2011, 2012 und 2013 steigende Steuereinnahmen<br />
und Schlüsselzuweisungen. Insgesamt veranschlagen Sie z.B. für 2013<br />
rund 4 Mio € mehr Einnahmen aus Steuern und ähnlichen Abgaben als<br />
2009. Dies ist völlig unrealistisch. Das Innenministerium NRW weist in<br />
den Orientierungsdaten 2010 bis 2013 mit Runderlass vom 31. August<br />
2009 darauf hin, dass sich die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
massiv in der Ergebnis- und Finanzplanungsperiode 2010 bis 2013 auswirkt.<br />
Die Gemeinden und Gemeindeverbände haben zum einen gegenüber<br />
den Vorjahren mit einem Rückgang der direkten und indirekten<br />
Steuererträge zu rechnen. Zum anderen sind steigende Aufwendungen<br />
in den Bereichen Personal, Aufwendungen für Sach- und Dienstleistun-<br />
3
gen sowie soziale Leistungen zu erwarten. Aktuelle Wirtschaftsprognosen<br />
gehen zwar von einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
bereits im laufenden Jahr aus. Jedoch wird die Wirtschaftsleistung in den<br />
nächsten Jahren deutlich unter dem Niveau des Jahres 2008 bleiben.<br />
Daher sind, so das Innenministerium, die Gemeinden und Gemeindeverbände<br />
gut beraten, wenn sie bei den Ertrags- und Einzahlungsprognosen<br />
die weitere Entwicklung genau beobachten und grundsätzlich nach<br />
dem Vorsichtsprinzip eher von niedrigeren Veränderungsraten ausgehen.<br />
Diesen Rat haben Sie, Herr Bürgermeister, nicht angenommen.<br />
Doch obwohl die angesetzten Steuereinnahmen dem Vorsichtsprinzip<br />
nicht entsprechen, gelingt es gleichwohl auch nach Ihrer mittelfristigen<br />
Finanzplanung nicht, in den nächsten Jahren einen ausgeglichenen<br />
Haushalt vorzulegen: 2011 fehlen 4,5 Mio €, 2012 angeblich 1,9 Mio €<br />
und 2012 angeblich rund 1,5 Mio €. Angeblich sage ich hinsichtlich der<br />
Zahlen für 2012 und 2013 ganz bewußt; denn die Fehlbeträge in diesen<br />
Jahren sind tatsächlich um jeweils 2 Mio € höher, also 3,9 Mio € in 2012<br />
und 3,5 Mio € in 2012. Denn in beiden Jahren planen Sie eine „Kapitalentnahme“<br />
beim KBG in der genannten Höhe von jeweils 2 Mio. €, es<br />
geht also massiv an die Substanz. Warum dies geschieht, liegt auf der<br />
Hand: Sie wollen den Eindruck vermeiden, als sei die Stadt <strong>Goch</strong> ein Fall<br />
für ein Haushaltssicherungskonzept.<br />
Dazu kurz folgende Erläuterung: Sofern die Ergebnisplanung/ -rechnung<br />
Fehlbeträge ausweist, die nicht durch den Bestand der Ausgleichsrücklage<br />
(zur Erinnerung: wird in diesem Jahr aufgebraucht) abgedeckt werden<br />
können, unterliegt die resultierende Verringerung des Eigenkapitals,<br />
in diesem Fall der allgemeinen Rücklage, der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.<br />
Diese Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen<br />
erteilt werden. Ein Haushaltssicherungskonzept ist gemäß § 76 GO<br />
NRW u.a. aufzustellen, wenn die allgemeine Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden<br />
Jahren jeweils um mehr als 1/20 des in der Bilanz des Vorjahres<br />
ausgewiesenen Betrages verringert wird. Die Allgemeine Rücklage<br />
der Stadt <strong>Goch</strong> beläuft sich auf rund 68,6 Mio €. 1/20, also 5% hiervon,<br />
sind rund 3,43 Mio €. Da der Fehlbetrag schon 2011 4,5 Mio € beträgt,<br />
wird in diesem Jahr erstmals die Ausgleichsrücklage um (mehr als)<br />
5% verringert. Der tatsächliche Fehlbetrag von 3,9 Mio € in 2012 und<br />
damit die erneute Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage in Höhe<br />
