E&W Mai 2005 - GEW
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LESERFORUM<br />
Kurzsichtig<br />
(E&W 2/05, Seite 30: „Perspektivenwechsel:<br />
nicht nur eine Opfergeschichte“)<br />
Herr Heuberger hat Recht, wenn er<br />
moniert, dass eine ausschließliche<br />
Betrachtung des Antisemitismus<br />
„vor der Folie des Holocaust“ alte<br />
Klischees wieder aufwärmt. Allerdings<br />
ist eine Reduktion der Ursa-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
chen des Antisemitismus auf eine<br />
Frage der Toleranz einer Minderheit<br />
durch die Mehrheit genauso<br />
kurzsichtig. Betrachtet man die<br />
profunde und scharfsinnige Analyse<br />
der „Elemente des Antisemitismus“<br />
in Adornos und Horkheimers<br />
„Dialektik der Aufklärung“,<br />
so werden hier Ursachen für<br />
den Antisemitismus genannt, die<br />
gerade heutzutage wieder eine erschreckende<br />
Verbreitung finden.<br />
Es heißt dort zu den obskurantistischen<br />
Wahnsystemen Anthroposophie<br />
(Eurhythmie), Naturheilverfahren<br />
und fernöstlichem Okkultismus:<br />
„Sie waren, im Angesicht<br />
der Bildung, apokryph und<br />
unrespektabel. Heute aber, wo Bildung<br />
überhaupt aus ökonomischen<br />
Gründen abstirbt, sind in<br />
ungeahntem Maßstab neue Bedingungen<br />
für die Paranoia der Massen<br />
gegeben.“<br />
Dirk Weber, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Für blöd gehalten<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 24: „Verhandlungserfolg<br />
bei Bund und<br />
Gemeinden“)<br />
Als Verhandlungserfolg kann ich<br />
den jüngsten Tarifabschluss beim<br />
besten Willen nicht sehen. Im Gegenteil:<br />
Das sind die härtesten<br />
Verschlechterungen für die Be-<br />
38<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Macht-Zocker<br />
Bund-Länder-<br />
Poker um<br />
die Bildung<br />
schäftigten des öffentlichen Dienstes,<br />
die die Gewerkschaften –<br />
noch dazu ohne jede Gegenwehr –<br />
seit langem eingesteckt haben.<br />
Dieser Abschluss bringt langfristige<br />
Reallohnverluste, neue Niedriglöhne,<br />
Leistungslöhne aus dem<br />
bisherigen Lohn- und Gehaltsvolumen,<br />
Arbeitszeitflexibilisierung,<br />
Abschaffung von Familienzuschlägen,<br />
Reduzierung von Überstundenzuschlägen,<br />
jede Menge Öffnungsklauseln<br />
und außerdem die<br />
„Meistbegünstigungsklausel“. Das<br />
heißt, kommt es in einem Bundesland<br />
zu einem für die Arbeitgeber<br />
günstigeren Abschluss, kann dieser<br />
für alle Beschäftigten auch bei<br />
Bund und Kommunen übernommen<br />
werden. Die Tarifrunde geht<br />
also bei den traditionell am<br />
schlechtesten organisierten Beschäftigten<br />
der Länder weiter mit<br />
voller Rückwirkung auf die Beschäftigten<br />
von Bund und Gemeinden,<br />
aber ohne deren Möglichkeiten<br />
zum Arbeitskampf. Es<br />
bleibt der Eindruck, wir Gewerkschaftsmitglieder<br />
werden von unseren<br />
Gewerkschaftsspitzen für<br />
blöd gehalten.<br />
Dieter Behringer, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Kleinigkeit vergessen<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 23: „Schande<br />
für den Rechtsstaat“)<br />
Der Kommentar von Heiko Gosch<br />
ist wirklich lobenswert, nicht zuletzt<br />
wegen des Hinweises auf die<br />
Einmaligkeit deutscher Repression<br />
vor 33 Jahren unter Federführung<br />
von „Willy Mehr-Demokratie-wagen“.<br />
Er hat (hoffentlich<br />
nur) eine Kleinigkeit vergessen:<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich damals an der<br />
Hetze gegen die „staatlich anerkannten<br />
Staatsfeinde“ aktiv betei-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 3/<strong>2005</strong><br />
Demokratie lernen und leben<br />
Mutig gegen Rechts<br />
ligt mit ihren so genannten „Unvereinbarkeitsbeschlüssen“<br />
und<br />
„Ausschluss statt Rechtsschutz“.<br />
Ich bin gespannt, ob das Redaktionsteam<br />
die politische Weitsicht<br />
hat, Fehler der eigenen Organisation<br />
