E&W Mai 2005 - GEW
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<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
❞ Die <strong>GEW</strong><br />
ist die einzigeOrganisation,<br />
die<br />
ein in sich<br />
geschlossenes<br />
und alle<br />
Bildungsbereicheübergreifendes<br />
Konzept<br />
hat. ❝<br />
600 Kolleginnen<br />
und Kollegen demonstrierten<br />
in<br />
Erfurt spontan gegen<br />
die Blockadepolitik<br />
der Länderarbeitgeber,<br />
die die Tarifverhandlungen<br />
vor<br />
die Wand gefahren<br />
haben.<br />
8<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
„Mut zur Gerechtigkeit – Bildung als<br />
Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe“<br />
ist laut Norbert Hocke die zentrale<br />
Botschaft der Positionsbestimmung (s.<br />
S. 14). Die <strong>GEW</strong> ist damit die einzige<br />
Organisation, die ein in sich geschlossenes<br />
und alle Bildungsbereiche übergreifendes<br />
Konzept hat. Im Vergleich zu<br />
vorangegangenen Fassungen stellt der<br />
jetzt verabschiedete Text einen deutlicheren<br />
Bezug zu gesellschaftlichen Interessenkonflikten<br />
her und benennt klarer<br />
das neoliberale Umfeld, in dem sich<br />
die <strong>GEW</strong> für eine grundlegende Reform<br />
des Bildungswesens stark macht. Ulrich<br />
Thöne bezeichnete das Konzept als einen<br />
wichtigen Schritt in Richtung eines<br />
„integrierten Bildungsverständnisses“.<br />
Ganz in diesem Sinne hat der Beschluss<br />
zur Kooperation von Jugendhilfe und<br />
Schule, den beide Vorstandsbereiche gemeinsam<br />
entwickelt hatten, wegweisende<br />
Bedeutung (s. S. 18). Demnach sollen<br />
Jugendhilfe und Schule systematisch<br />
ein gemeinsames Verständnis ihrer<br />
Funktion und Aufgaben für Bildung,<br />
Erziehung und Betreuung junger Menschen<br />
entwickeln – trotz der unterschiedlichen<br />
Konstruktion der beiden<br />
Systeme. Erster Schritt der Zusammenarbeit<br />
werde die Kooperation beim<br />
Übergang der Jungen und Mädchen von<br />
der Kindertagesstätte zur Grundschule<br />
sein. Künftig werde die Ganztagsschule<br />
das größte Feld, das Jugendhilfe und<br />
Schule gemeinsam beackern, heißt es in<br />
dem Beschluss.<br />
Zukunftsweisende Beschlüsse<br />
Mit dem Beschluss zur „Selbstständigkeit<br />
von Schule“ haben die Delegierten<br />
eine weitere zentrale Entscheidung getroffen<br />
und das Thema zu einem<br />
Schwerpunkt künftiger Auseinandersetzungen<br />
gemacht (s. S. 15): In neun Punkten<br />
hat die <strong>GEW</strong> konkretisiert, unter<br />
welchen Prämissen sie die Selbstständigkeit<br />
von Schule unterstützt. So<br />
müssten den Schulen große Handlungsspielräume<br />
bei pädagogischen und<br />
organisatorischen Fragen eingeräumt<br />
und Grundsatzentscheidungen bewusst<br />
nach pädagogischen Gesichtspunkten<br />
getroffen werden. Der Beschluss macht<br />
aber auch deutlich, welche Fehlentwicklungen<br />
„selbstständige Schule“ nehmen<br />
kann, wenn sie als „Teil einer umfassenden,<br />
neoliberalen Verwaltungsmodernisierung“<br />
geplant wird: den Einzug einer<br />
alles dominierenden Betriebswirtschaft,<br />
ausgeprägtere Hierarchien sowie<br />
schlechtere Arbeitsbedingungen und<br />
den Abbau demokratischer Mitbestimmungsrechte<br />
der Beschäftigten. Eine solche<br />
Schule werde die Chancenungerech-<br />
tigkeit weiter verschärfen. Deshalb wolle<br />
die <strong>GEW</strong> mit ihren Alternativvorstellungen<br />
in die Diskussion eingreifen.<br />
Programmatischen Charakter hat auch<br />
der Beschluss zur Bildungsfinanzierung<br />
(s. S. 16). Unter dem Motto „Bildung ist<br />
keine Ware“ wird festgestellt, dass die zunehmende<br />
Privatisierung von Bildung<br />
im scharfen Widerspruch zur öffentlichen<br />
Verantwortung für das Bildungswesen<br />
stehe. Die <strong>GEW</strong> hat ein Konzept<br />