von (mehr als) 5% würde also unabdingbar ins Haushaltssicherungskonzept<br />
führen. Unabhängig davon zeigt die mittelfristige Finanzplanung aber<br />
auch in erschreckender Art und Weise, dass unter den gegebenen<br />
Umständen in den nächsten Jahren kein Haushaltsausgleich mehr möglich<br />
sein wird.<br />
4
Dazu trägt auch die enorme Verschuldung der Stadt <strong>Goch</strong> bei. Das Landesamt<br />
für Datenverarbeitung und Statistik weist für die Stadt <strong>Goch</strong> –<br />
ohne die millionenschweren Verbindlichkeiten der privatrechtlich organisierten<br />
Gesellschaften - im Jahr 2008 Schulden in Höhe von rund 75,76<br />
Mio. € auf, gegenüber dem Vorjahr sind rund 2,44 Mio € Schulden hinzugekomen.<br />
Damit ist <strong>Goch</strong> mit weitem Abstand die am höchsten verschuldete<br />
Stadt im Kreis Kleve. Die Pro-Kopf Verschuldung beträgt<br />
2.222 €. Zum Vergleich: Die etwa gleich große Stadt Geldern bringt es<br />
auf eine Pro-Kopf Verschuldung von gerade einmal 231,61 €, in unserer<br />
Kreisstadt Kleve sind es 603,46 €, die zweithöchste Pro-Kopf-<br />
Verschuldung weist Emmerich mit 1480,15 € auf, also meilenweit von<br />
unseren Werten entfernt. Ich habe in den letzten Jahren an dieser Stelle<br />
immer wieder betont – und so tue ich es auch heute – dass diese enorme<br />
Verschuldung natürlich wegen der aufzubringenden Zins- und Tilgungslasten<br />
unmittelbare Auswirkungen auf den Haushalt hat. Dies sind<br />
Dauerlasten, die er zu schultern hat. Daraus ergibt sich m.E. die dringende<br />
Verpflichtung zu einem strengen Schuldenmanagement und einem<br />
realistischen Schuldenabbauplan. Nur ein Prozent Verteuerung der<br />
Zinsen würde den kommunalen Haushalt zusätzlich mit rund 750.000 €<br />
belasten. Die Gefahr auch drastisch steigender Zinsen mit den damit<br />
verbundenen dramatischen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt<br />
dürfen wir keinesfalls aus den Augen verlieren. Davon zeigen sich<br />
allerdings CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen völlig unbeeindruckt.<br />
Im Stile einer frisch gegründeten neuen schwarz/rot/grünen Schuldenkoalition<br />
(man könnte sie Afghanistan-Koalition nennen) wurden in den<br />
letzten Monaten flugs neue Verbindlichkeiten in Millionenhöhe beschlossen<br />
(ein unserer Ansicht nach unzulässiges) Gesellschafterdarlehn von 4<br />
Mio. € und eine Eigenkapitalzuführung an die Stadtwerke zur Finanzierung<br />
einer Beteiligung an einem Windpark (1,236 Mio) stellen so sicher,<br />
dass die Schulden der Stadt die 80 Mio €-Marke sicher überschreiten<br />
wird. Dass wir als Stadt Darlehn vergeben und dazu selbst Geld aufnehmen<br />
müssen ist u.E ebensowenig seriös wie die Beteiligung an einem<br />
Windpark, wenn die Beteiligungssumme auch kreditfinanziert werden<br />
muss, jedenfalls dann, wenn diesem Engagement keine gesamtstrategische<br />
Zielausrichtung unserer Stadtwerke zugrundeliegt, die der Geschäftsführer<br />
der Stadtwerke unlängst von der Politik eingefordert hat.<br />
Da stellt sich dann die Frage, wie es weitergehen soll. Jeder Privatmann,<br />
der mehr ausgibt als er einnimmt, wird zu der Erkenntnis kommen müssen:<br />
ich muss sparen. Und jeder, der sich mit dem vorgelegten Haushalt<br />
beschäftigt, sagt sich sofort: wir müssen sparen. Überall in der Presse<br />
wird von Kommunen berichtet, die sich angesichts der angespannten<br />
Haushaltslagen Einsparungen überlegen. Beispielhaft will ich hier die<br />
5
Erwägung des Kölner Oberbürgermeisters anführen, seinen Dienstwagen<br />