öffentlich einzugestehen,<br />
indem es diesen Leserbrief<br />
veröffentlicht. Eine öffentliche<br />
Selbstkritik könnte auch die Mitglieder<br />
der <strong>GEW</strong> für potenzielle<br />
gewerkschaftlich falsche Entwicklungen<br />
in der Zukunft sensibilisieren.<br />
Rudi Behn, Frankfurt a. M.<br />
Amateurheft?<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 22: „Schavan<br />
auf Hexenjagd“)<br />
Als geschichtsinteressierter und<br />
politikbegeisterter Abiturient habe<br />
ich bis jetzt recht gerne in Ihrer<br />
Zeitung gelesen, da sie viele kritische<br />
Artikel, gerade zu unserem<br />
maroden Bildungssystem,<br />
enthielt. Doch als ich den Artikel<br />
„Schavan auf Hexenjagd“ in Ihrer<br />
Zeitung las, traf mich fast der<br />
Schlag. Ich frage mich wirklich, ob<br />
dieser Artikel Ergebnis amateurhaften<br />
Journalismuses ist oder, was<br />
viel schlimmer wäre, die tatsächliche<br />
politische und ideologische<br />
Gesinnung Ihrer Zeitung widerspiegelt!<br />
Falls das erstere der Fall sein sollte,<br />
kann ich Ihnen mitteilen, dass<br />
man mit geringstem Aufwand hätte<br />
herausfinden könne, dass die<br />
„Antifaschistische Initiative Heidelberg“<br />
nicht, wie von Ihnen vermittelt,<br />
eine brave Organisation<br />
ist, die gegen Rechtsextremismus<br />
kämpft, sondern eine „Initiative“,<br />
in welcher „radikale Linke verschiedener<br />
Strömungen zusammen<br />
arbeiten“, sprich Kommunisten,<br />
Anarchisten und Autonome.<br />
Carsten Lenk, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Heikle Begriffe<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 32: Leserbrief<br />
„Politik mit Militanz“)<br />
Ernst C. Lerche kritisiert in seinem<br />
Leserbrief, die antifaschistische<br />
Initiative, der das Berufsverbotsopfer<br />
Michael Czaszkozy angehört,<br />
akzeptiere Militanz. Dabei wurde<br />
vermutlich übersehen, dass er unter<br />
Militanz „eine entschlossene,<br />
kämpferische Haltung, die<br />
nicht vor Konfrontationen zurückscheut“,<br />
versteht sowie mehr-<br />
fach betont hat, Gewalt gegen<br />
Menschen und Sachen abzulehnen.<br />
Ein typisches Beispiel für eine<br />
militante Aktion ist eine Sitzblockade.<br />
Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen, lasst euch durch heikle<br />
Begriffe nicht verunsichern.<br />
Ingo Schwarze, Karlsruhe<br />
Kuckucksei<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 12: „Wider<br />
die Stoppuhrpädagogik“)<br />
„Auf Initiative der <strong>GEW</strong>“ sollen in<br />
Baden-Württemberg 30 Versuchsschulen<br />
ein Zeitbudget bekommen,<br />
um der „Stoppuhrpädagogik“<br />
zu begegnen. Was sich nach Erfolg<br />
anhört, ist eher ein Kuckucksei.<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 4/<strong>2005</strong><br />
25.Gewerkschaftstag • Erfurt • 23.–27.April <strong>2005</strong><br />
Antworten auf Fragen,<br />
die heute bewegen.<br />
Das Kultusministerium besteht<br />
nämlich auf Kostenneutralität,<br />
was nur ganz Blauäugige überrascht<br />
haben dürfte. Man hat<br />
schon vor Jahren nachgewiesen,<br />
dass die berufliche Belastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer unverantwortliche<br />
Ausmaße angenommen<br />
hat – die extrem hohe Anzahl von<br />
Frühpensionierungen belegt das.<br />
Seither sind weitere Verschlechterungen<br />
hinzugekommen: u.a. größere<br />
Klassen und Deputatserhöhungen.<br />
Eine bloße Umverteilung<br />
innerhalb eines Zeitbudgets<br />
kann dann unmöglich zu einer<br />
Verbesserung des Zuwendungsfaktors<br />
für die einzelnen Schülerinnen<br />
und Schüler führen. Viel<br />
wahrscheinlicher ist eine Entsolidarisierung<br />
in den Kollegien. Aus<br />
gewerkschaftlicher Sicht halte ich<br />
es jedenfalls für mehr als riskant,<br />
an neuen Arbeitszeitmodellen<br />
mitzuwirken, ohne zuvor Zusagen<br />
für eine generelle Entlastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer erhalten<br />
zu haben. Peter Schild, Böblingen