entwickelt, wie der Prozess des „Lebenslangen<br />
Lernens“ unterstützt und finanziert<br />
werden kann. Die Vorschläge reichen<br />
dabei von der gebührenfreien KiTa<br />
über eine elternunabhängige Ausbildungs-<br />
und Studienfinanzierung für alle<br />
jungen Menschen, die älter als 18 Jahre<br />
sind, bis hin zu einem neuen System der<br />
Familienfinanzierung. Das Steuersystem<br />
soll umgestellt werden, um Gelder<br />
für diese Vorhaben zu bekommen.<br />
Trillerpfeifenkonzert<br />
Dass die Tarif- und Beamtenpolitik in<br />
der <strong>GEW</strong> künftig eine noch größere<br />
Rolle spielen soll, machte nicht nur eine<br />
Reihe von Anträgen deutlich (s. S. 28).<br />
Parallel zu den Beratungen in Erfurt liefen<br />
die Tarifverhandlungen für den öffentlichen<br />
Dienst auf Länderebene in<br />
Berlin. Die Arbeitgeber, angeführt von<br />
den Hardlinern aus Bayern und Hessen,<br />
fuhren die Verhandlungen gegen die<br />
Wand: Sie wollten auf Teufel komm<br />
raus die Arbeitszeiten auf bis zu 42 Wochenstunden<br />
erhöhen und den Bildungsbereich<br />
von dem Gesamtpaket abkoppeln.<br />
Die ver.di-Bundestarifkommission,<br />
in der Vertreter der <strong>GEW</strong> sitzen,<br />
entschied daraufhin, die Verhandlungen<br />
für gescheitert zu erklären. Der<br />
„Alea iacta est“*<br />
Wahlergebnisse<br />
Gewerkschaftstag unterbrach seine Beratungen.<br />
Mit einem rot-weißen Fahnenmeer<br />
und einem Trillerpfeifenkonzert<br />
machten 600 Delegierte gemeinsam<br />
mit Kolleginnen und Kollegen aus den<br />
umliegenden <strong>GEW</strong>-Kreisen ihrem Unmut<br />
gegenüber der kompromisslosen<br />
Haltung der Arbeitgeber lautstark Luft.<br />
„Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder<br />
ist am Ende. Einige Länder haben<br />
deutlich gemacht, dass sie nicht länger<br />
am Flächentarifvertrag festhalten wollen“,<br />
sagte Heiko Gosch, der die <strong>GEW</strong> bei<br />
den Verhandlungen vertrat, während<br />
der Kundgebung auf dem Erfurter Anger.<br />
Er kündigte an, dass die Gewerkschaften<br />
bereit seien, die Auseinandersetzungen<br />
in den Ländern zu führen.<br />
Europäischer Hochschulraum<br />
Nicht zuletzt spielten internationale<br />
Aspekte auf dem Gewerkschaftstag, wie<br />
mit dem Motto „Bildung in Europa. Bildung<br />
für die Welt“ programmatisch vorgegeben,<br />
eine wichtige Rolle. Dabei ist<br />
die Entwicklung im Wissenschaftsbereich<br />
am weitesten vorangeschritten. Die<br />
<strong>GEW</strong> beschloss, sich für einen „europäischen<br />
Hochschul- und Forschungsraum“<br />
einzusetzen. Wichtig bei der Internationalisierung<br />
der Hochschul- und<br />
Forschungspolitik seien etwa die weitere<br />
Öffnung des Zugangs zu den Hochschulen,<br />
die Einführung so genannter „konsekutiver<br />
Studiengänge“ (Bachelor/Master)<br />
und die Schaffung guter und vergleichbarer<br />
Arbeitsbedingungen an den<br />
Einrichtungen.<br />
Internationales Flair verbreiteten aber<br />
auch die zahlreichen Gäste befreundeter<br />
Bildungsgewerkschaften aus aller Welt.<br />
An der Spitze: Thulas Nxesi (Südafrika),<br />
Die Delegierten wählten in den Geschäftsführenden Vorstand der <strong>GEW</strong>:<br />
Vorsitzender: Ulrich Thöne 64,3 Prozent<br />
Stellvertretende Vorsitzende und Marianne Demmer 66,6 Prozent<br />
Vorstandsbereich Schule: 68,3 Prozent<br />
Arbeitsbereich Finanzen: Petra Grundmann 89,9 Prozent<br />
Arbeitsbereich Frauenpolitik: Anne Jenter 62,5 Prozent<br />
Arbeitsbereich Angestellten-<br />
und Beamtenpolitik: Ilse Schaad 56,9 Prozent<br />
Vorstandsbereich Jugendhilfe<br />
und Sozialarbeit: Norbert Hocke 79,2 Prozent<br />
Vorstandsbereich Hochschule<br />
und Forschung: Gerd Köhler 55,5 Prozent<br />
Vorstandsbereich Berufliche<br />
Bildung/Weiterbildung: Stephanie Odenwald 81,5 Prozent<br />
*„Der Würfel ist gefallen.“