auf einen Ford Mondeo zu verkleinern und die übrigen dienstwagenberechtigten<br />
Personen anstelle der bisherigen 345 PS starken Lexus-Luxuslimousinen<br />
mit einem Toyota Prius, einem netten, sparsamen<br />
Mittelklassewagen, auszustatten. Natürlich bringt dies einen allenfalls<br />
geringen Einsparbetrag. Entscheidend dabei ist aber, dass die Stadtoberen<br />
ein Zeichen setzen, nämlich, dass sie bei sich selbst anfangen zu<br />
sparen. und dies nicht nur dem Bürger zumuten.<br />
Erschreckend ist, Herr Bürgermeister, dass der von Ihnen vorgelegte<br />
Haushaltsplanentwurf nicht eine einzige Einsparung enthält, keinerlei<br />
Sparvorschläge gemacht werden und nicht einmal ansatzweise einen<br />
Sparwillen erkennen läßt. Kommentarlos werfen Sie uns die Millionenfehlbeträge<br />
vor die Füße. Dies Herr Bürgermeister, ist Ihre persönliche<br />
Kapitulationserklärung. Sie sind nicht in der Lage, diese Stadt in der vorliegenden<br />
Finanzkrise zu führen, geschweige denn, Sie aus dieser Krise<br />
herauszuführen. Wer als Bürgermeister die drohende Pleite vor Augen<br />
hat und keine einzige Idee entwickelt, wie diese denn zu vermeiden ist,<br />
der versagt. Mir ist schon klar: Sie scheuen das negative Image, das mit<br />
einem strikten Sparkurs verbunden ist. Sie sind lieber für die guten<br />
Nachrichten zuständig, präsentieren in der Presse zu gut inszenierten<br />
Pressekonferenzen gerne Erfolgsmeldungen, ganz im Stile eines<br />
Schönwetterbürgermeisters. Schlechte Nachrichten hingegen lassen Sie<br />
lieber ausfallen, schlimmer noch, Sie lassen sie unbearbeitet oder Sie<br />
ind nicht da. Was glauben Sie denn? Hoffen Sie auf Wunder, einen Lottogewinn<br />
oder soll einfach alles vor die Wand fahren? Dass sich diesem<br />
untätigen Gehabe die Mehrheitsfraktion der CDU ebenso kommentarlos<br />
anschließt wie die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, also<br />
wieder unsere neue Schuldenkoalition, empfinde ich als erschreckend.<br />
Denn keine dieser Fraktionen hat auch nur ansatzweise über Sparmassnahmen<br />
nachgedacht, haben hierzu keinerlei Vorschläge unterbreitet, im<br />
Gegenteil, sie haben sich – wie ich noch ausführen werde – jedem unterbreiteten<br />
Sparvorschlag im Haupt- und Finanzausschuss wiedersetzt.<br />
Deshalb ist es für meine Fraktion besonders bezeichnend, dass Sie,<br />
Herr Bürgermeister, an anderer Stelle erhebliches Engagement an den<br />
Tag legen, um die eigene Position zu verbessern. So haben Sie vor einigen<br />
Wochen unter dem Arbeitstitel „Strategische Entwicklung des Konzernverbundes<br />
der Stadt <strong>Goch</strong>“ mit den Stimmen der nun schon bekannten<br />
Koalition (jawohl: Schwarz-rot-grün) eine Entscheidung herbeigeführt,<br />
die – wie schon die Anzahl der beschlossenen Punkte beweist –<br />
überwiegend Personalentscheidungen waren. Zunächst wollen Sie, Herr<br />
Bürgermeister, sich zum weiteren Geschäftsführer der Energieversorgungsunternehmen<br />
der Stadt <strong>Goch</strong> machen lassen. Wie sich viele von<br />
6
uns erinnern, haben sie bereits in der vergangenen Ratsperiode dieses<br />
Ansinnen verfolgt; dies ist – vor etwas mehr als 2 Jahren – noch am einstimmigen<br />
Widerstand der Fraktionsvorsitzenden aller im Rat vertretenen<br />
Gruppierungen gescheitert, nicht zuletzt, weil uns damals die hierfür aufzuwendenden<br />
erheblichen Kosten (u.a. Aufwendungen für die Altersversorgung)<br />
völlig unnötig erschienen. An dieser Haltung hat sich bei uns<br />
bis heute nichts geändert. Eine Leistung, die über das hinausgeht, was<br />
Sie als Bürgermeister jetzt schon tun müssen, ist mit einer Geschäftsführung<br />
in der EVU nicht verbunden. Die EVU ist eine Holding, ohne eigenes<br />
operatives Geschäft, auf der Ebene der Holding findet lediglich die<br />
Verrechnung der Ergebnisse der nachgeordneten Kapitalgesellschaften<br />
statt. Ihre Tätigkeitsbeschreibung im genannten Papier liest sich entsprechend:<br />
“Sicherung der strategischen und politischen Steuerung im<br />
Holdingverbund der EVU GmbH…“. Herr Bürgermeister: hierzu müssen<br />
Sie nicht Geschäftsführer sein. Sie sind Mitglied des Aufsichtsrates, da<br />
können Sie hervorragend kontrollieren, dazu ist dieses Gremium da. Ja,<br />
und politisch steuern können (und müssen) Sie auch jetzt schon in Ihrer<br />
Rolle als Bürgermeister. Denn Sie sind als solcher Vertreter der Stadt<br />
<strong>Goch</strong>, also der Gesellschafterin, die in der Gesellschafterversammlung<br />
bestimmen kann und muß, wie die „strategische und politische Steuerung“<br />
des Unternehmens erfolgt. Dann gibt es aber auch außer ihrem<br />
Wunsch, sich eine zusätzliche Einahmequelle zu verschaffen, keinen<br />
durchgreifenden Grund, Sie zum Geschäftsführer zu bestellen.<br />
Das genannte „Strategiepapier“ beschreibt aber noch weitere Optionen,<br />
die letztlich darauf hinauslaufen, die personelle Führungsstruktur des<br />
Konzerns Stadt trotz unserer finanziellen Probleme zu erhalten und auf<br />
andere Gesellschaften umzuschichten. Den Hintergrund dieses Vorhabens<br />
zu beleuchten, würde hier den Rahmen sprengen. Fest steht jedenfalls:<br />
Eingespart werden soll beim Führungspersonal nichts, im Gegenteil<br />
(s.o.), es soll noch ein Geschäftsführer hinzukommen. Dann wird der<br />
„Konzern Stadt <strong>Goch</strong>“ von einem Bürgermeister, einem Beigeordneten, 4<br />
weiteren hauptamtlichen Geschäftsführern sowie einem weiteren Bürgermeister-Geschäftsführer<br />
geführt. Das kostet. Vor allem unsere Stadtwerke,<br />
die nach den Plänen des Papiers bald drei Geschäftsführer haben<br />
sollen, zusammen mit der übergeordneten Holding sind das dann<br />
fünf. Unsere EVU GmbH hat bedingt durch die hohen Aufwendungen für<br />
unser Bad <strong>Goch</strong> Ness 2008 einen Verlust von 148000 € ausgewiesen.<br />
Wie bitte schön, will man da vier weitere Geschäftsführer bezahlen?<br />
Und deshalb muss man sich wie ein Privatmann in Zeiten wirtschaftlicher<br />
Bedrängnis fragen: wollen und können wir uns das noch leisten? Meine<br />
Fraktion meint: Bis zum Jahr 2013 sollte das Führungspersonal des<br />
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Konzerns Stadt <strong>Goch</strong> auf drei Köpfe – den Bürgermeister, den Beigeordneten<br />
und einen Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe – zurückgeführt<br />
werden, eine Größenordnung, die der Kommunen vergleichbarer<br />
Größe entspricht. Erreicht werden kann und sollte dies durch eine Auflösung<br />
der Gesellschaften KomM GmbH, Kanalbau GmbH, VVG GmbH<br />
und Probau GmbH, deren Aufgaben in den Bereich der städtischen<br />
Verwaltung zurückgeführt werden sollten. Damit lägen auch die Ausschreibung<br />
und Vergabe öffentlicher Bauaufträge wieder in städtischer<br />
Hand. Dies erscheint uns auch sachgerecht, ist die Vergabepraxis derzeit<br />
– vorsichtig ausgedrückt – nicht unumstritten, etwa, was die Vergabe<br />
von Architektenleistungen ohne jede Ausschreibung angeht, was zu einer<br />
auffälligen Häufung von Auftragsvergaben an einen Architekten, der<br />
Mitglied dieses Rates ist, geführt hat. Mit diesem unseren Ansinnen, die<br />
Führungsspitze in der genannten Art zu verkleinern, sind wir im Hauptausschuss<br />
gescheitert.<br />
Gescheitert sind wir auch mit unserem Antrag, den Kommunalbetrieb,<br />
der das städtische Vermögen hält und refinanziert, als eigenbetriebsähnliche<br />
Einrichtung aufzulösen und insgesamt in den städtischen Haushalt<br />
zu überführen. Dies würde einen Schattenhaushalt beseitigen und zu einer<br />
klaren und wesentlich überschaubareren Haushaltslage führen. Für<br />
uns als Freizeitpolitiker erweisen sich die Verknüpfungen und Vebindungen<br />
zwischen städtischem Haushalt und dem des KBG oftmals als<br />
schwer oder gar nicht durchschaubar. Immer wieder – so auch in diesem<br />
Jahr – haben wir es erlebt, dass der KBG auf Einnahmen verzichtet (Unterhaltspauschale),<br />
mal hier Überschüsse verteilt (2010 980.000 €, 2011<br />
950000 €), dort Kapitalentnahmen (2012 und 2012 je 2 Mio €) gewährt.<br />
Wie sich das alles letztendlich im Gesamthaushalt auswirkt, das bleibt<br />
uns verborgen. Wir hielten es deshalb dringend für erforderlich, alsbald<br />
den KBG in den städtischen Haushalt zu überführen. Leider konnten wir<br />
uns auch hiermit nicht durchsetzen, wer dagegen war, können sie sich<br />
denken.<br />
Für uns, das <strong>BFG</strong>, steht fest: Wir müssen sparen, nach meinen obigen<br />
Ausführungen mindestens 3,5 Mio € jährlich. Wir haben deshalb vorgeschlagenen,<br />
eine Sparkommission ins Leben zu rufen, besetzt mit je einem<br />
Vertreter jeder Fraktion und einem unabhängigen Vorsitzenden. In<br />
anderen Kommunen haben derartige Kommissionen abseits von hindernden<br />
Mehrheiten bereits außerordentlich gute Erfolge erzielt. Diese<br />
Kommission sollte Vorschläge zum Sparen erarbeiten und vorschlagen.<br />
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und die mit Ihnen befreundeten<br />
Gruppen (Ja. wieder schwarz-rot-grün), wollen aber gar nicht sparen.<br />
Also haben sie dies abgelehnt. Gesagt, wie es weitergehen soll, haben<br />
sie bislang aber auch nicht.<br />
8
Unserer kommunalpolitischen Ausrichtung entsprechend haben wir vorgeschlagn,<br />
unsere Bürgerinnen und Bürger an den Überlegungen zum<br />
Sparen zu beteiligen. In einer „Miteinander Stadt“ sollte das eigentlich<br />
selbstverständlich sein. Den von uns vorgeschlagenen Bürgersparwettbewerb<br />
hat die schwarz-rot-grüne Koalition ohne jede Begründung abgelehnt.<br />
Wer sich dafür interessiert kann sich am Beispiel der Stadt Mülheim<br />
kundig machen, zu welch<br />
Auch konkreten Sparmaßnahmen hat sich die neue schwarz-rot-güne<br />
Schuldenkoalition verschlossen. Ähnlich dem – fast symbolischen – Vorschlags<br />
des Kölner Oberbürgermeisters haben wir vorgeschlagen, ein<br />
Zeichen zu setzen, dass wir, die Fraktionen, bei uns selbst anfangen zu<br />
sparen. Deshalb wollten wir die freiwilligen Zuschüsse der Stadt für die<br />
Fraktionsarbeit halbieren (Einsparung: 7.000 €) und auf zwei kostenträchtige<br />
Beiräte verzichten. Beides wurde abgelehnt, sie wissen von<br />
wem.<br />
Wir haben aber auch Vorschläge für Mehrausgaben unterbreitet, angesichts<br />
der Haushaltslage aber nur solche, die wir für unverzichtbar halten.<br />
Dazu gehört die Schaffung eines barrierefreien Zugangs zur Turnhalle<br />
an der Realschule für Rollstuhlfahrer, die dort ihre Sportabende<br />
haben. Hier werden elektrische Türöffner angebracht werden.<br />
Mit großer Enttäuschung und Unverständnis haben wir hinnehmen müssen,<br />
dass unser Antrag, die Obdachlosenunterkunft am Römerweg in<br />
Hommersum zumindest im Hinblick auf Standardeinrichtung und die notwendigsten<br />
Sanitäreinrichtungen zu sanieren, abgelehnt worden ist, mit<br />
der Begründung, man wolle neue Unterkünfte schaffen. Dies mag ja in 2,<br />
3,4 oder noch mehr Jahren durchaus auch der Fall sein; Dies kann doch<br />
aber nicht bedeuten, dass man es für diese Zeit bei den am Römerweg<br />
herrschenden katastrophalen Bedingungen beläßt. Es beschämt mich<br />
sehr, dass eine Stadt, die mit Millionenaufwand ihren neuen Stadtteil<br />
bewirbt und entwickelt, nicht einmal wenige Tausend Euro aufbringen<br />
will, um nur das Notwendigste für eine alleingelassene Randgruppe zu<br />
tun. Ich empfehle Ihnen allen die Lektüre des neuen Buches von Günter<br />
Wallraff "Aus der schönen neuen Welt". Und: die Stadt <strong>Goch</strong> kommt<br />
auch drin vor …<br />
Nach diesen von mir vorgetragenen Umständen wird es Sie alle nicht<br />
überraschen, dass wir den Doppelhaushalt in seiner vorgelegten Fassung<br />
nebst Haushalt des KBG, der Kultourbühne sowie den Stellenplan<br />
ablehnen werden.<br />
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Abschließend möchte ich auf ein Thema zu sprechen kommen, das wie<br />
kein anderes seit mehr als einem Jahr die Mitbürgerinnen und Mitbürger<br />
unserer Stadt betrifft. Dies ist das Schicksal der Liebfrauenkirche. Bei<br />
einer Umfrage der Rheinischen Post haben sich 70 % der Teilnehmer für<br />
die Erhaltung der Kirche ausgesprochen. Wenn schon entweiht, soll sie<br />
den Menschen der Stadt als Begegnungs- und Veranstaltungsstätte zur<br />
Verfügung stehen. Als ich an dieser Stelle vor einem Jahr auf den drohenden<br />
Abriss und das Engagement der Gemeindemitglieder hingewiesen<br />
habe, konnte keiner ahnen, mit welcher Kraft, Dynamik und Energie<br />
sich die <strong>Goch</strong>er für den Erhalt dieser Kirche eingesetzt haben und dies<br />
auch weiterhin tun. Wie Sie wissen unterstützt das <strong>BFG</strong> dieses Ansinnen,<br />
auch mit einem konkreten Vorschlag für ein Nutzungskonzept. Nach<br />
mehr als einem Jahr der Ungewißheit brauchen alle, die sich für den Erhalt<br />
der Kirche und eine – wie auch immer geartete - Folgenutzung einsetzen,<br />
ein deutliches Zeichen, dass auch die Stadt <strong>Goch</strong> hinter ihrem<br />
Ansinnen steht. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass auch eine große<br />
Zahl der Mitglieder der CDU-Fraktion für eine Folgenutzung der Kirche<br />
ist. Deshalb meine Bitte: lassen Sie eine städtische Übernahme der Kirche<br />
nicht an irgendwelchen machtpolitischen Erwägungen scheitern.<br />
Wir, das <strong>BFG</strong>, erheben keinen Anspruch darauf, Urheber oder Initiator<br />
eines Gemeindezentrums Liebfrauen zu sein, wir sind es auch nicht. Wir<br />
haben, weil wir es für richtig halten, unseren Beitrag geleistet, und nun<br />
stehe ich hier, um Sie, meine Damen und Herren von der CDU zu bitten,<br />
um der Sache willen auch den Ihren zu leisten. Es ist sicher, dass ein<br />
Erwerb des Kirchengeländes durch die Go! finanziell kostenneutral sein<br />
könnte. Ebenso sicher ist, dass das Kirchengebäude selbst und dessen<br />
Nutzung für die Stadt in kultureller, sozialer und spiritueller Hinsicht ein<br />
unbezahlbarer Vorteil sein wird.<br />
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
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